Es gibt auch Profiteure des Lokführer-Arbeitskampfes: Fernbuslinien stocken die Kapazitäten auf, Carsharing-Anbieter machen deutlich mehr Umsatz. Der Mietpreis habe sich verdoppelt.

Hamburg. Wie Tausende anderer Hamburger hatte Dieter Carstens *) für das kommende Wochenende eine Bahnreise geplant.

Als er von dem bevorstehenden Lokführerstreik hörte, beschloss er, für sich und seine Lebensgefährtin bei einem der größten deutschen Autovermieter einen Wagen zu buchen, denn diesen Anbieter hat er schon häufig genutzt.

„Bei der Internetrecherche wurden wir jedoch böse überrascht“, so Carstens: Der Mietpreis habe sich im Vergleich zum gewohnten Niveau verdoppelt. Weil es bei anderen Mietwagenfirmen ähnlich aussah, sagte Carstens die Reise ab: „Dieses Preisdiktat werden wir nicht mitmachen.“

Das Abendblatt fragte bei Unternehmen nach, die von dem Bahnstreik profitieren:

Autovermieter

Dass Mietwagenanbieter den Lokführerstreik auch für Preiserhöhungen nutzen, wird von diesen nicht bestritten: „Unsere Preise werden regelmäßig wöchentlich an die Nachfrage angepasst“, sagt Julia Petz, Sprecherin von Europcar. „Dadurch ist es möglich, dass die Preise an den Streiktagen höher sind als zu anderen Zeiten.“ Man stelle derzeit für die vom Bahnstreik betroffenen Tage eine verstärkte Nachfrage fest. „Vereinzelt gibt es Stationen, an denen keine Fahrzeuge mehr frei sind“, so Petz. „Unsere Disposition ist aber bemüht, weitere Fahrzeuge an Stationen mit besonders starker Nachfrage in Ballungsräumen zur Verfügung zu stellen.“

Carsharing-Anbieter

„Bei Warnstreiks oder Streiks der Bahn und des öffentlichen Nahverkehrs steigt die Zahl der Fahrzeugbuchungen um 25 bis 50 Prozent“, sagt Aurika von Naumann, Sprecherin bei der Münchner Firma DriveNow, hinter der BMW und Sixt stehen. In solchen Phasen nähmen auch die Registrierungsanträge von Neukunden spürbar zu. Derzeit hat DriveNow 350.000 registrierte Kunden.

Allerdings ist auch die Bahn selbst auf diesem Feld tätig: Über eine Tochtergesellschaft gehört ihr der Carsharing-Anbieter Flinkster mit bundesweit mehr als 800 Stationen.

Fernbuslinien

„Wir verzeichnen bis zu sechsmal mehr Zugriffe auf unsere Internetseite, und wir rechnen mit vervierfachten Buchungszahlen durch den Streik, vor allem in Großstädten wie Hamburg“, sagt Marie Gloystein, Sprecherin bei MeinFernbus, nach eigenen Angaben der größte Anbieter am Markt. Die 308 bisher eingesetzten Busse reichen nicht, um die stark erhöhte Nachfrage an den Tagen, an denen die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) den Bahnverkehr lahmlegt, befriedigen zu können: „Derzeit versuchen wir mit Hochdruck, weitere Busse hinzuzumieten.“ Während der reguläre Fahrplan täglich bis zu 500 Fahrten vorsehe, sollen es an den Streiktagen bis zu 100 zusätzliche Fahrten sein.

Beim Wettbewerber FlixBus gehen ebenfalls weitaus mehr Anfragen ein als üblich. „Bei uns ist die Hölle los“, sagt Firmensprecherin Bettina Engert. Beim vorigen Bahnstreik sei es FlixBus gelungen, trotz der damals sehr kurzen Vorlaufzeit 30 Prozent mehr Sitzplätze zur Verfügung zu stellen, diesmal soll diese Steigerung noch deutlich übertroffen werden: „Wir werden Doppeldeckerbusse einsetzen oder auf den Strecken mehrere Busse gleichzeitig abfahren lassen.“

Auch in diesem Geschäft ist die Deutsche Bahn selbst aktiv. Der Anbieter IC Bus bedient mehrere Routen in West- und Süddeutschland, in Hamburg fährt die DB-Beteiligung Berlin Linien Bus.

Private Eisenbahnunternehmen

Etliche Bahnreisende dürften auf den Anbieter Metronom mit Routen nach Cuxhaven, Bremen und Göttingen ausweichen: „Aus Erfahrung wissen wir, dass in solchen Streiksituationen das Mehraufkommen an Fahrgästen bei uns im Schnitt etwa 20 bis 30 Prozent beträgt“, sagt Metronomsprecher Björn Pamperin. Auf manchen Strecken seien die Züge dann „schon sehr voll“, aber die Kapazitäten seien ausreichend. Zur Unterstützung der vom GDL-Streikaufruf betroffenen Fahrgäste halten die Metronom-Züge von Donnerstag bis Sonntag auch an den S-Bahn-Haltestellen Neugraben sowie Fischbek und Neu Wulmstorf. Allerdings sollten sich die Fahrgäste auf „vereinzelte, leichte Verspätungen“ einstellen, weil der gesamte Bahnverkehr durch den Streik beeinträchtigt werden könne. Alle gültigen Fahrkarten der Deutschen Bahn würden von Metronom anerkannt.

Während des GDL-Streiks wird der Hamburg-Köln-Express (HKX) mit längeren Zügen fahren. „Wir werden am Wochenende unsere Kapazitäten erhöhen, um möglichst vielen Fahrgästen eine Alternative zu bieten“, sagt HKX-Geschäftsführer Carsten Carstensen. „Die Nachfrage ist hoch.“ Wie Metronom weist auch HKX darauf hin, dass es wegen bestreikter DB-Züge, die die Gleise blockieren, zu Verspätungen kommen kann.

Auch andere Bahnwettbewerber werden während des GDL-Streiks fahren, zum Beispiel die Nord-Ostsee-Bahn auf der Route von Hamburg-Altona nach Westerland (Sylt).

*) Name von der Redaktion geändert