Hamburg . Der Hamburger Paketdienst startet eine Partnerschaft mit Mercedes. Ab 2018 sind die ersten Transporter in der Stadt unterwegs.

Um die Dimensionen einzuordnen, lohnt ein Blick auf die aktuelle Situation: Schon heute liefert der Paketkurierdienst Hermes deutschlandweit zwei Millionen Sendungen am Tag aus. Allein in Hamburg sind es bis zu 50.000 Pakete, die zum Empfänger gebracht werden. Angesichts des rasant wachsenden Onlinehandels wird erwartet, dass sich diese Zahlen in den nächsten Jahren deutlich erhöhen. Goldene Zeiten für Logistiker, aber auch viele Herausforderungen. Hermes setzt deshalb verstärkt auf Elektromobilität. In den nächsten Jahren sollen insgesamt 1500 E-Transporter des Stuttgarter Autobauers Mercedes-Benz mit dem blauen Logo in 24 deutschen Städten unterwegs sein.

Am Montag gaben die Unternehmen in Hamburg den Startschuss für eine strategische Partnerschaft für die Modernisierung der Fahrzeugflotte. Ab Anfang 2018 kommen demnach die ersten 50 elektrischen Lieferwagen der Modelle Sprinter und Vito in Hamburg und Stuttgart als Pilotprojekt auf die Straße. „Bis 2025 wollen wir die Innstadtbereiche der deutschen Großstädte emissionsfrei beliefern“, sagte Hermes-Aufsichtsratschef Hanjo Schneider bei der Vertragsunterzeichnung. Grundzüge der Zusammenarbeit waren bereits im März bekannt geworden.

Kooperation soll über E-Fahrzeuge hinausgehen

Die Kooperation soll über den Betrieb der E-Fahrzeuge hinausgehen. Beide Partner wollen Gesamtlösungen zur Steigerung der Effizienz über den gesamten Zustellungsprozess entwickeln. „Transporterkunden von heute brauchen sehr viel mehr als einen Laderaum auf vier Rädern. Sie brauchen Fahrzeuge, die optimal an ihren Anwendungszweck angepasst sind“, sagte Volker Mornhinweg, Leiter Mercedes-Benz Vans. Dazu zählen automatische Laderaumsysteme, die das Be- und Entladen von Paketen beschleunigen, spezielle Leasingangebote und IT-Lösungen für das Flottenmanagement. Auch ein Konzept für die Lade-Infrastruktur ist in Arbeit. Hermes erhält im Rahmen des neuen Logistik Partner Programms ein spezielles Leasingangebot. Details über die Höhe der Investitionen nannten die Unternehmen nicht. Das Angebot gelte aber auch für Hermes-Subunternehmer.

Hermes ist nicht der erste Zustelldienst, der die Zukunft in der Elektromobilität sieht. In der Metropolregion Hamburg sind bereits 86 sogenannte Streetscooter des Branchenprimus Deutsche Post DHL unterwegs. Bundesweit sind 2500 im Einsatz. Bis Ende des Jahres sollen es 5000 sein, kündigte der Logistikkonzern an, der den klassischen Autobauern inzwischen mit seinem selbst gebauten Elektrolieferwagen Konkurrenz macht. Auch Wettbewerber UPS treibt den Umbau seiner Flotte voran. Hintergrund sind neben überfüllten Straßen und fehlenden Parkmöglichkeiten auch drohende Fahrbeschränkungen angesichts der Feinstaubbelastung in den Innenstädten. In Hamburg ist ein Fahrverbot für einige Dieselmodelle in zwei Straßen in Altona in der Diskussion.

Auch Lastenfahrräder sollen zum Einsatz kommen

„Emissionsarme und -freie Fahrzeuge sind eine wichtige Säule in unserer Strategie, genauso wie die Entwicklung zukunftsfähiger Lösungen für den innerstädtischen Lieferverkehr“, sagt Hanjo Schneider, der auch im Vorstand der Hermes-Muttergesellschaft Otto Group sitzt. Noch ist das Engagement überschaubar. Der Zustelldienst hat seit Ende 2016 sechs Fiat Ducato als Elektrofahrzeuge im Einsatz. „Wir testen außerdem den Einsatz von Lastenfahrrädern“, sagt Alexander Bartelt, der das Nachhaltigkeitsmanagement verantwortet. Drei Fahrräder sind bislang unterwegs, dazu kommen zwei elektrische Lastendreiräder. Beide Projekte sollen erweitert werden. Zum Konzept gehören auch der Ausbau der Paket-Shop-Infrastruktur, neue Mikrodepots und weitere Tests mit der Paketauslieferung per Roboter. Bis 2020 sollen zudem neun neue Paketzentren gebaut werden, darunter auch eins im Hamburger Stadtteil Billbrook.

Für Mercedes-Vans, die Nutzfahrzeugsparte des Konzerns, bedeutet die Partnerschaft ein Schlaglicht auf Investitionen in Höhe von 150 Millionen Euro, die in den nächsten Jahren in die Elektrifizierung gewerblicher Fahrzeuge fließen sollen. Derzeit arbeitet Mercedes noch an der Entwicklung eines Basismodells, das jeweils an die Kundenbedürfnisse angepasst werden soll, sagte Volker Mornhinweg. Angaben zur Reichweite und Batterie-Ladekapazität machte er nicht. „Es kommt nicht auf die maximale Reichweite an, sondern auf die passende“, sagte er. Etwa 100 Kilometer würden ausreichen. Ein fertiges Fahrzeug gibt es aber noch nicht.

Im vergangenen Jahr hatte Mercedes angekündigt, nach 2011 erneut mit einem Elektrotransporter in die Serienproduktion zu gehen. Übrigens, so eine kleine Anekdote, mehr als 100 Jahre nachdem das erste E-Nutzfahrzeug bei den Stuttgartern in Auftrag gegeben wurde: ein Löschzug für die Berliner Feuerwehr mit Tempo 30.