Potsdam . Mehr als 100.000 Angestellte gingen schon auf die Straße, Ämter blieben dicht, Unterricht fiel aus. Jetzt soll es noch schlimmer kommen.

Nach ergebnislosen Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst weiten die Gewerkschaften die Warnstreiks aus. Von Dienstag an werden Angestellte von Schulen, Straßenmeistereien, Unikliniken, Theater, Feuerwehr, Polizei, Landesverwaltungen und Küstenschutz zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Bei der dritten Verhandlungsrunde zwischen Gewerkschaften und der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) in Potsdam gab es am Dienstag kaum Annäherung. Die Gespräche sollen am 28. März fortgesetzt werden.

In entscheidenden Fragen lägen die Tarifparteien nach wie vor weit auseinander, sagte Verdi-Chef Frank Bsirske. „In wichtigen Bereichen ist festzustellen, dass sich die Arbeitgeberseite einmauert. Diese Mauer, die muss weg.“ Der Verhandlungsführer des Beamtenbunds (dbb), Willi Russ, betonte: „Die Arbeitgeber haben sich völlig in die Sackgasse begeben.“ TdL-Chef, Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD), dagegen zeigte sich zufrieden mit den sachlichen Gesprächen. „Die Themen sind es wert, dass wir uns wieder treffen“, sagte er.

Die Gespräche für die rund 800.000 Angestellten der Länder (ohne Hessen) sind ungewöhnlich kompliziert. Ein wichtiger Streitpunkt ist die betriebliche Altersversorgung. Die Länder wollen hier einsparen, weil die Menschen immer älter werden. Das wollen die Gewerkschaften weiterhin nicht akzeptieren. „Eingriffe ins Leistungsrecht, also eine Kürzung der Betriebsrenten, wie sie die Arbeitgeber wollen, lehnen wir entschieden ab“, betonte Bsirske.

Verbeamtete Lehrer streiken nicht

Beim Gehalt wollen die Gewerkschaften 5,5 Prozent mehr, mindestens aber 175 Euro mehr im Monat. Dazu hätten die Arbeitgeber noch kein Angebot vorgelegt, sagte Bsirske.

Anders beim zweiten großen Streitpunkt, der Bezahlung der rund 200.000 angestellten Lehrer: Hier gibt es ein Angebot. Dieses müsse aber erst bewertet werden, sagte GEW-Verhandlungsführer Andreas Gehrke. Laut Bsirske sollen unter anderem die Ost-West-Unterschiede im Tarifrecht ausgeglichen werden. Einen Einstieg in die gleiche Bezahlung von Angestellten und Beamten hätten die Arbeitgeber aber kategorisch abgelehnt. „Das reicht nicht aus, um mehr Gerechtigkeit in die Lehrerzimmer zu bringen“, sagte Russ.

Tausende Angestellte streiken in Hamburg

Die GEW-Bundesvorsitzenden Marlis Tepe spricht in Hamburg auf dem Gänsemarkt vor Demonstranten des öffentlichen Dienstes
Die GEW-Bundesvorsitzenden Marlis Tepe spricht in Hamburg auf dem Gänsemarkt vor Demonstranten des öffentlichen Dienstes © dpa | Axel Heimken
Eine Angestellte des öffentlichen Dienstes demonstriert auf dem Gänsemarkt mit einem Schild mit der Aufschrift:
Eine Angestellte des öffentlichen Dienstes demonstriert auf dem Gänsemarkt mit einem Schild mit der Aufschrift: "angestellte Lehrer auf Hartz IV Niveau - So geht Hamburg mit seiner Elite um © dpa | Axel Heimken
Die Gewerkschaft GEW ruft zur dritten Tarif-Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst der Länder zu einem ganztägigen Warnstreik auf
Die Gewerkschaft GEW ruft zur dritten Tarif-Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst der Länder zu einem ganztägigen Warnstreik auf © dpa | Axel Heimken
Die GEW fordert eine Gehaltserhöhung um 5,5 Prozent
Die GEW fordert eine Gehaltserhöhung um 5,5 Prozent © dpa | Axel Heimken
Betroffen von den Warnstreiks waren am Montagmorgen unter anderem Schulen, Kundenzentren der Bezirke, die Kfz-Zulassungsstelle und Teile der IT-Betreuung
Betroffen von den Warnstreiks waren am Montagmorgen unter anderem Schulen, Kundenzentren der Bezirke, die Kfz-Zulassungsstelle und Teile der IT-Betreuung © dpa | Axel Heimken
Rund 400 Hamburger Lehrer beteiligen sich an Warnstreik
Rund 400 Hamburger Lehrer beteiligen sich an Warnstreik © dpa | Axel Heimken
In Potsdam verhandeln am Montag Gewerkschaften und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder erneut über mehr Geld für bundesweit rund 800.000 Angestellte
In Potsdam verhandeln am Montag Gewerkschaften und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder erneut über mehr Geld für bundesweit rund 800.000 Angestellte © dpa | Axel Heimken
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Verdi setzt darauf, dass sich an den Warnstreiks in der kommenden Woche mindestens so viele Landesangestellte beteiligen wie an der jüngsten Streikwelle, als 115.000 Menschen auf die Straße gegangen waren. Unterricht fiel aus, mancherorts blieben Kitas und Ämter geschlossen, Operationen wurden verschoben.

An den Schulen dürfen nur die angestellten Lehrer in den Ausstand treten. Die knapp 650.000 verbeamteten Lehrer streiken nicht. Daher sind vor allem die ostdeutschen Bundesländer betroffen, wo es traditionell weniger Lehrer mit Beamtenstatus gibt.