HWWI-Chef Thomas Straubhaar fordert nationalen Sonderfonds mit langer Laufzeit zur Erneuerung der Infrastruktur
Hamburg. Marode Straßen, Schienen und andere Verkehrsbauten in Deutschland sind nach Ansicht von Professor Thomas Straubhaar nur mit einem Sonderprogramm zu sanieren, das weit über die Haushaltsgrenzen einer Legislaturperiode hinausreicht. Der renommierte Ökonom, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), fordert einen nationalen Sonderfonds mit mehreren Jahrzehnten Laufzeit, der sich aus Steuermitteln finanziert wie auch aus weltweit akquiriertem Kapital. Mit Blick auf die Summe von fünf Milliarden Euro, die die Bundesregierung in dieser Wahlperiode zusätzlich zu den regulären Haushaltsmitteln für die Sanierung der Verkehrswege bereitstellen will, sagte Straubhaar dem Abendblatt: „An diese Summe müsste mindestens eine Null angehängt werden. Und selbst bei einem Volumen von 50 Milliarden Euro wäre ich nicht sicher, ob das ausreicht.“
Straubhaar hält den Vorstoß des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD) für richtig, einen eigenständigen Fonds für die Sanierung der Infrastruktur einzurichten, er selbst fordert aber ein wesentlich umfassenderes Programm dafür. Albig war, auch aus seiner eigenen Partei, scharf dafür kritisiert worden, dass er eine Sonderabgabe für Autofahrer gefordert hatte. Straubhaar sagte: „Alle Staatsbürger in Deutschland müssen einen Beitrag leisten. Leistungsfähige Verkehrswege sind für ein Industrieland wie Deutschland existenziell wichtig. Obendrein muss ein solcher Fonds, etwa durch Anleihen, offen sein für die Akquisition von privatem Kapital in großem Stil.“ Die Phase historisch niedriger Zinsen biete dem Staat die Chance, sich durch Anleihen für einen Infrastrukturfonds mit langer Laufzeit günstig zu finanzieren. Auch müssten Sozialabgaben zugunsten der Infrastruktur zurückgefahren werden.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) beharrt unterdessen auf der Einführung einer Maut für ausländische Pkw-Fahrer in Deutschland: „Wir haben jedes Jahr deutlich mehr als 100 Millionen Fahrten von ausländischen Pkw durch Deutschland“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Wenn auf diese mehr als 100 Millionen Fahrten eine Maut erhoben würde, „kommen wir auf einen Milliardenbetrag in einer Wahlperiode“. Deutsche Autofahrer würden nicht zusätzlich belastet. Der Vizepräsident des Bundesrechnungshofs, Christian Ahrendt, wiederum kritisierte das Bundesverkehrsministerium: „Manche Ausgaben werden zweckentfremdet eingesetzt. Statt in die Straßenerhaltung zu investieren, wird zu oft in Neubauten investiert“, sagte er der „Welt am Sonntag“.