Frankreichs Premier Valls stritt mit Kanzlerin Merkel und trug sich dann in Hamburg ins Goldene Buch ein. Während seines Airbus-Besuches gab es spektakuläre Nachrichten zu verkünden.
Hamburg/Berlin. Was für ein Tag für den recht neuen französischen Premierminister Manuel Valls in Berlin und Hamburg! In der Hauptstadt redete er angeregt, man könnte auch sagen: stritt er mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über französische, deutsche und europäische Wirtschaftspolitik. Dann flog er nach Hamburg, die vermutlich französischste Stadt Deutschlands, die Napoleon einst besetzte und die heute mit dem Flugzeugbauer Airbus einen der Motoren der europäischen Wirtschaft beherbergt. Schließlich durfte sich Valls ins Goldene Buch der Stadt bei Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) eintragen. Für den Franzosen ein politischer Parforceritt binnen weniger als zwölf Stunden.
Denn Angela Merkel wird in Frankreich gerne „Madame Non“ genannt. Das liegt an ihrem Nein zur Aufweichung der europäischen Stabilitäts- und Wachstumskriterien, gegen die Deutschland zu Zeiten ihres Vorgängers Gerhard Schröder (SPD) selbst verstoßen hatte. Nun hat sie in Paris einen Gegenpart: „Monsieur Non“. Denn Frankreichs neuer Regierungschef Manuel Valls machte klar, dass die „Grande Nation“ nicht mehr als 50 Milliarden Euro bis 2017 einsparen kann und erneut Aufschub zur Erfüllung des Maastricht-Vertrages braucht.
„Können wir mehr tun? Nein. Nein!“, hatte er schon vor seinem Antrittsbesuch bei Merkel am Montag in Berlin verkündet. Und nach dem Treffen sieht es nicht so aus, als hätte er seine Meinung geändert.
Merkel will kein Wachstum auf Pump und erwartet von klammen Ländern harte Reformen. Valls räumt selbstkritisch ein: „Wir haben uns abhängen lassen, was die Wettbewerbsfähigkeit betrifft.“ Mit Blick auf Merkel, die lange mehr Wert auf Stabilität in Europa als auf Wachstum gelegt hat, sagte er: „Deutschland ist schuld? Das ist falsch.“ Aber: „Die Franzosen werden Deutschland mögen, wenn es sich für das Wachstum in Europa einsetzt.“
Später landete Valls direkt bei Airbus in Finkenwerder. Dort starten unter anderem die fertigen Super-Jumbos A380 zu ihren Airlines in die Welt. In Hamburg besichtigte Valls zusammen mit Bürgermeister Scholz das Werk. Im Fokus stand ein A380 für die Fluggesellschaft Emirates.
Dabei stehen außerdem zwei Megaprojekte bei Airbus im Fokus, wie am Montag bekannt wurde. Zum einen wird der schon vorab gefeierte Spar-Jet A320Neo als Mittelstreckenflieger in dieser Woche zu seinem ersten Testflug starten. Geplant sei der Flug für Donnerstagvormittag, wenn das Wetter dies zulasse, sagte ein Konzernsprecher in Paris. Der A320Neo ist der neu motorisierte Nachfolger des A320Ceo – das Neo steht für „new engine option“, also für neue Triebwerke. Weil auch die Aerodynamik verbessert wurde, soll der A320Neo 15 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen als sein Vorgänger. Vom Airbus A320Neo wurden bereits mehr als 3250 Exemplare bestellt. Er soll Ende 2015 in Dienst gestellt werden.
Zum anderen gibt es ein neues Concorde-Projekt. Die Airbus Group beteiligt sich an der Entwicklung eines Überschall-Flugzeugs für Geschäftsreisende. Dafür will der Konzern mit der US-amerikanischen Aerion Corporation zusammenarbeiten. Bis 2021 soll nach Angaben vom Montag die Aerion AS2 zertifiziert werden.
Aerion sieht laut Vorstandschef Robert Bass in der Kooperation einen „gewaltigen Schritt nach vorn“. Die Airbus Group will über ihre Rüstung- und Raumfahrtsparte Defense and Space zum Beispiel technische Führungskräfte zu Aerion nach Reno im US-Bundesstaat Nevada entsenden. Im Gegenzug soll Aerion der Airbus Group eigene Technologien für die Entwicklung für Hochleistungsflugzeuge zur Verfügung stellen.
In den USA arbeitet Spike Aerospace ebenfalls an einem Überschall-Passagierjet, der Supersonic Spike S-512. Das Flugzeug für 18 Passagiere könnte 2018 erstmals abheben. Die Flugzeit zwischen der US-Ostküste und Europa könnte sich damit auf drei bis vier Stunden verkürzen, statt bisher sechs bis sieben Stunden.
Der französische Airbus-Vorläufer Aérospatiale hatte auch die Concorde mitentwickelt. Die teure, laute und verlustreiche Überschallmaschine flog bis 2003 im Linienverkehr. Beim Absturz einer Concorde im Juli 2000 kamen 113 Menschen ums Leben.