Berlin. Jedes fünfte Haushaltsgerät verbraucht mehr Strom als ausgewiesen. Abweichungen vor allem bei vernetzten Produkten.

Wer einen neuen Kühlschrank, Geschirrspüler oder ein Fernsehgerät kauft, achtet häufig nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die Umweltfreundlichkeit. Je besser die Effizienzklasse, desto geringer ist der Energieverbrauch – und damit die Klimabelastung. Doch auf die Angaben der Hersteller ist offenbar nicht immer Verlass. Eine Untersuchung von Haushaltsgeräten in Europa hat ergeben, dass fast jedes fünfte getestete Produkt mehr Energie verbraucht, als dies auf der Verpackung angegeben ist.

„18 von 100 getesteten Geräten haben nicht die EU-Effizienzvorgaben eingehalten. Die Stichprobe macht deutlich, dass viele Hersteller gesetzliche Vorgaben zum Energieverbrauch missachten oder umgehen“, lautet das Ergebnis einer Studie, die von 16 Umwelt- und Verbraucherverbänden aus Europa erstellt wurde, die sich zu den „MarktCheckern“ zusammengeschlossen haben, und die dem Abendblatt vorliegt. Für Deutschland beteiligten sich die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) an der Untersuchung.

Getestet wurden Kleingeräte wie elektrische Zahnbürsten, Lampen, Staubsauger bis hin zu Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen von verschiedenen Herstellern. „Einige der getesteten Produkte benötigten bis zu 30 Prozent mehr Energie als von den Herstellern angegeben“, berichtet Johanna Kardel, Energiereferentin der Verbraucherzentrale Bundesverband. Pauschale Urteile gegen einzelne Hersteller, wonach sie grundsätzlich gegen die Regeln verstoßen, könnten aus der Untersuchung jedoch nicht abgeleitet werden, da sie auf Stichproben beruhe.

Erhebliche Abweichungen wurden vor allem bei vernetzten Produkten mit WLAN-Funktion und beim Stand-by-Verbrauch festgestellt. So ließ sich ein Wäschetrockner entgegen den Angaben nicht ausschalten und verbrauchte deshalb deutlich mehr Strom. Bei drei Digitalradios war der Stand-by-Verbrauch doppelt bis dreifach so hoch wie angegeben. Bei einem vernetzten Wasserkocher ließ sich das WLAN nicht ausschalten. Getestete LED-Lampen leuchteten bis zu 20 Prozent weniger hell als angegeben.

Wenn bei den Angaben gemogelt wird, entstehen Mehrkosten für Strom, die der Verbraucher tragen muss. So genügte ein Geschirrspüler (A+) zwar den Energiestandards. Allerdings erzielte das Gerät im Test eine so schlechte Waschleistung, dass ein zweiter Spülgang notwendig wurde, damit alle Essensreste verschwanden. Unterm Strich summieren sich die Mehrkosten für Strom damit auf jährlich 23,46 Euro, rechnen die MarktChecker vor. Hochgerechnet auf die Lebensdauer des Geräts von acht Jahren müssen somit 187,70 Euro mehr bezahlt werden, so die Studie.

Ein Kühl-Gefrier-Kombigerät der besten Energieklasse (A+++) verbrauchte 180 Kilowattstunden statt 161 kWh, was den Verbraucher im Jahr 5,64 Euro mehr kostet – bei einer erwarteten Lebensdauer von zwölf Jahren 67,71 Euro. Ein TV-Gerät zog für 1,89 Euro mehr Strom, was bei elf Jahren Lebensdauer 20,75 Euro Mehrkosten bedeutet. Die Unternehmen, deren Geräte bei den Tests auffällig waren, wollten sich gegenüber dem Abendblatt nicht äußern. „Die betroffenen Hersteller haben uns gegenüber aber signalisiert, ihre Produkte zu verbessern“, berichtet Kardel.

Privaten Haushalten in Europa gehen nach Schätzungen der MarktChecker durch falsche Kennzeichnung von Haushaltsgeräten jährlich mehr als zehn Milliarden Euro an Einsparungen verloren. „Der Verbraucher wird damit an der Nase herumgeführt. Es wird unnötig Geld und Energie vergeudet und das Klima belastet“, kritisiert der BUND-Energieexperte Robert Pörsch­mann.