Hamburg. 2600 Beschäftigte in Hamburg bangen um ihren Arbeitsplatz. Die hohe Dichte der Filialen soll aber erhalten bleiben.
Der Sparkurs, den der neue Commerzbank-Chef Martin Zielke dem Institut verordnet, fällt noch drastischer aus als zuletzt befürchtet: Bis Ende 2020 sollen unter dem Strich 7300 der aktuell 45.000 Vollzeitstellen wegfallen. Das sieht ein Plan vor, den Zielke am Donnerstag dem Aufsichtsrat vorstellte. Demnach sollen 9600 Stellen gestrichen werden, gleichzeitig wolle man 2300 neue Arbeitsplätze in Wachstumsfeldern schaffen. Per Saldo verliert damit jeder sechste Mitarbeiter den Job. Noch in der zurückliegenden Woche war spekuliert worden, bis zu 5000 Stellen seien bedroht.
Unklar ist, wie sich der Kahlschlag bei der Commerzbank auf den Standort Hamburg auswirken wird – mit 2600 Beschäftigten immerhin der zweitgrößte des Geldhauses. „Der geplante Stellenabbau wird Gegenstand der Verhandlungen mit den Arbeitnehmergremien sein“, sagte ein Banksprecher dazu. „Natürlich ist das ein Schock“, sagte Ira Gloe-Semler, Fachbereichsleiterin Finanzdienstleistungen bei der Gewerkschaft Ver.di in Hamburg, zu den am Donnerstag veröffentlichten Zahlen. Aber auch sie hat bisher keine Informationen über die Auswirkungen in der Hansestadt.
Jedenfalls werde mit den Plänen „kein Rückzug aus der Fläche“ verbunden sein, erklärte der Banksprecher – im Gegenteil: „Die Commerzbank investiert in ihr Filialnetz. Filialen sind Teil unserer Wachstumsstrategie im Privatkundengeschäft.“ Mit 49 Zweigstellen hat das Institut in Hamburg das dichteste Netz nach der Haspa.
Kürzlich hatte Zielke erklärt, dass die Commerzbank in den Filialen 90 Prozent ihrer Neukunden gewinne. Bei der Deutschen Bank beurteilt man das Filialgeschäft offenbar etwas anders: Der Commerzbank-Konkurrent hatte im Juli beschlossen, neun von 28 Standorten in der Hansestadt zu schließen, also fast jeden dritten.
Ob es im Zuge der Umsetzung der Strategie „Commerzbank 4.0“, die der Vorstand in den zurückliegenden drei Monaten zusammen mit Unternehmensberatern von McKinsey erarbeitet hat, betriebsbedingte Kündigungen geben wird, blieb zunächst offen.
Die Commerzbank kämpft mit den Folgen des anhaltenden Zinstiefs
Die Hintergründe des drastischen Sparprogramms allerdings liegen auf der Hand: Die Commerzbank kämpft - genau wie die Konkurrenz – mit den Folgen des anhaltenden Zinstiefs und den verschärften Auflagen der Aufsichtsbehörden. Im ersten Halbjahr war der Überschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 40 Prozent auf 372 Millionen Euro eingebrochen.
Die neue Strategie sieht vor, dass die Commerzbank die Zahl ihrer Sparten von vier auf zwei reduziert. Künftig soll es nur noch die Geschäftsfelder Privatkunden sowie Firmenkunden geben. Dazu werden die bisherigen Segmente Mittelstandsbank und Investmentbanking gebündelt. Kleinere Unternehmenskunden sollen dann vom Privatkundenbereich betreut werden. Die Restrukturierung werde 1,1 Milliarden Euro kosten, erklärte die Bank. Dafür müssen die Aktionäre bis auf Weiteres wieder auf eine Dividende verzichten.
In den vergangen drei Jahren wurden bereits 5000 Stellen gestrichen
Schon in den vergangenen drei Jahren hatte die Bank unter Zielkes Vorgänger Martin Blessing etwa 5000 Stellen gestrichen. In Hamburg blieb die Mitarbeiterzahl jedoch weitgehend stabil.
Die Commerzbank war nach der riskanten Übernahme der Dresdner Bank kurz vor dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 ins Schleudern geraten. Mit gut 18 Milliarden Euro Steuergeldern rettete der Staat das Institut, bis heute ist der Bund mit gut 15 Prozent an der Bank beteiligt. Von den Folgen der Krise erholte sie sich nur langsam. 2015 jedoch schrieb die Commerzbank wieder einen Milliardengewinn, und der langjährige Vorstandschef Martin Blessing konnte sich in diesem Frühjahr mit der ersten Dividende seit 2007 verabschieden.
Doch eine aktuelle Studie der Landesbank Helaba sieht die Commerzbank als Schlusslicht in Sachen Profitabilität unter den Großbanken in Europa: „Die einlagenstarke Bank leidet besonders unter dem Niedrigzinsumfeld.“