Berlin. Arabischer Großaktionär will Teil der Air-Berlin-Flotte in das Gemeinschaftsunternehmen einbringen. Ängste bei TUIfly-Mitarbeitern.

Seit ein paar Wochen spekuliert die Branche schon, seit Mittwoch ist es offiziell: TUI, Europas größter Reisekonzern, und die Fluggesellschaft Etihad aus Abu Dhabi arbeiten an einer gemeinsamen neuen Ferienfluggesellschaft. Dass das Unternehmen abheben kann, hängt eng zusammen mit dem radikalen Umbau der schwer angeschlagenen Fluggesellschaft Air Berlin. Noch wird nur verhandelt, die Pläne führen aber jetzt schon zu Problemen: Die Mitarbeiter vor allem der betroffenen TUI-Flugtochter TUIfly wehren sich.

Die neue Ferienfluggesellschaft mit rund 60 Maschinen soll von Deutschland, Österreich und der Schweiz aus fliegen. Unklar ist bisher, wem das neue Unternehmen mehrheitlich gehören wird. Eine Möglichkeit scheint eine Stiftung als Haupteigner mit gleichhohen Minderheitsbeteiligungen von Etihad und TUI zu sein. Air Berlin ginge leer aus. Sollte die Holding keinen europäischen Mehrheitsaktionär haben, verfielen die Startrechte.

Radikalreform soll Wende bringen

Dass TUI und Etihad miteinander verhandeln, ist nicht so überraschend. Beide sind über Air Berlin miteinander verbandelt. Etihad hält 29,2 Prozent an den Berlinern und hat inzwischen eine Milliarde Euro investiert, um die Fluggesellschaft in der Luft zu halten. Air Berlin verliert allerdings seit Jahren Geld und ist hoch verschuldet. Die Radikalreform soll die Wende bringen.

Die TUI-Tochter TUIfly wiederum hat Flugzeuge zu für sie lukrativen Konditionen an Air Berlin vermietet. Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft braucht die Flieger zwar nicht mehr, kommt aber nicht aus dem Vertrag heraus. Ein Aus von Air Berlin bedeutete allerdings auch ein Aus für diesen Vertrag. Zudem fliegt TUIfly teurer als andere in der Branche. Eine neue, große zusammengelegte Fluggesellschaft könnte allen Seiten also helfen.

Etihad versucht bei Air Berlin gerade die große Wende. Die deutsche Fluggesellschaft hat seit dem Einstieg der Araber 2011 aber vor allem Verlust angehäuft, mehrere Chefs verschlissen und frisches Geld benötigt, das Etihad in der Regel beschafft hat. Deshalb haben die Araber auch weit mehr Mitsprache bei den Berlinern, als ihr Anteil von 29,2 Prozent vermuten lässt. Jetzt also wird radikal durchgegriffen.

Beteiligt an dem Manöver sind neben TUI auch Air-Berlin-Konkurrent Lufthansa und deren Billigflugtochter Eurowings. Der Plan: Air Berlin vermietet von März an bis zu 40 Maschinen einschließlich Crews an Eurowings, die dadurch schneller wachsen kann und besser mit den Billigfliegern Ryanair und Easyjet konkurrieren kann. Der Rest Air Berlins spaltet sich auf in eine neue Air Berlin mit 75 Flugzeugen, die hauptsächlich von Berlin und Düsseldorf aus fliegen, und einen Ferienflieger. Dieser soll dann eingebracht werden in die neue europäische Ferienfluggesellschaft, genauso wie TUIfly.

Unter dem Dach der neuen Gesellschaft werden dann vermutlich die 13 Flugzeuge der österreichischen Air-Berlin-Tochter Niki starten, ebenso die acht Maschinen der Schweizer Air-Berlin-Tochter Belair und 41 TUIfly-Maschinen. 14 dieser Maschinen wiederum fliegen samt Crews bereits seit Jahren für Air Berlin. Die Berliner setzen sie ein wie eigene Maschinen, bezahlt werden die Crews allerdings von TUIfly.

Betriebsrat fühlt sich überrollt

Deren Mitarbeiter sind alarmiert, seit die Pläne vergangene Woche durchsickerten. „Wir fühlen uns überrollt“, sagte Betriebsratschefin Karin Grobecker. Die Mitarbeiter befürchten Einbußen, sollten sie unter der neuen Gesellschaft fliegen müssen, und wehren sich. Mancher wurde darüber sogar krank, was jetzt die Air-Berlin-Flugpläne durcheinanderbringt. Das TUIfly-Management sicherte bereits zu, dass das Unternehmen auch in der neuen Gesellschaft erhalten bleiben soll. Bestehende Tarifverträge sollen unberührt bleiben, das Unternehmen weiter vom Standort Hannover aus arbeiten. Die neue Holding allerdings wird wahrscheinlich in Österreich ansässig, wie zu hören ist.

Die Konkurrenz vor allem der Billigflieger will die Lage bei Air Berlin und den Umbau in Deutschland ausnutzen: Ryanair, größte europäische Fluggesellschaft nach Passagieren, stationiert gerade in Hamburg und Nürnberg Flugzeuge, um das Geschäft auszubauen. Beides sind Standorte, an denen offen ist, ob Air Berlin sie künftig noch anfliegt. Ryanair ist extrem flexibel aufgestellt, aggressiv – und verdient seit Jahren Geld. Der neue Ferienflieger ist noch nicht beschlossen, der TUI-Aufsichtsrat beschäftigt sich am 26. Oktober damit. Und die Kartellbehörden müssen zustimmen. Bei Air Berlin jedenfalls ist klar: „Es geht um alles.“