Die Commerzbank-Tochter Deutsche Schiffsbank AG bearbeitet mit 200 Mitarbeitern in Hamburg ihr schrumpfendes Geschäft. Die Branche rechnet nicht damit, dass die Krise im nächsten Jahr zu Ende geht.

Hamburg. Stefan Otto ist ein Abwickler. Der 42-jährige Commerzbank-Manager hat von seinem Vorstand den Auftrag erhalten, die Schiffskredite auf Null zu bringen. Gegenwärtig verwaltet Otto noch Kredite mit einem Gesamtvolumen von mehr als 18 Milliarden Euro. Ende 2016 sollen es noch 14 Milliarden Euro sein. „Und am Ende muss da eine Null stehen, das ist völlig klar“, sagt der Bereichsvorstand für die Schifffahrt. Doch das kann noch dauern.

Die Commerzbank-Tochter Deutsche Schiffsbank AG gehörte mit einem Kreditvolumen von mehr als 21 Milliarden Euro einmal zu den größten Schiffsfinanzierern der Welt. Inzwischen ist die Deutsche Schiffsbank auf die Commerzbank verschmolzen und bearbeitet mit 200 Mitarbeitern in Hamburg ihr schrumpfendes Geschäft. „Wir bemühen uns, diese erfahrenen Kräfte an Bord zu halten und an die Bank zu binden“, sagt Otto.

Die Welt der Schiffsbanken hat sich in den vergangenen Jahren radikal geändert. Nach jahrzehntelangem Boom ist die Schifffahrt in eine hartnäckige Krise geraten. Überkapazitäten drücken auf den Markt, die Fracht- und Charterraten bewegen sich in einem Dauertief. Viele Schiffe können Zins und Tilgung nicht mehr erwirtschaften.

Die Schiffsbanken müssen also hohe Risikovorsorge treiben. Bei der HSH Nordbank ist rund die Hälfte des Schiffskreditbestands von 27 Milliarden Euro nicht gesund. Die NordLB, die rund 18 Milliarden Euro an den Sektor verliehen hat, musste im ersten Quartal ihre Risikovorsorge im Kreditgeschäft weiter aufstocken und schreibt rote Zahlen. Die Branche rechnet nicht damit, dass die Schifffahrtskrise im nächsten Jahr zu Ende geht, allenfalls im übernächsten.

In dieser Lage steuern die Schiffsbanken einen behutsamen Kurs. „Wir wollen uns nicht möglichst schnell, sondern möglichst wertschonend zurückziehen“, sagt Otto. Die Commerzbank will deshalb vorübergehend sogar einige Schiffe über eine Tochtergesellschaft in die eigene Bilanz nehmen und von externen Experten betreiben lassen, um sie nicht verkaufen zu müssen. Denn auch die Preise für gebrauchte Schiffe haben einen Tiefpunkt erreicht. „Das werden aber nur einige wenige zukunftsfähige Schiffe sein“, sagte der Chef der Sparte.

Auch die HSH Nordbank, immer noch größter Schiffsfinanzierer weltweit, hat vor einigen Wochen ein Modell vorgestellt, das den billigen Verkauf von Schiffen vermeidet. „Ich möchte nicht als Idiot dastehen und Schiffe in der Krise zum Tiefstpreis verkaufen“, sagte der Generalbevollmächtigte Wolfgang Topp. Das komplexe Modell stelle sicher, dass die Bank von einer möglichen Erholung der Schifffahrtsmärkte von 2015 an profitiere.

Wie sich die deutschen Reeder künftig mit Eigen- und Fremdkapital versorgen wollen, ist die spannendste Frage in der Branche. Die Hamburger Rickmers-Gruppe hat gerade eine Unternehmensanleihe über bis zu 200 Millionen Euro aufgelegt und zahlt dafür knapp neun Prozent Zinsen. Dieser Weg dürfte nicht allen Reedereien offen stehen; viele sind auf den Gang an den Kapitalmarkt nicht vorbereitet. Die meisten Experten rechnen deshalb mit einer Konsolidierung, bei der kleinere Unternehmen aus dem Markt ausscheiden. Die deutsche Handelsflotte von rund 3800 Schiffen, die drittgrößte der Welt, könnte in den nächsten Jahren schrumpfen.