Europachef versichert: Staatskonzern wird Pflicht zum Abriss und zur Entsorgung von Atomkraftwerken nachkommen. Unter dem Druck der Energiewende befinden sich viele Versorger in Deutschland im Umbruch.
Hamburg/Düsseldorf. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall treibt den Verkauf seiner deutschen Braunkohlegeschäfte voran. „Wir haben ja mit dem Prozess angefangen“, sagte Europachef Tuomo Hatakka in Düsseldorf. „Ich hoffe, dass wir zügig Klarheit haben.“ Die Schweden hatten Ende Oktober angekündigt, für den Tagebau in Ostdeutschland und die Braunkohlekraftwerke einen neuen Eigentümer zu suchen.
Hatakka wies Befürchtungen zurück, der Konzern könne danach nicht mehr genügend Mittel für den Abriss und die Müllentsorgung seiner stillgelegten Atomkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel aufbringen. „Um diesen Rückbau zu realisieren, haben wir Rückstellungen gebildet.“ In Hamburg nimmt Vattenfall Ende Dezember eines der größten europäischen Steinkohlekraftwerke in Betrieb. Das Werk Moorburg wird künftig die Stromgrundlast in Hamburg weitgehend decken.
Er wolle nicht darüber spekulieren, bis wann der Verkauf der deutschen Braunkohleaktivitäten abgeschlossen sein werde, sagte Hatakka. Vattenfall hatte die Pläne erst Ende Oktober angekündigt, sodass das Verfahren noch am Anfang stehen dürfte. Die Schweden wollen sich stärker auf das Geschäft mit Ökostrom konzentrieren und den mit der Braunkohleverstromung verbundenen Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids senken. Vattenfall beschäftigt in der Förderung und Verstromung von Braunkohle in Deutschland mehr als 8000 Mitarbeiter. Der Großteil des Geschäfts befindet sich in Brandenburg und Sachsen.
Interesse hat bereits der tschechische Versorger EPH angemeldet, der mit seiner Tochter Mibrag Braunkohle in Ostdeutschland fördert und Strom erzeugt. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte von Insidern erfahren, dass auch Finanzinvestoren wie KKR, Blackstone und CVC ein Auge auf die Vattenfall-Geschäfte werfen könnten, deren Wert auf zwei bis drei Milliarden Euro geschätzt wird. Vattenfall habe der Citibank das Mandat für den Verkauf erteilt.
Unter dem Druck der Energiewende befinden sich viele Versorger in Deutschland im Umbruch. Branchenprimus E.on will 2016 sein Kraftwerksgeschäft abspalten und sich auf Ökostrom konzentrieren, RWE kämpft mit Gewinneinbrüchen. Vattenfall will in Deutschland künftig weitere Windkraftanlagen betreiben und das Geschäft mit seinen über drei Millionen Strom- und Gaskunden ausbauen.
Europachef Hatakka betonte, dass der Konzern auch nach einem Verkauf der Braunkohle seinen Verpflichtungen zum Abriss und der Entsorgung der Atomkraftwerke nachkommen werde. Dabei verlasse sich der Konzern nicht nur auf Geldanlagen, sondern auch auf das laufende Geschäft. „Wir haben genügend Cashflow, um die Rückstellungen zu finanzieren. Und darum geht es. Es geht nicht darum, wie viele Assets wir in der Bilanz haben. Es geht darum, wie viel Cashflow generieren wir. Und den Cashflow haben wir.“
Die Bundesregierung hat angekündigt, die Rückstellungen genauer unter die Lupe zu nehmen. Sie will damit sicherstellen, dass die teilweise in Kraftwerken und Netzgeschäften gebundenen Mittel tatsächlich auch verfügbar sind. Die vier AKW-Konzerne in Deutschland – E.on, RWE, EnBW und Vattenfall – haben Rückstellungen in Höhe von 36 Milliarden Euro gebildet. Hatakka bezifferte die Gesamtsumme für Krümmel und Brunsbüttel auf 4,6 Milliarden Euro.