Hamburg. Regionaler Index legt um 23 Prozent zu. Nordex-Kurs verdoppelt sich. Börsenpräsident Steinberg kritisiert Geldpolitik der Zentralbank.
Glaubt man Hamburger Finanzexperten, dann dürfte die Niedrigzins-Politik der Europäischen Zentralbank noch länger anhalten. Der Präsident der Hanseatischen Wertpapierbörse, Friedhelm Steinberg, geht jedenfalls nicht davon aus, dass sich Sparen in absehbarer Zeit wieder lohnen wird. „Für Europa wäre ich nicht verwundert, wenn wir den Scheitelpunkt expansiver Geldpolitik noch nicht gesehen hätten. Den deutschen Sparern droht eine lange Eiszeit“, sagte Steinberg bei der traditionellen Jahresschlussbörse vor Wirtschaftsleuten und Bank-Managern. „Wenn die dem Konsum entgangenen Euros auf renditeträchtige Zeiten warten, werden sie still und leise auf Tagesgeldkonten entwertet“, merkte der Börsenpräsident kritisch an.
Wenig verwunderlich wirbt er angesichts dieser Lage für den Erwerb von Aktien. „Der neue Zins heißt Dividende“, sagt Steinberg. Allerdings müsse sich der konservative Anleger erst daran gewöhnen, und das dürfte aufgrund der schwach ausgeprägten Aktienkultur in Deutschland dauern. Denn auch Steinberg sieht ein: „Kursschwankungen erzeugen Unwohlsein und führen zu Aktienabstinenz.“
Eben diese Kursschwankungen haben aber das vergangene Börsenjahr geprägt und forderten bei den Anlegern starke Nerven. Tagesschwankungen von mehreren hundert Punkten beim Deutschen Aktienindex DAX waren nicht selten. „Milliarden wurden kurzfristig gewonnen und wieder verloren. Früher benötigte man dafür Wochen oder gar Monate“, so Steinberg.
Verlierer Tom Tailor
Die Jahresend-Rally am letzten Handelstag blieb zwar aus, auf das gesamte Jahr gesehen legte der DAX aber um 9,56 Prozent zu und schloss am Mittwoch um 14 Uhr bei 10.743 Punkten. Und auch sein norddeutsches Pendant, der Regionalwerteindex HASPAX, entwickelte sich positiv. Er legte im Vergleich zum Jahresendstand 2014 um satte 23 Prozent zu und schloss bei 3.371,49 Punkten. Damit sei die HASPAX-Performance um rund 13 Prozentpunkte besser als die des DAX, fügte Steinberg mit Genugtuung hinzu.
Am besten entwickelten sich die Wertpapiere des Herstellers von Windenergieanlagen Nordex, die um 120 Prozent zulegten. Verlierer waren 2015 die Aktien der Tom Tailor Holding, deren Börsenwert um 50 Prozent sank.
Für Schmunzeln sorgte Steinberg bei den Zuhörern während des Ausblicks für 2016. Experten würden demnach eine Entwicklung des DAX zwischen 9000 und 13.000 Punkten prognostizieren, sagte er. Damit machte der Börsenpräsident deutlich, dass die große Volatilität an den Märkten weiter anhalten dürfte. Dann wurde Steinberg aber doch konkreter: „Ich kann mir gut vorstellen, dass der DAX weite Strecken über die heutigen Höchststände deutlich hinausgehen und selbst 11.500 Punkte zeitweise übertreffen wird.“ Langfristige Anleger würden seiner Meinung nach in jedem Fall auf der richtigen Seite liegen, so Steinberg. „Besonders viele Aktienfans finden sie in den westlichen Stadtteilen und in den Walddörfern“, ergänzte er.
Insgesamt werde die derzeit gute wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland auch 2016 anhalten, glaubt Steinberg. „Ein schwacher Ölpreis und ein schwacher Euro sind dabei durchaus hilfreich.“ Von einer guten Entwicklung im kommenden Jahr ist auch Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) überzeugt. „2016 wird für Hamburg wirtschaftlich positiv ausfallen, da bin ich sicher“, sagte er in seinem Grußwort. Horch nannte als Ziel, die Zahl der Erwerbstätigen in der Stadt um weitere 9000 zu steigern.
Die Aktienhändler haben jetzt erst einmal Pause. An Silvester und an Neujahr bleibt die Börse geschlossen. Erster Handelstag im neuen Jahr ist der kommende Montag. Mit der Ruhe dürfte es dann wieder vorbei sein.