Hamburg. Große Verunsicherung bei der Personalversammlung. Und die Frage: Wie viel werden die neuen Chefs verdienen?

Einen Tag nach dem Rücktritt des Hauptgeschäftsführers Hans-Jörg Schmidt-Trenz herrscht bei dem Personal der Handelskammer große Verunsicherung. Fast alle der derzeit rund 290 Kammerangestellten waren am Freitagmorgen in den Albert-Schäfer-Saal gekommen, um zu hören, wie es um ihre Zukunft bestellt ist. Denn neben dem Personalrat hatte sich auch der neue Präses Tobias Bergmann zu der Versammlung angekündigt. Mit der Trennung von Schmidt-Trenz hat sein Wahlbündnis „Die Kammer sind WIR!“ nämlich erst einen Teil seines versprochenen Strukturwandels in der Wirtschaftsvertretung umgesetzt. Vor allem der Umfang des angekündigten Personalabbaus ist weiter offen. Auch am Freitag blieb Bergmann viele Antworten schuldig.

"Immer noch keine Antworten"

„Der Präses sprach von der Chance für einen Neuanfang und warb authentisch um das Vertrauen der Mitarbeiter“, sagte die Personalratsvorsitzende Sabine Lurtz-Herting nach der Sitzung dem Abendblatt. „Aber auf die drängendsten Fragen der Belegschaft, zum Beispiel zum angekündigten Personalabbau und zur künftigen Finanzierung der Kammer, hat der Präses noch immer keine Antworten.“

Von den Mitarbeitern werde der Abschied von Hans-Jörg Schmidt-Trenz als herber Verlust empfunden. sagte Lurtz-Herting. Ihr Vorwurf: „Hinter der Programmatik der neuen Führung steht kein im Detail durchdachter Plan.“

Der "Schwarze Peter"

Zumal Bergmann die Verantwortung für den weiteren Personalabbau von sich geschoben hat: „Die Personalverantwortung des Ehrenamts endet bei der Hauptgeschäftsführung“, soll er mehrmals in der Sitzung betont haben. „Ich persönlich verstehe den Präses so, dass sich das Präsidium zwar vom Hauptgeschäftsführer trennen wollte, aber im Hinblick auf die Mitarbeiter keinen Handlungsbedarf sieht“, so Personalrätin Lurtz-Herting. „Einige Kollegen haben es aber so empfunden, dass hier der Schwarze Peter in Richtung der Personalabteilung geschoben wird.“ Es sei aber am Ende einerlei: „Für die Mitarbeiter sind das keine befriedigenden Antworten.“

Zuvor hatte Bergmann erklärt, dass man mit Hochdruck an der Strukturreform der Handelskammer arbeite. Bis zum Ende des Jahres sollen erste Ergebnisse vorliegen. Am Vortag hatte das Plenum der Handelskammer beschlossen, eine Kommission einzusetzen, die die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten der Handelskammer bewerten und zudem prüfen soll, ob die Kammerführung in den vergangenen Jahren verantwortungsvoll mit den Mitgliedsbeiträgen umgegangen ist. „Wir gehen nicht davon aus, dass goldene Löffel verschwunden sind“, sagte Vizepräses Torsten Teichert.

"Schwieriger Spagat"

Nach einer positiven Vision für die Kammer befragt sagte Bergmann bei dem Mitarbeiterforum, er wünsche sich „eine coole Company“, in der die Leute gerne arbeiten. „Doch ist es ein schwieriger Spagat, mit Freude und Leidenschaft zu arbeiten, wenn gleichzeitig das Thema Kündigung im Raum steht“, so Lurtz-Herting.

Im Oktober will die „WIR“-Gruppe einen neuen Hauptgeschäftsführer präsentieren. Dazu wurde eine Findungskommission eingesetzt. Der neue Chef soll künftig deutlich weniger verdienen als Schmidt-Trenz, der zuletzt jährlich 500.000 Euro erhalten hat. Nach Beschluss des Plenums soll dazu eine neue Vergütungsrichtlinie erarbeitet werden. Richtschnur soll dabei die Jahresvergütung eines Wirtschaftssenators sein, also etwa 150.000 Euro.

Was sie verdienen

Doch da besteht das nächste Pro­blem: Setzen die Kammerrebellen dieses Versprechen um, wird der künftige Hauptgeschäftsführer weniger verdienen als sein Stellvertreter Ulrich Brehmer, der nach dem Ausscheiden von Schmidt-Trenz derzeit die Geschäfte interimistisch führt. Brehmer erhält jährlich 175.000 Euro plus eine Erfolgsbeteiligung von bis zu 20.000 Euro. Auch für diesen Widerspruch werde man eine Lösung finden, so Teichert. Eine Kürzung des Gehalts von Brehmer geht nicht, solange sein Vertrag läuft, also bis Ende des Jahres 2020. „Verträge werden eingehalten“, hat Präses Bergmann immer betont. Das gilt demnach auch für die elf weiteren Geschäftsführer der Handelskammer, die laut Geschäftsbericht 2015 inklusive Tantiemen 1,37 Millionen Euro (rund 125.000 pro Person im Schnitt) verdienten. Insgesamt wurden 21,35 Millionen Euro für Gehälter ausgegeben.

Gerne in der Kammer

Eine signifikante Absenkung der Personalkosten ist nur zu erwarten, wenn Mitarbeiter von sich aus kündigen. Doch wie das Abendblatt berichtete, ist davon laut Expertenmeinung nicht auszugehen. So sagte der Landesfachbereichsleiter für „Besondere Dienstleistungen“ der Gewerkschaft Ver.di, Peter Bremme, dass die Mitarbeiter bei der Kammer gerne arbeiten. Nach Meinung anderer reichen die Pensionsrückstellungen wegen der Niedrigzinsen nicht aus, sondern müssen aufgestockt werden.

Wie das Bündnis „Die Kammer sind WIR!“ also sein Hauptversprechen – nämlich die Abschaffung der Pflichtbeiträge bis 2020 – erfüllen will, auch darauf bleibt Bergmann die Antwort weiterhin schuldig.