Immer mehr Konzerne wie McDonald’s schmücken sich mit dem Ökosiegel. Doch die Mengen für einen wirklichen Umstieg gibt es gar nicht.

Nun also auch noch McDonald’s. Wer derzeit eines der Restaurants der Fast-Food-Kette – etwa in der Hamburger Europa Passage – besucht, glaubt im ersten Moment, im falschen Geschäft gelandet zu sein. „Ich arbeite im Bioladen“, steht allen Ernstes auf den Schürzen der Mitarbeiterinnen, die dort Burger im Akkord an die wartenden Gäste austeilen. Die weltgrößte Fast-Food-Kette – ein Öko-Unternehmen?

Der Werbespruch ist ziemlich dreist, bezieht er sich doch nur auf ein einziges Produkt, den Burger McB, den die US-Kette für einen kurzen Zeitraum verkauft – und der noch nicht einmal zu 100 Prozent aus Ökozutaten besteht. Tatsächlich steckt zwischen den beiden Brötchenhälften aus konventionellem Mehl und industriell gezogenen Tomaten, Gurken und Salatblättern lediglich eine Bulette aus Biofleisch. Ausschließlich auf diesen im US-Jargon „Patty“ genannten Klops bezieht sich auch das staatliche Biosiegel, das die Kette groß auf ihren McB-Plakaten verwendet.

Geteilte Meinung über die neue Strategie der Fast-Food-Kette

Unter Verbraucherschützern und Ökoverbänden schwankt die Einschätzung der Kampagne zwischen Vorwürfen der Irreführung, Kopfschütteln und einer gewissen Bewunderung für die Dreistigkeit der Aktion. „Das Unternehmen nennt den Burger ganz bewusst McB und nicht McBio, weil Letzteres angesichts der gemischten Zutaten verboten wäre“, sagt Ernährungsexpertin Silke Schwartau von der Hamburger Verbraucherzen­trale. „McDonald’s ist es gelungen, mit dem Minimum an echten Biozutaten ein Maximum an Werbewirkung zu erzielen“, meint der Geschäftsführer des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Peter Röhrig.

So wie die Fast-Food-Kette versuchen immer mehr konventionell orientierte Lebensmittelhersteller beim umweltbewussten deutschen Verbraucher mit ökologisch oder nachhaltigen Produkten zu punkten. Das fängt bei vergleichsweise kleinen Herstellern wie der Hamburger Getränkefirma Fritz-Kola an, die nach ihrem Hauptprodukt mit „vielviel koffein“ nun ihre Liebe zu Bioschorlen mit „vielviel öko“ entdeckt hat. Und es endet bei Giganten wie Unilever, die sich sowohl in ihrer Hamburger Deutschlandzentrale als auch weltweit eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie verordnet haben, dabei aber wohlweislich die geschützte Bezeichnung „bio“ und die damit verbundenen Richtlinien meiden.

Das Beispiel McDonald’s zeigt recht deutlich, mit welchen Fallstricken und Schwierigkeiten weltweit operierende Unternehmen zu kämpfen haben, wenn sie sich auf das Abenteuer Bio einlassen. Ein Jahr Vorbereitungszeit hat der US-Konzern nach eigenen Angaben gebraucht, um zumindest den Fleischklops in seinem McB-Burger in Bio-Qualität in die eigenen Imbisse in Deutschland zu bringen.

Das dafür benötigte Rindfleisch stammt laut McDonald’s von dem Exklusiv-Zulieferer OSI aus Günzburg bei Augsburg, der die Ware wiederum von Biobetrieben aus Deutschland und Österreich bezieht. Verwendet wird überwiegend das Fleisch von nach der EU-Öko-Verordnung gehaltenen Milchkühen, die im Gegensatz zu ihren Artgenossen in der konventionellen Haltung in den Genuss eines Weidegangs oder zumindest eines Auslaufs im Laufhof kommen. Die Stallfläche beträgt mindestens sechs Quadratmeter pro Kuh, die Tiere haben einen eigenen Fressplatz und sind nicht so sehr auf Leistung gezüchtet wie in der industriellen Landwirtschaft.

In den Restaurants muss McDonald’s zudem einigen Aufwand treiben, um die Trennung von Biofleisch und konventioneller Ware sicherzustellen. Dies reicht von einer getrennten Lagerung, über eine Reinigung des Grills beim Wechsel zwischen Öko- und normalen Buletten bis hin zum leicht absurden Verbot, das Fleisch zu würzen, weil Pfeffer und Salz in der Küche nicht aus Öko-Produktion stammen.

