Bei der Versammlung in den Messehallen werden am Dienstag mehr als 10.000 Gläubiger erwartet, die über den Entwurf eines Sanierungskonzepts für das zahlungsunfähige Windenergieunternehmen abstimmen sollen.

Hamburg. Die mit harten Bandagen geführte Auseinandersetzung um die Zukunft der zahlungsunfähigen Windkraft-Firma Prokon geht am Dienstag in die entscheidende Runde: Bei einer großen Gläubigerversammlung in den Hamburger Messehallen will Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin seinen Sanierungsplan zur Abstimmung stellen. Dagegen setzt sich der umstrittene Unternehmensgründer und bisherige Prokon-Gesellschafter Carsten Rodbertus zur Wehr.

Zur Versammlung, die das Amtsgericht Itzehoe anberaumt hat, dürften in der Messehalle mehr als 10.000 Gläubiger Platz finden. „Bei der Versammlung gelten die gleichen Spielregeln wie vor Gericht“, sagte eine Gerichtssprecherin am Montag. Wie viele Gläubiger zur Versammlung kommen werden, ist offen. Die Teilnehmer sollen dem Insolvenzverwalter den Auftrag erteilen, den Sanierungsplan weiter auszuarbeiten.

Seit Wochen sammeln Rodbertus und seine Unterstützer Vollmachten von Anlegern ein, um deren Stimmrechte auf sich zu vereinen. Sie wollen die Mehrheit, um Penzlin während der Versammlung abzuwählen und die Zukunft der Firma nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Dazu schüren sie systematisch Ängste vor einer angeblich geplanten „Zerschlagung“ Prokons und dem Verlust von Vermögen. Der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter und Anlegerschützer sind von den Kontaktversuchen per Mail oder Telefon entsetzt und warnen vor dem Gründer, gegen den inzwischen die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Prokon hatte Anfang des Jahres einen Insolvenzantrag gestellt, das entsprechende Verfahren eröffnete das Landgericht Itzehoe Anfang Mai. Auf Interesse stößt der Fall des relativ kleinen Windparkplaners und -betreibers vor allem, weil er sich unter Rodbertus über sogenannte Genussrechte finanzierte, die mit Zinsversprechen von bis zu acht Prozent pro Jahr beworben wurden. 75.000 Anleger investierten 1,4 Milliarden Euro, wobei sie nur nachrangige Forderungen erwarben. Pleitebedingt müssen sie um ihr Geld bangen.

Zwielichtiges Geschäftsgebahren

Das Geschäftsgebaren von Rodbertus steht inzwischen im Zwielicht. Die Staatsanwaltschaft in Lübeck ermittelt unter anderem wegen Insolvenzverschleppung, nach ergänzenden Angaben von Penzlin außerdem wegen Bilanzierungsvergehen sowie des Verdachts des Betrugs und der Untreue in jeweils besonders schweren Fällen. Das gesamte Finanzkonzept könne ein betrügerisches Schneeballsystem gewesen sein, erklärte dieser weiter.

Penzlin kündigte außerdem an, noch in diesem Jahr eine Schadenersatzklage gegen Rodbertus anzustrengen. „Die Unternehmensführung des Herrn Rodbertus hat bei den Gläubigern bisher Schäden in einer Größenordnung von mehr als einer halben Milliarde Euro verursacht“, teilte er mit. Sein Insolvenzplan sieht darüber hinaus vor, dass der Ex-Chef künftig kein Gesellschafter von Prokon mehr ist und dessen Firmen-Anteile wenigstens zum Teil auf die Genussrechte-Inhaber übergehen sollen.

Verärgerung über „schlechten Scherz“

Auch Anlegervertreter halten die Vorstellung, dass Rodbertus die Geschicke der unter seiner Leitung in die Pleite gerutschten Firma weiter lenken könnte, für einen schlechten Scherz. Das sei „absurd“, erklärte die an der Erarbeitung des Insolvenzplans beteiligte Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Penzlin warf Rodbertus vor, Anleger zu täuschen. Dessen angebliches Konzept suggeriere, er werde alle offenen Genussrechtsforderungen nach längstens fünf Jahren zu 90 bis 100 Prozent begleichen können. Tatsächlich aber seien Rodbertus Behauptungen zur Ertragsfähigkeit von Prokon lediglich „reine Phantasiezahlen ohne Bezug zur Realität“, die Versprechungen so unseriös wie frühere: „Das Ergebnis ist bekannt. Prokon ist jetzt insolvent.“

Rodbertus wies die Vorwürfe in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung zurück. Er setze sich für „einen Erhalt der ideellen und wirtschaftlichen Werte von Prokon“ ein. Penzlin warf er vor, aus eigennützigen finanziellen Interessen zu agieren. Zu den Vorwürfen strafrechtlicher Verfehlungen und den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft äußerte sich Rodbertus inhaltlich nicht. Er schrieb von einer Art Diffamierungskampagne.

Rückführung auf Kerngeschäft?

Penzlin und seine Verbündeten bei den Anlegerschützern setzen darauf, das strauchelnde Unternehmen auf sein Kerngeschäft zurückzuführen – die Planung und den Betrieb von Windparks. Außerdem wird der Einstieg eines „strategischen Investors“ geprüft. Die Inhaber der Genussrechte können sich weiter beteiligen. Ein Teil der Genussrechte soll aber in handelbare Anleihen umgewandelt werden, um Ausstiegswillige auszuzahlen.

Sie hoffen, die Mehrheit der Anleger mit ihrem Konzept zu überzeugen. Rodbertus hat seiner eigenen Mitteilung zufolge mehr als 15.000 Investoren auf seiner Seite.