Für 30 Euro vom Bodensee nach Hamburg? Für Pit Dressler kein Problem – er kennt die günstigste Verbindung. Seine Firma berät bundesweit.

Immenstaad. In seinem Reisebüro steht ein etwa mannshohes Modell eines ICE im Maßstab eins zu zehn. Pit Dressler hat es selbst gebaut. Es soll seine Verbundenheit zur Deutschen Bahn zum Ausdruck bringen. Kunden aus ganz Europa rufen bei dem 43-Jährigen in Immenstaad am Bodensee an, um Zugtickets zu kaufen. Denn er hat den Durchblick im Tarif-Dickicht der Deutschen Bahn. Er betreibt das kleine Büro, in dem es nur Bahn-Fahrscheine gibt – und das auch noch in einer Stadt, die nicht mal einen Bahnhof hat.

„Ich fahre gerne und viel Zug“, beschreibt Dressler seine Art der beruflichen Weiterbildung. „Nur so weiß ich, wo die Schwierigkeiten bei Reisen mit der Bahn liegen.“ Sich selbst bezeichnet er als Zugfahrer aus Leidenschaft. Seine Passion hat er im Jahr 2004 zur Profession und sich mit seinem Geschäft „Die Fahrkarte“ selbstständig gemacht. Die Firma beschäftigt neben ihm nur einen Mitarbeiter.

Dressler kennt den Weg durch den Ticket-Dschungel: „Es ist möglich, für 30 Euro vom Bodensee nach Hamburg zu fahren.“ Dazu müsse man viel Zeit mitbringen und sich die günstigste Verbindung zusammensuchen. „Oder umsteigen in Dortmund“, sagt Dressler. „Das klappt meistens nicht, da haben Sie nur sehr wenig Zeit und müssen über den halben Bahnhof gehen.“ In Köln könne man früher und am Gleis gegenüber umsteigen. „All das sind aber Dinge, die wissen Sie nur, wenn Sie selbst Zug fahren. Im Internet wird Ihnen das nicht angezeigt.“

Regelmäßig zeichnet die Deutsche Bahn „Die Fahrkarte“ für ihre Beratung aus. Im vergangenen Jahr knackte Dressler einen Rekord: Seine Ticketagentur verkaufte die meisten Bahncards, mehr als vergleichbare Agenturen in Berlin, Essen oder Pforzheim. Rund 3100 gibt es nach Angaben der Bahn davon in Deutschland. „Die sind ein wichtiger Teil unseres Vertriebssystems“, sagt Bahnsprecher Martin Schmolke. „Die hegen und pflegen wir.“ Allein in Baden-Württemberg gebe es 300 ausgelagerte Ticketagenturen und 90 DB-Reisezentren.

An den Gesamteinnahmen in Deutschland durch Fahrkartenverkauf haben die Ticketagenturen einen Anteil von etwa zwölf Prozent, wie Schmolke erklärt. Etwa die Hälfte der Ticketeinnahmen würden heutzutage über die Fahrkartenautomaten und das Internet erzielt. Das Internet werde dabei immer wichtiger.

„Wobei das Internet aber eben auch nicht unbedingt den besten Preis für den Kunden ermittelt“, sagt Dressler und stellt die individuelle Beratung des Kunden in den Vordergrund. Schließlich gebe es 500 verschiedene Tarife. „Und ganz kompliziert wird es, wenn man noch das Fahrrad mitnehmen oder ins Ausland fahren will.“ In der Bodenseeregion Deutschland, Schweiz, Österreich komme das häufig vor.

Im Schnitt, so schätzt Dressler, kann er den Kunden die Bahnfahrkarten 10 bis 50 Euro günstiger verkaufen als im Internet oder im DB-Reisezentrum. Seiner Aussage nach laufen die Geschäfte gut, er denkt über eine Expansion nach. Im benachbarten Markdorf steht das Bahnhofsgebäude leer. Wenn sich eine Möglichkeit ergebe, dort eine Filiale zu eröffnen, stünde er schon für Gespräche bereit.