Asmussen regt neue Möglichkeiten für Schuldenentlastung an. Verhaltene Reaktionen von Bundesregierung und Bankenverband.

Berlin/Tokio. EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen hat die Diskussion über eine weitere Schuldenentlastung für Griechenland mit einem neuen Vorschlag angereichert. Er könne sich vorstellen, dass die Regierung in Athen Geld zur Verfügung gestellt bekomme und damit eigene Staatsanleihen auf den Finanzmärkten zurückkaufe, sagte Asmussen der „Süddeutschen Zeitung“ vom Sonnabend. Reaktionen der Bundesregierung und des Bankenverbandes BdB fielen allerdings zunächst zurückhaltend aus.

Der Asmussen-Vorschlag zielt darauf ab, für das Problem der inzwischen wieder aus dem Ruder laufenden Gesamtverschuldung Griechenlands eine Lösung zu finden. Seine Idee steht somit in Konkurrenz zum Vorschlag eines zweiten, sogenannten großen Schuldenschnitts, der zu Lasten staatlicher Kreditgeber und damit letztendlich der Steuerzahler gehen würde. Eine solche Option hatte zuletzt der Internationale Währungsfonds (IWF) ins Gespräch gebracht.

Ziel beider Ansätze ist es, die Gesamtschulden Griechenlands auf Sicht so zu senken, dass das Land die daraus resultierenden Tilgungen und Zinszahlungen noch leisten kann. Die Bewertung der Schuldentragfähigkeit ist ein zentrales Element des immer noch ausstehenden Berichts der Troika aus EZB, EU-Kommission und des IWF, von dem die Freigabe zugesagter Hilfen der internationalen Partner von 31,5 Milliarden Euro abhängt. Dieser Bericht wird inzwischen im November erwartet.

Ausgangspunkt von Asmussens Überlegungen ist die inzwischen absehbare Tendenz, dass Griechenland die bis 2020 angepeilte Absenkung der Schuldenquote auf rund 120 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung nach kürzlich noch über 160 Prozent nicht schaffen wird. Die hohe Schuldenquote müsse gedrückt werden, sagt der frühere Finanzstaatssekretär. „Daher muss man sich Elemente überlegen, um sich diesem Zielwert zu nähern. Dazu könnte ein Schuldenrückkauf gehören“, schlugt Asmussen vor. Woher das Geld für den Bonds-Rückkauf kommen soll, ließ er aber offen.

Die ersten Reaktionen auf Asmussens Vorschlag fielen verhalten aus. „Aus Sicht der Bundesregierung geht es vorrangig darum, die Umsetzung des vereinbarten Programms voranzubringen und die Ergebnisse des Troikaberichts abzuwarten“, sagte eine Sprecherin des deutschen Finanzministeriums Reuters.

Auch der Verband der privaten Banken blieb zurückhaltend. „Die Frage ist, wenn ein solches Rückkaufprogramm käme, wie schnell dann möglicherweise diejenigen, die (griechische Staatsanleihen) verkaufen könnten oder wollten, dafür höhere Preise verlangen“, sagte der Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, Andreas Schmitz, am Rande der IWF-Jahrestagung in Tokio. Käme es zu einer solchen Preisbewegung, wäre der Effekt des Modells relativ gering. Das Kernproblem bleibe, dass selbst dann, wenn man Griechenland völlig entschulden würde, das Land schnell wieder Schulden auf dem Konto hätte. Das größte Problem sei die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit des Landes.

Asmussens Vorschlag ist nicht neu. Er greift eine Idee auf, die die griechische Regierung in den Verhandlungen selbst schon einmal ins Spiel gebracht hatte. Aus Euro-Ländern kommt die Kritik, dass man, sollte das Geld für die Rückkäufe vom Rettungsschirm ESM kommen, eine – laut EU-Vertrag verbotene - Staatsfinanzierung gegeben wäre. Von Befürwortern des Modells wird dagegen gehalten, es gehe nicht darum, dass die EZB den Anleihenrückkauf vornimmt. Vielmehr soll das der griechische Staat tun. Der Vorwurf der unerlaubten Staatsfinanzierung ginge somit ins Leere, hieß es von dieser Seite. Das Geld für den Rückkauf könnte vom Rettungsschirm ESM kommen, wobei dieser nicht einmal ein neues Instrument brauchte, um derart tätig werden zu können. Neuen ESM-Instrumenten müsste der Bundestag zustimmen.

Allerdings bleibt als Argument gegen das Rückkaufmodell der Preiseffekt mit der Folge einer relativ geringen Entlastung am Ende. Ab dem Zeitpunkt, an dem der Rückkauf der Anleihen durch Griechenland bekannt wird, dürften deren Kurse nämlich nach oben schnellen. Damit würde die Schuldenentlastung bei einem Rückkauf massiv geschmälert.

Der alternative Vorschlag eines zweiten Schuldenschnittes bei Griechenland, dieses Mal zu Lasten staatlicher Gläubiger, war von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Rande der IWF- Konferenz bereits zurückgewiesen worden. Dieser sei kaum umsetzbar. Auch ein Forderungsverzicht der Europäischen Zentralbank (EZB) scheidet nach deren eigener Einschätzung aus, das es sich hierbei um unerlaubte Staatsfinanzierung handeln würde.