Neu Wulmstorf . Sein Dressing steht bereits bundesweit in den Supermarktregalen. Nun weitet Thomas Hauschild das eigene Angebot kräftig aus.
An Ideen mangelt es Thomas Hauschild nicht. Der Mann in legerem Karohemd und Jeans, ein gelernter Koch aus Neu Wulmstorf, hat die unfassbar erfolgreiche Sylter Salatfrische erfunden. Hat damit in deutschen Supermärkten nach kürzester Zeit so viele Dressings verkauft wie der Kühne-Konzern – und die Chuzpe gehabt, ein Produkt mit dem Glamour-Namen Sylt zu veredeln, das rein gar nichts mit der beliebtesten Insel der Deutschen zu tun hat.
Anfangs zu Feierabend in seinem Dorfkrug im Hamburger Süden noch per Handmixer hergestellt, ist die Salatsauce inzwischen in eine „erwachsene“ Produktion umgesiedelt. Hauschild hat in Maschinen investiert, die heute 230 Flaschen der weißen, süß-sauren Flüssigkeit pro Minute herstellen. Abnehmer wie Edeka und Rewe sitzen in ganz Deutschland. 80 Mitarbeiter beschäftigt Hauschild in der Herstellung, in Marketing und Verwaltung.
Millioneninvestition in neue Fabrik
In seiner neuen Fabrik, eine Millioneninvestition, die inzwischen 15.000 Quadratmeter des Gewerbegebietes in Neu Wulmstorf einnimmt, öffnet Hauschild eine Tür nach der nächsten: „Hier entsteht unsere kleine Großküche“, zeigt der 51-Jährige in einen bisher noch leeren Raum. Nebenan präsentiert der Unternehmer das neue Lager für den Internetshop, der jüngst online gegangen ist. Auf einer Fläche groß wie ein Tennisplatz stehen Pakete zum Versand bereit. Und aus dem Fenster seines Eck-Chefbüros blickt Hauschild auf eine ebenfalls brandneue eigene Molkerei, mit Silos und Tanks zum Erhitzen von Milch.
Hinter all den Erweiterungen des Imperiums rund um die Sylter Salatsauce steht ein Gedanke: Hauschild will seine Marke Zum Dorfkrug, die Deutschland mit dem Dressing erobert hat, mit neuen Feinkostangeboten weiter ausdehnen. Schon zur EHEC-Krise, als Salat im Verdacht stand, schwere Erkrankungen auszulösen, hatte der Familienvater damit begonnen, das Sortiment auszuweiten. Neben Pudding, Roter Grütze und Tomatensauce will Hauschild nun aber weitere Delikatessen in die Supermärkte bringen. Details will er nicht nennen, aber eines ist klar, der bullige Norddeutsche zielt auf einen attraktiven Markt. Denn die Feinkostbranche wächst überdurchschnittlich. Laut Berechnungen des Branchenverbandes stieg der Umsatz mit Lebensmitteln in den vergangenen zehn Jahren jährlich um nur 1,4 Prozent, während Oliven, Kapern und Saucen einen jährlichen Anstieg von 5,5 Prozent verzeichneten.
Auch mit seinen neuesten Produkten will Hauschild den Kunden etwas Besonderes bieten. So wie der Koch bei der Sylter Salatfrische, einer Kreation aus Zwiebeln, Eigelb, Rapsöl, Zucker und Branntweinessig, erstmals ein frisches, nicht hoch erhitztes Produkt auf den Markt gebracht hatte, verfolgt er nun wieder einen ungewöhnlichen Einfall: Er baut eine eigene Landwirtschaft auf, die eine Grundlage für hochwertige Zutaten bilden soll.
Rinder, Schweine und 500 Hühner
Derzeit entsteht vor den Toren Hamburgs der Dorfkrug Landhof, mit dem sich Hauschild auch einen Traum aus Kindertagen erfüllt. „Früher standen in unserem Dorfkrug noch die Kühe im Haus“, erinnert sich der Unternehmer, nun will er wieder eigene Tiere halten. 50 Rinder der seltenen Rasse Angeler Rotvieh, 50 Schweine (Bunte Bentheimer) und 500 Hühner tummeln sich seit Kurzem auf dem Gelände, das Hauschild gepachtet hat. Doch das ist erst der Anfang. Größere Bestände an Vieh sind geplant. Und nach und nach sollen hier Bewirtschaftungs-Gebäude, Ställe und eine Heutrocknungsanlage entstehen.
„Damit schließt sich der Kreis“, sagt Hauschild zu seiner neuesten Investition. Er will auf dem Landhof das Tierwohl in den Mittelpunkt stellen. Den Rindern Auslauf bieten, möglichst das ganze Jahr, und ihre Milch im Pudding verarbeiten. Die Schweine so verwöhnen, dass sie sich „sauwohl“ fühlen, und ihr Fleisch beispielsweise für eine Bolognese nutzen. „Dazu wollen wir Partnerbetriebe aus der Region gewinnen, die ebenfalls für eine Landwirtschaft stehen, auf die wir stolz sein können“, sagt Hauschild über seine Philosophie. Wenn die Bauern diese Vorstellungen erfüllten, garantiere seine Firma im Gegenzug auch höhere Preise. „Von den aktuellen Milchpreisen können die Produzenten nicht leben“, kritisiert Hauschild die Situation der Erzeuger. Er rechnet mit einer Untergrenze von etwa 37 Cent, die er Partnererzeugern zahlen würde. Zum Vergleich: Derzeit bekommen die Bauern von der weiterverarbeitenden Industrie weniger als 30 Cent. „Wir schalten mit unserer neuen, eigenen Molkerei die Zwischenhändler aus und bieten die Produkte selber weiterverarbeitet im Handel an“, erklärt Hauschild seine Idee.
Bei der Sylter Salatsauce hat seine Vision Früchte getragen. Das Produkt ist in Langenscheidts „Marken des Jahrhunderts“ aufgeführt und hat es damit wie Tempo bei Taschentüchern oder Miele bei Waschmaschinen zum Inbegriff einer Branche gebracht. Die EHEC-Katastrophe ist abgewendet, fast ein Drittel der Deutschen kauft wieder regelmäßig ein fertiges Salatdressing. Auch die Unruhen um die Marke Sylter sind abgeklungen, bei allen Klagen gegen die vermeintlich irreführende Bezeichnung rund um Nordseeluft und Schickimicki konnte Hauschild gewinnen, auch wenn weder Rezeptur noch Zutaten von der Insel stammen. Die Konkurrenz – inzwischen haben auch Edeka und Aldi eigene Sylter Saucen im Sortiment – hat der rührige Manager im Griff. „Wir wollen aber nach wie vor den nordischen Charakter der Produkte betonen“, sagt Hauschild. Sein Kunstgriff: Auf dem Pudding-Glas ist der Dorfkrug abgebildet, eine Kate, geduckt zwischen alte Bäume. Und weiter unten auf dem Etikett heißt es „Aus dem Hause der Sylter Salatfrische“.