Der promovierte Volkswirt war von 1990 bis 2009 oberster Ökonom der Deutschen Bank. Auch galt er als engagierter Vertreter der Marktwirtschaft.

Frankfurt/Main. Der bekannteste Ökonom Deutschlands ist tot: Der frühere Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, starb am Freitag, wie seine Tochter Jeannette Zimmermann betätigte. Er betrieb mit ihr eine Beratungsfirma bei Frankfurt am Main. Der 67-Jährige sei am Morgen gestorben, die Ursache stehe noch nicht fest, sagte sie. Die Deutsche Bank, bei der Walter 22 Jahre lang als Ökonom arbeitete, nahm die Todesnachricht mit Trauer und großer Betroffenheit auf.

Norbert Walter prognostizierte im Krisenjahr 2009 frühzeitig das Schrumpfen der deutschen Wirtschaft um fünf Prozent. Dafür kritisierte ihn die Bundesregierung seinerzeit scharf. Am Jahresende aber stimmte Walters Zahl.

Der promovierte Volkswirt war von 1990 bis 2009 Chefvolkswirt des größten deutschen Geldhauses. In dieser Rolle machte er sich als engagierter und medienwirksamer Anhänger der Marktwirtschaft einen Namen. Er trat stets ein für niedrige Steuern, einen Rückzug des Staates aus der Wirtschaft und kritisierte den in seinen Augen überbordenden Wohlfahrtsstaat.

Seine Positionen vertrat Walter in zahlreichen öffentlichen Auftritten, oft im Fernsehen. Er schrieb mehrere Bücher, zuletzt „Wer soll das bezahlen?“ über die Wirtschaftskrise. Auch nach seinem Abschied von der Deutschen Bank blieb Walter in den Medien präsent, etwa mit einer Kolumne in der „Berliner Zeitung“ oder in einer Sendung beim Fernsehsender n-tv.

Die Deutsche Bank bezeichnete ihren langjährigen Chefvolkswirt als einen „weit über die Grenzen der Bank hinaus in Wirtschaft und Gesellschaft bekannten, stets gesuchten und geschätzten Gesprächspartner“. Nach seinem Wechsel zur Deutschen Bank im Jahr 1987 habe er deren volkswirtschaftliche Abteilung zur Deutschen Bank Research ausgebaut.

Die Deutsche Bank Research leitete Walter bis Dezember 2009. „Er hat nicht nur in der Bank, sondern auch in der Öffentlichkeit und in einer Vielzahl von nationalen und internationalen Organisationen und Institutionen mit seinen fundierten Analysen und stets engagierten Standpunkten immer wieder neue Akzente gesetzt“, erklärte sein früherer Arbeitgeber.

Nach dem Abitur und dem Volkswirtschaftsstudium in Frankfurt arbeitete Walter zunächst in der Bankenmetropole am Institut für Kapitalmarktforschung. Nach der Promotion im Jahr 1971 wechselte er an das Institut für Weltwirtschaft in Kiel, wo er bald die Leitung der Forschungsgruppe Nationale und Internationale Konjunktur übernahm und später zum Direktor avancierte.

Schon den Wirtschaftsabschwung der Jahre 1979/1980 prognostizierte er treffsicher. Später mahnte der Ökonom die schwarz-gelbe Regierung Helmut Kohls zu einer „Entfesselung der Marktwirtschaft“. Er kritisierte, dass die deutsche Einheit nicht für eine umfassende Deregulierungs- und Privatisierungsoffensive genutzt wurde.

Seinen Posten als Chefvolkswirt der Deutschen Bank gab Walter 2009 altersbedingt auf. Sein Nachfolger wurde Thomas Mayer. Walter war praktizierender Katholik und bis zuletzt Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Walter hinterlässt seine Frau und zwei erwachsene Töchter. (dapd)