Mit Reisen in ein Swinger-Hotel wurden auch beim Deutschen Herold Vermittler belohnt. Zurich-Gruppe prüft Hinweise, Ergo gibt sich offensiv.
Frankfurt/Main. Sex-Reisen als Erfolgsprämie für Versicherungsvertreter waren bei deutschen Assekuranzen offenbar weiter verbreitet als bislang bekannt. Nicht nur bei der Ergo-Versicherung, sondern auch beim Deutschen Herold wurden erfolgreiche Vermittler mit Lustreisen in das Swinger-Hotel „Hedonism 2“ auf Jamaika belohnt. Das bestätigte am Montag die Zurich Gruppe, zu der der Deutsche Herold seit Jahren gehört.
Laut „Bild“-Zeitung (Montagausgabe) waren 1998 die 30 erfolgreichsten Vertreter des „Internationalen Finanz-Service“, der für den Deutschen Herold Versicherungen verkaufte, in das einschlägig bekannte Hotel eingeladen worden. „Wer wollte, konnte jederzeit und überall Sex haben“, zitierte das Blatt einen Top-Vertreter.
Zurich-Sprecher Bernd Engelien bestätigte die Reise. Er betonte aber, das Unternehmen distanziere sich ausdrücklich von derartigen Praktiken und untersuche derzeit, ob es in der Vergangenheit weitere ähnliche Vorfälle gegeben habe. „Wir arbeiten mit Nachdruck dran, Licht ins Dunkel zu bringen“, sagte Engelien. Doch sei dies schwierig. Denn die Vorgänge lägen 14 Jahre zurück. Damals sei der Deutsche Herold noch im Besitz der Deutschen Bank gewesen.
Das „Hedonism 2“ hatte zuvor bereits Schlagzeilen gemacht als Ziel von drei Incentive-Reisen von Versicherungsvermittlern der Ergo-Tochter Hamburg-Mannheimer. Die Ergo-Versicherung ging am Wochenende bei der Aufarbeitung der Lustreisen in die Offensive und listete auf ihrer Internetseite alle ihr inzwischen bekannt gewordenen Fälle von Fehlverhalten bei Belohnungsreisen auf - einschließlich der dazu erstellten Berichte der Konzernrevision.
Detailreich schildert der Konzern insbesondere seine Ermittlungsergebnisse zu der im Jahr 2007 veranstalteten Sex-Orgie für besonders erfolgreiche Vertreter der Ergo-Tochter Hamburg-Mannheimer in den Budapester Gellert-Thermen.
Schon bei dem Begrüßungsempfang auf einem Donauschiff seien die Teilnehmer Zeugenaussagen zufolge auf das Kommende eingestimmt worden, als eine „Barkasse mit barbusigen Hostessen“ vorbeifuhr und die Vertreter mit einem Plakat willkommen hieß. Für die eigentliche „Party Total“ im Außenbereich der Gellert-Thermen seien dann nicht nur eine Band und ein Fernsehkoch, sondern auch 20 Prostituierte und weitere 40 bis 50 Hostessen engagiert worden. Insgesamt kostete die Reise den Versicherer mehr als 330.000 Euro.
Doch finden sich auf der Ergo-Internetseite neben den Sextrips nach Budapest und Jamaika auch zahlreiche andere Verstöße gegen die Konzernregeln. Darunter auch die Abmahnung eines Vertreters, der auf einer Belohnungs-Reise nach Sardinien eine Versicherungsmitarbeiterin an den Po gefasst hatte.
Die Ergo-Gruppe versucht unterdessen, Vertrauen zurückzugewinnen. Nach einer immer wieder aufflammenden Debatte um Ausschweifungen von Top-Vertretern listet die Versicherungsgruppe jetzt im Internet Untersuchungsergebnisse auf. Die interne Revision des Düsseldorfer Konzerns hat demnach neben der Sex-Party mit 20 Prostituierten in Budapest in zehn Fällen Fehlverhalten festgestellt. „Die Dimension der Budapestreise 2007 hat keiner dieser Fälle nach Art oder Umfang erreicht“, schreibt Vorstandschef Torsten Oletzky an die Leser der Firmenseite. Bis Ende September seien über 500 Reisen und Veranstaltungen über einen Zeitraum von zehn Jahren untersucht worden.
Die zehn von Ergo aufgelisteten Fälle von nachgewiesenem Fehlverhalten reichen von ungebührlichem Auftreten gegenüber einer weiblichen Begleitperson und einer Servicekraft auf Sardinien, über etwa 900 Euro Getränkekosten in einem New Yorker Stripteaselokal bis zum Besuch eines Hamburger Erotik-Clubs. Auch die Besuche von Vermittlern in einem Sex-Hotel auf Jamaika sind dabei. Bei den meisten Vorfällen handele es sich um Reisen, die von selbstständigen Vermittlern in Eigenregie organisiert worden seien, oder Einladungen, die in der Freizeit ausgesprochen worden seien, erläutert Ergo. „An den Belegen war die Natur der damit abgegoltenen Dienstleistungen in der damaligen Rechnungsprüfung nicht ohne weiteres zu erkennen.“
Doch hat der Konzern eine Idee, wie er ähnliche Ausschweifungen künftig verhindert. In Zukunft sollen die Ehe- oder Lebenspartner mit auf die Reise gehen.