Hamburger Sporthändler freuen sich über Rekordabsatz von WM-Trikots. Preiswettbewerb zwischen Online-Händlern und stationären Läden führt erstmals schon während der Weltmeisterschaft zu Reduzierungen bei Trikots.
Hamburg Michael Malbranc zeigt auf den Ständer mit den Deutschland-Trikots. „Die laufen jetzt super“, sagt der Sporthändler am Mundsburger Damm. Und schon schellt die Türklingel, der nächste Kunde kommt herein und geht mit dem schwarz-weißen Trikot direkt zur Kasse. Der Schlüssel des Erfolgs: „Es kommt nicht auf den Sieg an, sondern vor allem darauf, wie die Mannschaft gespielt hat“, sagt der Geschäftsführer von Sport Duwe. „Nur wenn die Leute guten Fußball sehen, steigt die Stimmung, und dann kaufen sie auch die Trikots“, weiß Malbranc, der kein Unbekannter im Profisport ist. Früher hat der Hamburger als Schiedsrichter Bundesligaspiele gepfiffen, bevor er Anfang der 80er-Jahre den Fanshop auf der Uhlenhorst eröffnete.
Nach einer Abendblatt-Umfrage unter den Sporthändlern in der Stadt sind die Kaufleute mit dem Absatz der Trikots, Bälle und Fahnen sehr zufrieden. „Es läuft sogar besser als bei der WM in Deutschland 2006“, sagt ein Verkäufer bei Karstadt Sport. Auch die Intersport-Gruppe freut sich über eine hohe Nachfrage. Im Juni sei der Umsatz zum Vorjahr mehr als verdoppelt worden: „Trikots, Bälle und Fanartikel haben sich überproportional gut verkauft“, sagte Vorstand Klaus Jost.
Der glücklichste Gewinner im Geschäft mit dem Fußball heißt in diesen Tagen allerdings Adidas. „Ich gratuliere Deutschland und Argentinien herzlich zum Einzug ins Finale“, sagte Herbert Hainer, Vorstandschef des Konzerns aus Herzogenaurach. Der Manager, der das Finale vor Ort verfolgen will und auf ein 2:1 für Deutschland tippt, wird im Maracana-Stadion ein Fest der drei Streifen erleben. Denn Adidas ist Partner beider Mannschaften, die es ins Endspiel geschafft haben. Außerdem stellt Adidas den Spielball und stattet die meisten Spieler mit Schuhen aus, etwa Thomas Müller, Philipp Lahm, Mesut Özil und Manuel Neuer sowie Lionel Messi oder Martin Demichelis.
„Für uns ist diese WM deshalb schon jetzt ein voller Erfolg“, so Hainer. Der Konzern peilt den Verkauf von acht Millionen Trikots an. Bei der WM 2010 waren es 6,5 Millionen. Spitzenreiter ist das Trikot der deutschen Nationalmannschaft mit einem Rekordabsatz von mehr als zwei Millionen Stück, das sind gut 30 Prozent mehr als im bisherigen Rekordjahr 2006. Falls die deutsche Nationalelf am Sonntag Weltmeister wird, will Adidas schon in der kommenden Woche Trikots mit dem zusätzlichen Stern in den Markt bringen. „Erste Produkte werden im Lauf der nächsten Woche im Handel erhältlich sein“, sagte ein Sprecher. Auch die Argentinien-Trikots werden angepasst.
In Gegensatz zu Adidas’ Höhenflügen steht das Pech des Rivalen Nike. Der Konzern hat es zwar zum größten Sportartikelhersteller der Welt gebracht, erlebte aber gerade eine Schlappe. Firmenchef Mark Parker war nach Belo Horizonte geflogen, um die Begeisterung der Brasilianer für ihre Selecao zu erleben: Nike rüstet die Mannschaft mit den gelb-grünen Trikots aus, die nun verlor. Adidas kommt seiner angestrebten Dominanz im Fußball näher: 2013 erlösten Nike und Adidas zwar je 1,7 Milliarden Euro mit Fußballprodukten. Mit der Führungsrolle von Adidas bei der WM und dem offenbar anstehenden Wechsel von Manchester United, die den Ausrüstervertrag mit Nike an Adidas vergeben wollen, verschieben sich jetzt die Positionen.
Preiskampf wird härter
Während die großen Konzerne um die Gunst der Fans kämpfen, nimmt auch im Handel mit Shirts und Schuhen der Wettbewerb zu. Der steigende Anteil von Onlineshops im Fußballmarkt drängt so manches Ladengeschäft ins Abseits. Der Preiskampf wird härter, denn niemand will nach dem WM-Hype noch auf vollen Lägern sitzen: Erstmals verkaufen die Läden aktuelle Deutschland-Trikots schon während einer Weltmeisterschaft mit Rabatten. „Wenn einer anfängt, ziehen die anderen nach“, sagt ein Verkäufer einer Warenhauskette zu der Spirale, die sich derzeit im Internet und im stationären Handel in Gang setzt. Adidas gibt zu den Reduzierungen nur ein kurzes Statement: „Wir geben für unsere Produkte unverbindliche Preisempfehlungen aus. Den finalen Verkaufspreis bestimmt der Händler.“
Auch Michael Malbranc von Sport Duwe verkauft die ersten Waren mit Rabatten. In seinem Onlineshop bietet er das deutsche Heimtrikot in Kindergrößen für 53,95 Euro an, der Brazuca-Ball kostet 116,95 statt 130 Euro. Trikots der Niederländer oder Engländer sind im Netz sogar schon um die Hälfte reduziert. Sportereignisse bergen für Händler auch immer Risiken: Die Ergebnisse sind ungewiss, Weltstars können kurz vor dem Turnier ausfallen. „Aber wir müssen die Ware schon ein halbes Jahr vorher einkaufen“, sagt Malbranc, der sich jetzt auf das Finale freut. „Ich wünsche mir, dass wir gewinnen“, sagt der 59-Jährige über das Spiel, das er sich bei seinem Lieblingsitaliener anschaut, „aber vor allem, dass die Leistung der Schiedsrichter besser wird“.