René Benko übernimmt bundesweit alle 83 Filialen. In der Hansestadt sind sieben Standorte betroffen. Der ehemalige Karstadt-Retter Nicolas Berggruen bezeichnet die Übernahme als einen „Neuanfang“.
Hamburg. Nach dem Hamburger Alsterhaus und den Karstadt-Sports-Filialen kauft der österreichische Immobilieninvestor René Benko nun auch noch die übrigen sieben Warenhäuser des Unternehmens in der Hansestadt. Der Österreicher übernimmt Anfang kommender Woche die Kontrolle über die bundesweit 83 Filialen der traditionsreichen, aber sanierungsreifen Kaufhauskette.
Der vor vier Jahren als Karstadt-Retter angetretene Nicolas Berggruen gibt auch seine verbleibenden Anteile an den Karstadt-Premiumkaufhäusern – darunter das Alsterhaus – und Karstadt Sports an Benkos Signa Holding ab. Der Kaufpreis beträgt gerade einmal einen Euro.
Berggruen war lange kritisiert worden, zu wenig Geld in eine Neuausrichtung von Karstadt zu investieren. Der Deutschamerikaner, der Karstadt 2010 ebenfalls für den symbolischen Preis von einem Euro aus der Insolvenz übernommen hatte, will sich komplett aus dem Unternehmen zurückziehen. Der Finanzinvestor betonte, trotz aller Bemühungen sei es ihm nicht gelungen, Karstadt nach der Übernahme aus den roten Zahlen zu führen. „Wir machen daher den Weg frei für einen Neuanfang mit einem neuen Eigentümer“, sagte er.
Arbeitnehmervertreter hielten Berggruen zum Abschied in deutlichen Worten Versäumnisse vor. „Er hat sehr viel versprochen und nichts gehalten“, sagte der Hamburger Fachbereichsleiter der Gewerkschaft Ver.di, Arno Peukes, dem Abendblatt, der auch im Aufsichtsrat des Unternehmens sitzt. „Ihm weint sicher kaum ein Mitarbeiter auch nur eine Träne nach.“ Statt in Karstadt zu investieren, habe Berggruen mehr als 2000 Arbeitsplätze vernichtet und Kapital aus dem Unternehmen gezogen.
Der neue Eigentümer Signa hat nach Darstellung der Berggruen Holdings bislang bereits rund 200 Millionen Euro in Karstadt investiert und damit ein klares Bekenntnis zur Zukunft des Unternehmens abgelegt. Der Geschäftsführer der Signa Retail GmbH, Wolfram Keil, sagte, angesichts des bisherigen Engagements sei die komplette Übernahme der Karstadt Warenhaus GmbH in der aktuellen Lage die „logische Konsequenz“. Das Bundeskartellamt muss dem Deal allerdings noch zustimmen.
Wichtigstes Ziel sei es jetzt, dass im Warenhauskonzern Ruhe einkehre und die nächsten Schritte einer tragfähigen Sanierungsstrategie zügig beraten, verabschiedet und umgesetzt würden. Karstadt müsse „raus aus den Medien und der zermürbenden öffentlichen Diskussion“, erklärte Keil.
Der Gesamtbetriebsrat hofft, dass der neue Eigentümer die Arbeitnehmervertreter in die Sanierung einbindet. Man habe Vorschläge für die künftige Strategie des Konzerns, sagte Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt. Die Warenhauskette hat derzeit noch rund 17.000 Beschäftigte, 1500 davon in Hamburg. Karstadt steckt seit Langem in einer Krise. Die neue Chefin Eva-Lotta Sjöstedt, die als große Hoffnungsträgerin galt, hatte Anfang Juli nach weniger als fünf Monaten ihren Platz geräumt. Sie sehe keine Basis mehr für den von ihr angestrebten Sanierungsprozess, hatte die Schwedin erklärt. In der kommenden Woche wollte der Aufsichtsrat ursprünglich über einen Sanierungsplan beraten, der nach den Worten der Führung „keine Tabus“ mehr kennen sollte.