Drogerieketten-Chef Cord Wöhlke holt zum 100. Jubiläum Tochter und Sohn in die Geschäftsführung und übernimmt die Schlecker-Filialen.
Hamburg. Budnikowsky, der Hamburger Branchenprimus im Drogeriebereich, läutet offiziell den Übergang in die nächste Generation ein. Erstmals hat sich die ansonsten verschwiegene Familie gestern anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Unternehmens (fast) geschlossen der Presse gestellt. Neben Budni-Chef Cord Wöhlke war seine Frau Gabriele (auch Geschäftsführerin) anwesend, die Tochter Julia und der Sohn Christoph. Der jüngste Spross Nicolaus fehlte, weil er als Unternehmensberater arbeitet und erst später in die Firma eintreten will. Ruth Wöhlke, 80, die Tochter der Firmengründers Iwan Budnikowsky und Stiefmutter des heutigen Chefs, war ebenfalls nicht vor Ort. "Aber sie kommt noch mindestens einmal pro Woche in die Firma", sagte Cord Wöhlke.
Julia, 32, und Christoph Wöhlke, 34, sind anlässlich des Jubiläums nun zu Geschäftsführern ernannt worden. Budnikowsky wird damit bereits von der vierten Generation geführt. Und das Unternehmen soll weiter personell wachsen. Personal- und Finanzchefin Julia Wöhlke kündigte an, dass Budni mittelfristig 30 bis 40 zusätzliche Führungskräfte einstellen wird. "Auch gute Fachkräfte werden bei uns immer gesucht." Schon zwei Jahre nach der Ausbildung könnten Mitarbeiter bei entsprechender Eignung Filialleiter werden. Insgesamt beschäftigt Budni 1900 Menschen, davon 115 Auszubildende.
Julia Wöhlke kam vor vier Jahren ins Unternehmen. Doch schon zuvor schnupperte sie ausgiebig Budni-Luft. "Mit 14 Jahren haben ich sonnabends immer an der Kasse einer Filiale gejobbt." Bruder Christoph drängte es bereits mit siebeneinhalb Jahren ins Geschäft: "Damals habe ich in der Filiale 50 Pfennig pro Stunde verdient." Vor zehn Jahren kam er dann in eine erste Führungsfunktion, in einer Zeit, in der die Firma im Umbruch war. "Damals hatten wir gerade das neue Lager in Allermöhe eröffnet, und mein Vater übergab mir dafür die Verantwortung." Heute ist er Geschäftsführer für Vertrieb und Marketing.
Nicht nur personell, sondern auch von der Fläche her wird sich bei Budni einiges ändern. Die Hamburger übernehmen sieben Filialen des insolventen Wettbewerbers Schlecker. Bereits gemietet hat Budni die Schlecker-Geschäfte in Nienstedten sowie in Berne, Lohbrügge und an der Elbgaustraße. "Es handelt sich zwar um kleinere Standorte als unsere, aber bislang waren wir in diesen Regionen nicht vertreten", sagte Cord Wöhlke. Die Zahl der Filialen soll so bis Jahresende von rund 150 auf mehr als 160 wachsen. Weitere Übernahmen sind 2013 angepeilt.
Budni ist zwar in Hamburg der größte Drogerie-Anbieter, aber bundesweit ist das Unternehmen wesentlich kleiner als die Konkurrenten Rossmann oder dm, die auch eine höhere Einkaufsmacht gegenüber ihren Lieferanten haben als die Hamburger. "Wir sind keine Verfechter von Standardisierungen. Unsere Stärke ist es, auf die individuellen Wünsche der Kunden einzugehen", sagte Cord Wöhlke. So würden Filialen auch mit unterschiedlichen Artikeln bestückt. Offenbar ist die Strategie erfolgreich. 1,2 Millionen Verbraucher besitzen eine Budni-Kundenkarte. Der Umsatz des Unternehmens liegt nach Informationen des Abendblatts bei mehr als 400 Millionen Euro.
An Preiskämpfen beteiligt sich Budni nicht. "Der Slogan ,Geiz ist geil' hat zerstörerische Entwicklungen zur Folge", so Wöhlke. Um sich auch künftig gegen die Großen in der Branche durchzusetzen, plant Budni stattdessen, noch mehr nachhaltig produzierte Waren anzubieten - auch im Bereich der Eigenmarken. Deshalb veranstaltet das Unternehmen unter anderem mit Unilever ein Seminar, in dem Experten auch darüber diskutieren, wie das Thema Nachhaltigkeit im Handel vorangebracht werden könne.
Pünktlich zum Jubiläum am 2. Oktober vergibt der vor 15 Jahren von Budni-Mitarbeitern gegründete Verein Budnianer Hilfe wieder einen Preis für Institutionen, die benachteiligten Kindern helfen. Ausgeschüttet werden 15 000 Euro an drei Preisträger. Bislang konnten zwei Millionen Euro verteilt werden, sagte Gabriele Wöhlke.
Der 2. Oktober ist übrigens nicht nur für das Unternehmen wichtig. Gabriele und Cord Wöhlke verbinden damit ein ganz besonderes Ereignis. Vor 35 Jahren war das Ehepaar erst bei einer Filialeröffnung und danach zum Abendessen im Restaurant. "Als wir im Taxi nach Hause fahren wollten, mussten wir plötzlich die Route ändern und zum Marienkrankenhaus fahren", so Wöhlke. Gabriele Wöhlke war hochschwanger. Am 2. Oktober wurde der älteste Sohn Christoph geboren. Am Dienstag wird er 35 Jahre.
Cord Wöhlke, 63, wird seine Kinder noch einige Jahre in der Firma begleiten. Und danach? "Ich bin ein Altachtundsechziger. Mir werden immer einige Projekte einfallen."