Hafenkonzern HHLA macht kleineren Gewinn und kürzt Dividende. Ärger mit Beschäftigten am Burchardkai wegen neuer Arbeitsabläufe.
Ein Großcontainerschiff be- und entlädt an einem Hamburger Terminal heutzutage bis zu 12.000 Containereinheiten (TEU), zumeist in einem Rahmen von 36 Stunden. Um diese Mengen an das Schiff heranzuführen oder sie von dort abzutransportieren, sind zwölf Zubringerschiffe, 60 Containerzüge und 3000 Lastwagen eingebunden. Die gesamte Umschlagkapazität des Terminals ist dann mit bis zu 40 Prozent belegt – für ein einziges Schiff.
Der HHLA-Vorstand erläuterte dieses Beispiel am Donnerstag bei der Vorlage der Jahreszahlen für 2013. Die wachsenden Spitzenbelastungen an den Terminals durch immer größere Schiffe, verbunden mit Engpässen rund um Hamburg auf der Elbe, am Nord-Ostsee-Kanal und auf den Straßen, beschäftigen Hamburgs führendes Hafenlogistikunternehmen in zunehmendem Maße. „Wenn zu den Engpässen bei der Infrastruktur auch noch Verspätungen bei Großcontainerschiffen hinzukommen, etwa durch Stürme, entstehen auf den Terminals extreme Belastungen“, sagte HHLA-Chef Klaus-Dieter Peters. „Weil die Exporteure ihre Container zumeist für bestimmte Schiffe buchen, laufen unsere Ausgangslager bei Verspätungen schnell voll.“
Der wachsende Druck in der Transportkette, die Krise in Osteuropa, die Auswirkungen neuer Schifffahrtsallianzen brachten Peters zu einem verhaltenen Ausblick für 2014. Schon 2013 war kein gutes Jahr. Der Umsatz stieg moderat auf 1,16 Milliarden Euro, der Containerumschlag legte auf 7,5 Millionen TEU leicht zu. Aber beim Konzernüberschuss verlor die HHLA gegenüber 2012 um 28 Prozent auf 80,4 Millionen Euro. Die Investitionen sanken um 41,5 Prozent auf 114,9 Millionen Euro, die Dividende je Aktie ging von 65 auf 45 Cent zurück. Peters merkte an, dass die große Differenz beim operativen Ergebnis zwischen 2012 und 2013 geprägt sei durch den Sondergewinn beim Verkauf der HHLA-Beteiligung am Logistikunternehmen Transfracht 2012.
Die Stadt Hamburg hält zwei Drittel der HHLA-Anteile. Anjes Tjarks, Hafenexperte der grünen Bürgerschaftsfraktion, kritisierte, für die Stadt bedeute die Dividendenkürzung „einen schmerzhaften Einnahmeverlust von rund zehn Millionen Euro“ gegenüber der Auszahlung von 2013.
Für 2014 erwartet Peters leichte Anstiege bei Umsatz und Containerumschlag, einen operativen Gewinn zwischen 138 und 158 Millionen Euro sowie Investitionen „im Bereich von 160 Millionen Euro“. Die vorsichtige Prognose allerdings steht unter dem Einfluss mehrerer Faktoren, die aus heutiger Sicht kaum zu kalkulieren sind. Die angespannte politische Lage in Osteuropa betrifft die HHLA unmittelbar, hat aber zumindest bislang noch keine konkreten Auswirkungen auf das Geschäft. Der Konzern betreibt das wichtigste Containerterminal der Ukraine am Schwarzmeerhafen Odessa. „Bislang hatten wir auf der Anlage noch keine Störungen“, sagte Peters. Es gebe eine „große Ruhe“ bei den rund 500 überwiegend ukrainischen Mitarbeitern in der stark russisch geprägten Region um Odessa. „Wir beobachten mögliche Auswirkungen auch von eventuellen Wirtschaftssanktionen gegen Russland sehr genau, verfallen aber nicht in Panik.“ Der Terminal in Odessa, der im vergangenen Jahr rund 369.000 TEU umgeschlagen habe, sei „die leistungsfähigste Anlage dieser Art“ in der Ukraine. Engste Verbindungen in die Region unterhält die HHLA zudem durch die zahlreichen Dienste von Zubringerschiffen zwischen den Hamburger Terminals und Russland sowie durch die Contai-nerzug-Tochterfirmen Polzug und Metrans, die Osteuropa via Polen und Tschechische Republik bedienen.
Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist aus Sicht der HHLA die bevorstehende Konzentration am Markt der führenden Containerlinien. Dadurch könnten sich Ladungsströme verändern, sagte Peters, ohne dass man derzeit genau beurteilen könne, welche Häfen und Terminals davon profitieren und welche nicht. Die drei größten Linienreedereien Mærsk, MSC und CMA CGM wollen noch im Sommer die neue Allianz P3 in Betrieb nehmen, die dann mit rund 250 der größten und modernsten Containerschiffe die Verkehre zwischen Asien, Europa und den USA dominieren würde. Die USA haben ihre kartellrechtliche Einwilligung bereits gegeben, die Zustimmung Chinas und der EU steht noch aus. HHLA-Containervorstand Stefan Behn wies darauf hin, dass die Zustimmung Chinas noch infrage stehe, weil die Staatslinie China Shipping gegen die Allianz der drei westlichen Großreedereien opponiere.
Insgesamt arbeiten mehrere regionale Reedereien sowohl in China wie auch in Japan an engeren Kooperationen. Deutschlands führende Linienreederei Hapag-Lloyd ist Teil des transkontinentalen Bündnisses G6 und will zudem mit der Containersparte der chilenischen Reederei CSAV fusionieren. Allgemein wird in der Branche erwartet, dass die Teilnehmer von P3 bevorzugt ihre eigenen oder ihnen eng verbundene Terminals bedienen werden, wovon – durch Mærsk – auch der bislang kaum ausgelastete Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven profitieren könnte. HHLA-Chef Peters zeigte sich davon unbeeindruckt und verwies darauf, dass die HHLA ihren Anteil am nordeuropäischen Terminalgeschäft, der so genannten Nordrange, auf rund 20 Prozent gesteigert habe.
Probleme räumten Peters und Behn bei der Neuorganisation des größten Hamburger Containerterminals Burchardkai ein. Die Anlage wurde in den vergangenen Jahren für einen, wie Peters sagte, „hohen dreistelligen Millionenbetrag“ ausgebaut, stärker automatisiert und modernisiert. Unter anderem würden dort gerade neue Großcontainerbrücken in Betrieb genommen, die auch die derzeit größten Containerschiffe mit bis zu 18.000 TEU Kapazität abfertigen könnten. Vor allem bei der Organisation der Arbeitsabläufe gab es Spannungen mit der Belegschaft. Das frühere so genannte Pensum-System, bei dem die Mitarbeiter eine vorgegebene Menge je Schicht abarbeiten, wurde durch flexiblere Abläufe ersetzt, die eher der Auslastung der Containerbrücken und der Abarbeitung der riesigen Containerzahlen geschuldet sind. Das sei „auch schon mal mit Armdrücken“ zwischen dem Management und der Belegschaft verbunden gewesen, sagte Peters zu dem Konflikt.