Die Deutsche Bahn will ihr mobiles Bezahlsystem ausbauen – Skepsis bei Datenschützern und Pro Bahn: Gefahren und Unzulänglichkeiten.
Berlin. Wer viel unterwegs ist, kennt das leidige Problem: Rätselraten vor dem Fahrkartenautomaten in der fremden Stadt, welcher Tarif für Bus oder Bahn infrage kommt. Jede Region hat ihre Besonderheiten und Eigenarten. Das soll es nach den Vorstellungen der Deutschen Bahn möglichst bald nicht mehr geben. Dazu will sie ihre Buchungsmöglichkeiten per Smartphone im sogenannten Touch-and-Travel-Verfahren ausbauen und modernisieren. Das sagte der Geschäftsführer des Berliner Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ), Andreas Knie.
Bereits im kommenden Jahr könnten Fahrgäste nach den Worten Knies die Möglichkeit erhalten, ihre Fahrkarten außer in Berlin und Frankfurt am Main auch in den Verbundnetzen Hamburg, München, Ruhrgebiet und Stuttgart sowohl für die Bahn als auch die örtlichen Verkehrsbetriebe mobil zu buchen. Die Technologie sei vorhanden, die Fahrkarte auch ohne die bislang genutzten Berührungspunkte – „Touch Points“ – zu nutzen. Voraussetzung für die Umsetzung sei jetzt das Interesse der Städte und Verkehrsverbünde.
Unterdessen zeigten sich Datenschützer skeptisch. Das System mache es möglich, dass künftig Bewegungsprofile leichter zu erstellen seien, sagte Sven Altenburg, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Institut für Verkehrsplanung der Technischen Universität Hamburg-Harburg, auf dapd-Anfrage. „Letzten Endes wird der Nutzer entscheiden, ob er das will“, betonte Altenburg. „Jedoch ist das ein Aspekt, der diskutiert werden muss.“ So müsse auch geprüft werden, was geschehe, wenn zum Beispiel der Server der Bahn „undicht“ sei.
Auch der Fahrgastverband Pro Bahn sieht eine Ausweitung des mobilen Systems kritisch. So könne bereits jetzt nicht immer unterschieden werden, ob ein billiger oder ein teurer Zug benutzt wird, sagte Pro-Bahn-Sprecher und „Touch-and-Travel“-Tester Karl-Peter Naumann. Die Frage sei auch, was bei einem Ausfall des Datennetzes oder des Handy-Akkus geschehe. Darüber hinaus sei der Datenschutz ein wichtiger Aspekt. Als interessantere Alternative bezeichnete Naumann die Möglichkeit zum Ticketkauf per Internet.
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„Wenn wir die Energiewende wollen und die Menschen zum Umsteigen auf Bus und Bahn bringen wollen, müssen wir einfache Möglichkeiten anbieten“, sagte dagegen der Geschäftsführer von InnoZ, einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn. 40.000 Kunden nutzten bereits jetzt die Möglichkeit, mit Hilfe einer sogenannten App auf ihrem Mobiltelefon direkt am Einsteigebahnhof einzuchecken und sich beim Aussteigen wieder abzumelden. Automatisch werde der günstigste Tarif ausgewählt. Bislang jedoch sei der öffentliche Nahverkehr versuchsweise nur in Berlin und Frankfurt angeschlossen. Dieses Netz gelte es, möglichst flächendeckend auszuweiten.
Dafür habe das InnoZ die technischen Voraussetzungen entwickelt, die ein Ein- und Auschecken mit Hilfe eines Smartphones per GPS und WLAN auch ohne die „Touch-Points“ möglich machten. Auf diese Weise könne man an jeder beliebigen Haltestelle in das örtliche Verkehrsmittel einsteigen, sich im System anmelden und sich beim Aussteigen wieder abmelden. Um die Abmeldung nicht zu vergessen, gebe es auch eine Erinnerungsfunktion.