Hamburg. Hamburgs Wirtschaft macht Druck bei den Koalitionsverhandlungen in der Stadt. Groß sind die Bedenken gegen einen möglichen grünen Umweltsenator.
Schon im Vorfeld der Wahl hatte Hamburgs Wirtschaft massive Bedenken gegen eine rot-grüne Koalition in der Hansestadt geäußert. Und angesichts der verpassten absoluten Mehrheit, gab es noch einmal einen eindringlichen Appell an Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), alternative Regierungskonstellationen im Blick zu behalten.
Ohne Erfolg: Mit den heutigen Beratungen über den Haushalt der neuen Regierung gehen die Koaltionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen in die inhaltliche Beratung. Nun erhöht die Wirtschaft im Abendblatt nochmals den Druck auf die SPD, den wirtschaftsfreundlichen Kurs der vergangenen vier Jahre nicht zu verlassen.
Nicht wenige Manager und Verbandsvertreter versuchen in diesen Tagen Wirtschaftsenator Frank Hoch oder gleich dem Bürgermeister gute Ratschläge mit auf den Weg zu geben. Zwar hat Scholz ausdrücklich gesagt, dass keines seiner Wahlversprechen einer Koalition geopfert werden soll.
Dennoch gibt es in der Wirtschaft nach dem Ausgang der Bürgerschaftswahl die Sorge, dass sich die SPD in den Verhandlungen bestimmten Forderungen der Grünen beugen könnte.
Für die Hafenwirtschaft steht an erster Stelle die Elbvertiefung: „Bei der Fahrrinnenanpassung darf es keine Kompromisse geben“, sagt Norman Zurke, Geschäftsführer des Unternehmensverbands Hafen Hamburg (UVHH).
Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts
Die Grünen versuchen, diese Sorge zu zerstreuen. Sie verweisen immer wieder darauf, dass das Verfahren vor Gericht liegt, und eine politische Entscheidung eines gemeinsamen Senats zur Elbvertiefung gar nicht ansteht. Dennoch sehen die Hafenfirmen die Gefahr, dass die Grünen das Verfahren weiter verzögern könnten.
Auslöser ist der Beschluss, mit dem das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig das Verfahren im vergangenen Oktober an den Europäischen Gerichtshof weitergereicht hat. In dem Beschluss stellen die Richter zwar fest, dass es keine Gründe gäbe, das Planfeststellungsverfahren komplett aufzuheben, gleichswohl fordert das Gericht Planergänzungen, die derzeit von den zuständigen Behörden erarbeitet werden. Dazu muss die Hamburger Umweltbehörde eine Stellungnahme abgeben.
Und genau hier setzt die Sorge der Hafenunternehmen an: Würde diese Behörde künftig von einem Senator der Grünen geführt, könnte er mit seiner Stellungnahme die Entscheidung über die Elbvertiefung weiter verzögern.
Der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer, Hans-Jörg Schmidt-Trenz geht noch weiter: „Wenn die Genehmigung dann durch ist, wollen wir auch sichergestellt sehen, dass die Umsetzung der Fahrrinnenanpassung schnellstmöglich geschieht“. Auch bei der Flächenvorhaltung im Rahmen des Hafenentwicklungsplans dürfe es aus seiner Sicht keine Abstriche geben. Gleiches gelte für die Entwicklung des Flughafens, etwa durch zusätzliche Lärmbeschränkungen, die die Grünen fordern könnten.
Handwerksbetriebe sorgen sich um Flächen
Im Sinne des Einzelhandels müsse der Bürgermeister seiner eigenen Aussage treu bleiben, dass es keine City-Maut und keine Umweltzone in Hamburg geben wird, so Schmidt-Trenz. „Außerdem werden wir sehr genau darauf achten, dass die Zusage des Senats, jedes Jahr 100 Hektar an Gewerbeflächen bereit zu halten, substanziell eingehalten wird“, so der Kammer-Chef. Das werde nicht ohne Neuausweisungen gehen.
Auch Hamburg Handwerksbetriebe sorgen sich um ausreichend Flächen für das Handwerk, und so fordern sie, dass SPD und Grüne eine Fortführung des Masterplans Handwerk beschließen: „Dieser Prozess muss fortgesetzt werden, damit sich die Rahmenbedingungen für das Handwerk nicht verschlechtern“, sagte eine Sprecherin der Handwerkskammer.
Dem Unternehmensverband Nord ist wiederum der Einfluss der Grünen auf die Verkehrspolitik ein Dorn im Auge: „Es darf keine Rolle rückwärts geben in der Verkehrspolitik“, sagte Verbandspräsident Uli Wachholtz. „Der ideologische Wunsch der Grünen nach einer Stadtbahn ist wenig zielführend. Und wir brauchen die Hafenquerspange genauso dringend wie Verbesserungen der Hinterlandanbindungen des Hafens“, so Wachholtz.
Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Nordmetall und Geschäftsführender Vorstand des Allgemeinen Arbeitgeberverbands (AGV) Norddeutschland formuliert seine Forderung allgemeiner: „Ich habe schon am Wahlabend gesagt: Scholz‘ Zusicherung, die SPD werde niemanden in Hamburg enttäuschen, ist eine weitreichende Selbstverpflichtung. Wir erwarten auch künftig eine Politik, die unsere Industrie als Herz der Wirtschaft stärkt und nicht aus der olympiareifen Metropole mit Weltstadtanspruch eine fortschrittskritische Laubenkolonie macht.“