Hamburg. Abendblatt-Umfrage unter den Flughäfen: wann geflogen werden darf, Gebühren für Airlines und wie viel sie für verspätete Jets zahlen.

Der Flughafen Fuhlsbüttel liefert derzeit viel Gesprächsstoff. Die Zahl der zwischen 23 und 24 Uhr startenden und landenden Flugzeuge ist zwischen Mai und Juli um 60 Prozent auf 323 gestiegen, obwohl Hamburg Airport Ende April mit einer Pünktlichkeitsoffensive diesen Zustand eigentlich verbessern wollte. Die Zahl der Beschwerden von Bürgern kletterte drastisch. Im Abendblatt-Interview brachten Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) und der schleswig-holsteinische Minister Reinhard Meyer (SPD) eine Erhöhung der Entgelte für verspätete Maschinen ins Gespräch. Anwohnern der Einflugschneisen reicht das nicht. Sie fordern eine Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr.

Der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg ist für ein Beibehalten der derzeitigen Zeitregelung. „Die Fluglinien wollen Jets so lange wie möglich einsetzen. Wir brauchen im Norden ein genügend großes Zeitfenster, um vier Flüge am Tag Richtung Süden wie nach Spanien und in die Türkei zu machen.“ Auch das Verspätungsfenster sei angemessen. Wenn nach 23 Uhr landende Maschinen statt Fuhlsbüttel Hannover anflögen, müssten erst Passagiere mit Bussen in die Hansestadt gebracht werden, und am nächsten Morgen würde der Flieger um 6 Uhr landen, weil er ab Hamburg eingeplant sei. Das wäre unter Umweltgesichtspunkten falsch. Eine Erhöhung der Start- und Landegebühren wollte er nicht kommentieren. „Das ist eine politische Entscheidung.“

Das Abendblatt hat eine Umfrage unter den großen deutschen Flughäfen gemacht und wollte wissen, in welchem Zeitraum Flugbewegungen stattfinden dürfen und wie hoch die Start- und Landegebühren sind. Die Gesamtkosten für eine Airline pro Flug lassen sich daraus allerdings nicht ableiten, denn die Entgeltstrukturen sind komplex, beinhalten zahlreiche weitere Komponenten und unterscheiden sich von Standort zu Standort stark. Ein Vergleich ist daher nur schwer möglich.

Hamburg (2015: 15,6 Millionen Passagiere): Die Betriebszeiten in Fuhlsbüttel reichen von 6 bis 23 Uhr. Allerdings wird bereits für Starts und Landungen zwischen 22 und 22.59 Uhr ein Aufschlag auf das Start- und Landeentgelt von 150 Prozent verlangt. Verspätete Flugzeuge dürfen zum Beispiel bei extremen Wetterereignissen wie Gewittern oder Starkregen oder bei Fluglotsenstreiks bis 24 Uhr starten und landen. Der Aufschlag liegt dann bei 300 Prozent. Für einen Airbus A319 bedeutet das Folgendes: Für Start und Landung zusammen zwischen 6 und 21.59 Uhr bezahlt die Airline 391 Euro, zwischen 22 und 22.59 Uhr sind 978 Euro fällig, in den letzten 60 Minuten vor Mitternacht 1565 Euro. Für eine größere und lautere Boeing 777-300 werden am Tag 2033 Euro, zwischen 22 und 22.59 Uhr 5082 Euro und in der letzten Stunde des Tages 8132 Euro fällig. Zwischen 0 und 6 Uhr muss vor Start/Landung eine Einzelfallgenehmigung bei der Umweltbehörde beantragt werden, der Aufschlag bleibt bei 300 Prozent.

Düsseldorf (22,5 Millionen Passagiere): Von der Lage einigermaßen vergleichbar mit dem Hamburger Airport ist derjenige in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. Starten dürfen Strahlflugzeuge zwischen 6 und 22 Uhr, planmäßige Landungen dieser Maschinen sind bis eine Stunde vor Mitternacht möglich. Die Nachtflugregelung sieht Toleranzen bei Verspätungen bis 23.30 Uhr vor. Fluggesellschaften mit einem „vom Verkehrsministerium anerkannten Wartungsschwerpunkt in Düsseldorf“ dürfen bis 24 Uhr und zwischen 5 und 6 Uhr aufsetzen. Flugbewegungen außerhalb dieser Zeiten dürfen nur mit Sondergenehmigung der Bezirksregierung Düsseldorf erfolgen. Ein Airbus A319 zahlt tagsüber 483,81 Euro für Start und Landung, für die Landung allein sind es 241,91 Euro. Für eine Landung zwischen 22 und 22.59 Uhr werden 382,91 Euro fällig, in der letzten Stunde des Tages und von 5 Uhr bis 5.59 Uhr sind es 507,46 Euro. Für eine Boeing 777-300 kostet die Landung tagsüber 575,66 Euro, von 22 bis 22.59 Uhr 923,66 Euro und in den Randzeiten 1231,06 Euro.