„Wir haben extra ein Training organisiert, um die Mitarbeiter mit den neuen Vorschriften vertraut zu machen“, sagt McDonald’s-Franchisenehmer Stephan Jagalla, der unter anderem das Restaurant in der Europa Passage betreibt. Theoretisch könnte die Einhaltung der Vorschriften täglich von einem staatlich beauftragten Kon­trolleur überprüft werden, passiert ist das in den drei Restaurants Jagallas aber noch nicht.

Die Abläufe in den eigenen Läden sind ein Grund dafür, warum die Fast-Food-Kette bislang nur einen Mini-Schritt in Richtung Bio gegangen ist. Die Vermischung der Zutaten bei Salat, Tomaten oder Gurken zu vermeiden, sei kaum möglich, heißt es aus den Kreisen der Franchisenehmer. Der Hauptgrund besteht laut McDonald’s aber in der fehlenden Verfügbarkeit der Bioware. „Der McB ist nicht zu 100 Prozent bio, weil wir zwar das Fleisch, nicht aber die anderen Zutaten in der notwendigen Qualität und Menge bekommen konnten“, sagt ein Sprecher. An Biofleisch habe man für die Aktion mehrere Hundert Tonnen geordert.

Dies verweist auf das generelle Problem, das Angebot und Nachfrage nach Ökolebensmitteln in Deutschland immer weiter auseinanderklaffen. Während sich der Umsatz mit Biolebensmitteln seit dem Jahr 2000 von 2,1 auf fast acht Milliarden Euro vervierfacht hat, ist die Anbaufläche nur zum Teil mitgewachsen. Sie hat sich im selben Zeitraum lediglich auf gut eine Million Hektar verdoppelt. Dies hat zum einen mit unklaren Förderricht­linien, aber auch mit der jahrelangen Unterstützung von ökologisch umstrittenen Biogasanlagen und dem damit verbundenen, großflächigen Maisanbau zur Energiegewinnung zu tun.

Der große Boom beim Zubau dieser Anlagen ist zwar vorbei, doch der Bedarf an Energiepflanzen ist nach wie vor hoch, was die Preise für landwirtschaftliche Flächen in die Höhe treibt. Allein in Schleswig-Holstein haben sie sich seit 1995 mehr als verdreifacht, was insbesondere die Bauern trifft, die Biolebensmittel anbauen oder Tiere ökologisch halten möchten. Wer seinem Rind einen ausreichenden Platz zum Grasen zur Verfügung stellen möchte, braucht dafür nun einmal ein Mindestmaß an Fläche.

Die Produktion von Biolebensmitteln hält mit der Nachfrage nicht mit

Die Folge dieser Schere zwischen Angebot und Nachfrage ist, dass die Importe von Biolebensmitteln nach Deutschland immer weiter ansteigen. Dies gilt auch und gerade für zahlreiche Produkte, die eigentlich hierzulande angebaut oder hergestellt werden könnten. So liegt die Importquote von Biomöhren, die gerne mal aus Israel kommen, laut der Agrar-Marktinformationsgesellschaft (AMI) bei 45 Prozent, die von Bioäpfeln gar bei 49 Prozent. Auch Biobutter kommt gut zur Hälfte aus dem Ausland. Dies muss qualitativ keinen Nachteil bedeuten, da auch die Importware die Vorgaben der EU-Ökoverordnung erfüllen muss. Es führt den Biogedanken aber ein Stück weit ad absurdum, wenn Möhren oder Äpfel aus dem Nahen Osten oder Neuseeland nach Europa transportiert werden müssen und so klimaschädliche Abgase in die Luft gepustet werden.

Aus Sicht des Öko-Dachverbands BÖLW könnte ein ernsthaft gemeinter Einstieg eines Konzerns wie McDonald’s durchaus dazu beitragen, der Öko-Landwirtschaft in Deutschland einen neuen Schub zu geben. „Würde McDonald’s dauerhaft einen echten Bioburger anbieten, dann gäbe dies Bauern, die sich mit dem Gedanken tragen, auf die ökologische Landwirtschaft umzustellen, einen zusätzlichen Anreiz“, sagt Verbandsgeschäftsführer Röhrig. Sie hätten dann die Gewissheit, dass ihr Fleisch oder andere Produkte auch dauerhaft abgenommen würden. Dies gilt insbesondere für Milchviehhalter, die aufgrund des Preisverfalls bei konventioneller Milch ohnehin stark unter Druck stehen und bei denen der Verkauf des Fleischs eine weitere Einnahmequelle darstellt.

Doch nach so einem dauerhaften Engagement im Biobereich sieht es bei McDonald’s derzeit eher nicht aus. Nach sieben Wochen ist die ganze Aktion nämlich schon wieder vorbei.