Hamburg. Laut einer Umfrage gibt jeder Fünfte Vermögen im Wert von mehr als 100.000 Euro an die nächste Generation.

Erben wird in den nächsten Jahren zum großen Thema. Nach den Schätzungen des Deutschen Instituts für Altersvorsorge werden bis zum Jahr 2024 in Deutschland etwa 3,1 Billionen Euro Privatvermögen vererbt. Mehr als jeder Dritte (35 Prozent) hat bundesweit schon wenigstens einmal geerbt. Künftig werden neben Bargeld vor allem immer mehr Immobilien zum Erbe gehören und den Wert der Erbschaften steigen lassen.

Vier von zehn Deutschen, die selbst etwas vererben wollen, schätzen den Wert der Erbmasse auf mindestens 100.000 Euro, jeder fünfte sogar auf mehr als eine Viertelmillion Euro. Das geht aus einer repräsentativen Studie der Quirin Privatbank hervor, in der Erben und Erblasser in allen Bundesländern befragt wurden. Rund 7350 Bundesbürger wurden interviewt, davon 504 in Hamburg. Das Abendblatt stellt die Ergebnisse der Studie für Hamburg vor.

Hamburger erben selten, aber viel
Gemessen an der Zahl der bisherigen Erbschaften stehen die Hamburger (ab 18 Jahren) im Bundesvergleich an letzter Stelle – zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern. 31 Prozent konnten sich bisher über eine Erbschaft freuen. Das sind vier Prozentpunkte weniger als im Bundesdurchschnitt. Die höchsten Erbquoten mit 37 und 38 Prozent gibt es in Bayern, Brandenburg, Hessen und im Saarland. Daran wird sich auch künftig nicht viel ändern, denn der Anteil der Hamburger Bürger, die ein Erbe zu vergeben haben liegt mit 46 Prozent ebenfalls unter dem Bundesdurchschnitt von 49 Prozent.

42 Prozent der über 55-jährigen Hamburger haben bereits ein Erbe erhalten. Die Hamburger erben zwar seltener, aber der Wert der Erbschaften fällt höher aus. Jeder fünfte (21 Prozent) hat bisher ein Erbe von mehr als 100.000 Euro bekommen. Das ist der dritthöchste Wert im Vergleich hinter Hessen (22 Prozent) und Bayern (22 Prozent). „Angesichts des anhaltenden Niedrigzinsumfelds und politisch unsicheren Zeiten stellt sich für viele Erben die Frage, wie sie künftig ihr Geld anlegen sollen“, sagt Karl Matthäus Schmidt, Vorstandschef der Quirin Privatbank.

Was vererbt wird

Der große Teil der Erbschaften in Hamburg besteht aus Bargeld (68 Prozent) und Immobilien (34 Prozent) und unterscheidet sich damit nicht vom Bundesschnitt. Aber es wird mehr Schmuck vermacht. 26 Prozent ist bundesweit der zweithöchste Wert. Wertpapiere wie Aktien oder Investmentfonds liegen mit zwölf Prozent etwas über dem Bundesdurchschnitt von neun Prozent. Bislang waren in jeder dritten Erbschaft Immobilien enthalten. Künftig wird das in jedem zweiten Erbe sein. Wie sich das auf den Wert des Erbes auswirkt, hängt vor allem von der Lage der Immobilie ab.

Während es in Ballungszentren wie Hamburg heute keinen Mangel an Käufern gibt, die einen guten Preis für das geerbte Objekt zahlen, ist es in ländlichen Gebieten mitunter schwierig, überhaupt einen Abnehmer zu finden. „In der Vergangenheit hat nur etwa ein Viertel der Erben die Immobilie selbst bezogen“, sagt Schmidt. Vielfach haben sich die Erben an einem anderen Ort bereits eine Existenz aufgebaut und können die Immobilie selbst nicht nutzen. Bei Erbengemeinschaften ist der Verkauf ohnehin die einzige Möglichkeit, das Erbe zu realisieren. Sonst müssen Miterben ausgezahlt werden.

Steuern auf das Erbe

In Hamburg wird überdurchschnittlich häufig Erbschaftssteuer bezahlt. 17 Prozent der Hamburger wurden beim Erbe damit belastet. Im Bundesschnitt sind es nur 14 Prozent. Das spricht für hohe Erbschaften. Denn im engsten Familienkreis sind die Freibeträge hoch. Bei Ehegatten liegt der Freibetrag bei 500.000 Euro, und bei Kindern sind es 400.000 Euro. Immerhin erben nach der Studie vier Prozent der Hamburger zwischen 500.000 und einer Million Euro und ein Prozent mehr als eine Million Euro. Nur zu 18 Prozent wird in Hamburg die Möglichkeit genutzt, Erbteile schon zu Lebzeiten zu übertragen. Mit dieser Strategie lassen sich Steuern sparen, denn die Freibeträge können auch alle zehn Jahre für Schenkungen genutzt werden.

Streit ums Erbe
Die Hamburger streiten nicht mehr um das Erbe als im Bundesdurchschnitt. In 18 Prozent der Erbschaften führt der Nachlass zu Streit. Häufigster Grund ist ein fehlendes Testament, denn dann gilt die gesetzliche Erbfolge. „Dabei gibt es auch in jungen Jahren schon gute Gründe für ein Testament, vor allem für Familien mit einer eigenen Immobilie“, sagt der Hamburger Rechtsanwalt Dietrich Ostertun. In dieser Lebenssituation sei es am sinnvollsten, wenn sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben einsetzten. So verhindere man das Entstehen von Erbengemeinschaften, die gerade bei Immobilien zum Problem werden können. Nur 39 Prozent der Hamburger fühlen sich ausreichend über die Themen Erben und Vererben informiert. Im Bundesschnitt sind es 42 Prozent. Den größten Beratungsbedarf gibt es bei den Themen Erbschaftssteuer, Testament und Beurkundungspflichten.

Zufriedenheit mit dem Erbe
79 Prozent der Hamburger sind nach der Studie mit dem Erbe zufrieden und empfinden die Verteilung als gerecht. Damit unterscheiden sie sich nicht vom Bundesdurchschnitt.