Stuttgart (10,5 Millionen Passagiere): Auf dem relativ citynahen Manfred Rommel Flughafen darf von 6 bis 23 Uhr gestartet werden, reguläre Landungen sind eine halbe Stunde länger möglich. Bis 23.30 Uhr geplante, aber verspätete Landungen dürfen bis Mitternacht erfolgen. Die Entgelte sind zu allen Tageszeiten gleich hoch. Ein Airbus A319 kostet zum Beispiel 120 Euro, für eine Boeing 777-300 sind 30 Euro mehr fällig.

Berlin (Tegel: 21 Millionen, Schönefeld: 8,5 Millionen Passagiere):
In Tegel darf von 6 bis 23 Uhr geflogen werden. In der Nacht dürfen auch verspätete Flugzeuge nur mit Ausnahmegenehmigung landen. In Schönefeld gibt es keine Nachtflugbeschränkung. Die Entgelte sind für beide Airports identisch, ab 22 Uhr werden gestaffelte Aufschläge erhoben, in der Spitze von 500 Prozent. Für einen Airbus A319 werden regulär 80 Euro pro Start oder Landung gezahlt. Von 22 bis 22.59 Uhr werden 160 Euro fällig, in den nächsten 30 Minuten 240 Euro, in den letzten 30 Minuten des Tages 320 Euro und zwischen 0 und 5.59 Uhr 480 Euro. Eine Boeing 777-300 bezahlt pro Flugereignis 125 Euro zuzüglich der Aufschläge von 100 bis 500 Prozent in der Nacht.

Frankfurt (61 Millionen Passagiere):
Am deutschen Luftverkehrsdrehkreuz reichen die regulären Betriebszeiten von 5 bis 22.59 Uhr. In der Stunde danach dürfen Jets nur mit einer behördlich erteilten Ausnahmegenehmigung starten, wenn ein nicht von der Airline verschuldetes Problem den Start verzögert – wie zum Beispiel Gewitter oder technische Defekte bei der Flugsicherung. Später landen dürfen Maschinen nur, wenn die Ankunft planmäßig vor 23 Uhr sein sollte und es zu flugbedingten Verzögerungen kommt – etwa durch das Umfliegen einer Gewitterzelle. Außerdem darf es nach 23 Uhr im Jahresdurchschnitt maximal 7,5 Flugbewegungen pro Tag geben. Als Basisentgelt Landung/Start zahlt der A319 in einer Beispielrechnung tagsüber 347,60 Euro, zwischen 22 bis 22.59 Uhr und von 5 bis 5.59 Uhr 474,51 Euro und in der Nacht 855,21 Euro.

München (41 Millionen Passagiere):
Flugbetrieb findet von 5 bis 24 Uhr statt. Ausnahmen gibt es nur für Notfälle, Post- und Vermessungsflüge oder nach Einzelgenehmigung durch das Landesinnenministerium. Allerdings gibt es bereits von 22 bis 24 Uhr und von 5 bis 6 Uhr Einschränkungen. Dazu gehören, dass generell nur mit vergleichsweise leisen Jets geflogen werden darf und es pro Nacht maximal 28 planmäßige Flugbewegungen im Linien- und Charterverkehr in diesen Zeitfenstern geben darf. Für den A319 wird tagsüber ein Startentgelt von 156,77 Euro fällig werden, in den Randzeiten von 179,95 Euro.

Köln/Bonn (10,3 Millionen Passagiere): Der Airport hat eine 24-Stunden-Betriebsgenehmigung. Starts und Landungen in der Nacht sind teurer als am Tag. Ebenso müssen Airlines für lautere Flugzeuge mehr zahlen. Ein Airbus A319 kostet zwischen 6 und 22 Uhr an Start- und Landeentgelten sowie Lärmzuschlag rund 600 Euro. Ab 22 Uhr wird ein Aufschlag von 50 Prozent fällig. Eine Boeing 777 kostet am Tag rund 1800 Euro, in der Nacht kommt ein Aufschlag von 80 Prozent hinzu.

Hannover (5,5 Millionen)/Bremen (2,7 Millionen Passagiere):
Hannover-Langenhagen hat seit den 50er-Jahren eine unbeschränkte Betriebsgenehmigung. Zwischen 22 und 6 Uhr fliegende Maschinen müssen aber gestaffelte Lärmgrenzwerte einhalten und Nachtzuschläge zahlen. In Bremen beträgt die Betriebszeit 24 Stunden, ausgenommen sind die Nächte zum Sonntag und Montag in der Zeit von 23.30 bis 6 Uhr. Ab 22.31 Uhr werden Zuschläge erhoben – von 40 bis zu 800 Prozent mitten in der Nacht. Beide Flughäfen konnten keine A319-Entgeltberechnung liefern.