Hamburg. Reeder Hermann Ebel sieht eine deutliche Besserung der Lage. Die HSH Nordbank vergibt wieder mehr Schiffskredite für Neubauten.

Nervös wirkte Hermann Ebel in den langen Jahren der Schifffahrtskrise nach außen hin nie. Es sei ja schon seine achte Krise seit Beginn der 80er-Jahre, pflegt er zu sagen. Auch dieser Tage macht der Hamburger Reeder einen gelassenen Eindruck. Aber die Fakten, die er vorträgt und die er mit Statistiken internationaler Branchendienste unterlegt, vermitteln ein ganz anderes Bild der Schifffahrt als noch Anfang 2014. „Im siebten Jahr wird die Krise ein Ende finden“, sagt Ebel. Das wäre in diesem Jahr.

Vor allem bei kleineren und mittelgroßen Schiffen seien die Überkapazitäten der vergangenen Jahre endlich abgebaut, sagt Ebel, der genau solche Schiffe an Linienreedereien in aller Welt vermietet, sogenannte Panamax-Frachter mit einer Kapazität von rund 5000 Containereinheiten (TEU). Schiffe dieser Größenklasse waren jahrelang die wichtigsten Lastenträger des Welthandels, weil sie mit ihrer Länge und Breite noch durch den Panamakanal in seiner alten Form passen und damit alle Kontinente beim Warentransport auf kurzem Weg verbinden können. „Nur ein einziges Panamax-Schiff liegt derzeit noch ohne Ladung auf, Anfang 2014 waren es hingegen 52“, sagt Ebel.

Insgesamt ist die Zahl der sogenannten Aufliegerschiffe deutlich gesunken: 93 Containerfrachter verschiedener Größen mit insgesamt rund 200.000 TEU Ladekapazität zählte der Fachdienst Alphaliner Anfang Februar. Auf dem Höhepunkt der Schifffahrtskrise im Januar 2010 lagen 580 Containerfrachter auf, eine ungenutzte Ladekapazität von seinerzeit insgesamt rund 1,5 Millionen TEU. Noch bis zum Frühjahr 2014 folgten auf den Abbau von Überkapazitäten immer wieder starke Steigerungen. Doch nun scheint sich der Markt zu stabilisieren, wie auch die Auftragsbestände der Werften zeigen: „Bei den kleinen und mittelgroßen Schiffen bis zu 7500 TEU werden die Zahl der Einheiten und die Transportkapazitäten bis 2018 aus heutiger Sicht kaum noch wachsen“, sagt Ebel.

Dennoch werden auch in den kommenden Jahren Schiffskredite zur Erneuerung der Flotte benötigt. Die HSH Nordbank in Hamburg steigerte ihr Neugeschäft in diesem Bereich im Jahr 2014 auf rund 1,4 Milliarden Euro, 2013 waren es rund 950 Millionen Euro. Das teilte die Bank am Dienstag mit. Jahrelang stand das Schifffahrtsgeschäft des in diesem Segment weltweit führenden Instituts im Zeichen von Schrumpfung und Auslagerung. Nun zeigt auch der Markt für Schiffsfinanzierungen Zeichen der Normalisierung. Die HSH Nordbank verzeichnet wachsende Schifffahrtsaktivitäten vor allem bei asiatischen Geldinstituten.

Denn der innerasiatische Transportmarkt ist einer der Wachstumstreiber der Schifffahrtsbranche. Besonders stark trägt zum Aufschwung allerdings ein Kontinent bei, der vom wachsenden Welthandel lange Zeit weitgehend isoliert schien. „Das Ladungsaufkommen am afrikanischen Kontinent hat dramatisch zugenommen“, sagt Ebel. „Die Chinesen haben dort sehr moderne Häfen gebaut, in denen man Schiffe – etwa Containerfrachter – mittlerweile auch ohne Ladegeschirre einsetzen kann.“ Neun Prozent Wachstum beim Containerimport und sieben Prozent im Export verzeichnete Afrika für 2014. Der gesamte globale Containerumschlag wuchs im vergangenen Jahr hingegen nur um sechs Prozent.

Der afrikanische Markt hilft der Schifffahrt in aller Breite. Vor allem China importiert aus Afrika mit Tankern und Massengutfrachtern Rohstoffe und Agrargüter und baut dafür in verschiedenen afrikanischen Ländern Infrastruktur wie Straßen oder Schienen auf. Containerschiffe bringen wachsende Mengen Industrie- und Konsumgüter nach Afrika hinein. Die deutschen Charterreeder, die vor allem Containerschiffe mit 5000 und weniger TEU Transportkapazität vermieten, profitieren besonders stark von der guten Auslastung der kleineren Einheiten, nicht nur in Afrika, auch im innerasiatischen Handel. „Obendrein werden vor allem besonders viele kleinere Containerschiffe von 1700 bis 1800 TEU derzeit verschrottet, weil sich dort oft eine neue Klassifizierung – der sogenannte Schiffs-TÜV – nicht mehr lohnt“, sagt Ebel. „Auch das entlastet den Markt.“ Eine Sonderkonjunktur erleben zudem gerade jene Reedereien, die Tanker betreiben – wegen der niedrigen Ölpreise und der Spekulation auf steigende Kurse wurden zuletzt etliche Tanker weltweit als schwimmende Zwischenlager für Rohöl gechartert.

Auch Ebels Firmengruppe Hansa Treuhand, die Schiffe finanziert und bereedert, hat in den vergangenen Jahren Rückschläge erlitten. Seit 2008 schrumpfte die Flotte in der Regie der Hamburger Reederei von 85 auf 60 Einheiten. Einige davon konnte Ebel zu günstigen Konditionen in die Verschrottung geben, bei anderen wiederum den Verkauf durch die Banken nicht verhindern. Anders als manch anderer Hamburger Schiffsvermieter allerdings hat Ebel, der in seinem vierten Jahrzehnt als Reeder steht, die Aufs und Abs der vergangenen Jahre nicht beschönigt, sie stets so offen beschrieben, wie es das Geschäft erlaubt. Deshalb wirkt auch sein Optimismus glaubwürdig. „Wir sehen bei vielen Linienreedereien wieder den Wunsch zum Abschluss längerer Laufzeiten für Charterverträge“, sagt er. „In einem deutlich anziehenden Markt ist uns das natürlich nicht unbedingt recht.“