Wer im kommenden Jahr für den bunten Teller Kekse der Traditionsmarke sucht, wird enttäuscht. Die Billig-Konkurrenz gilt Rückzugsgrund.

Hannover/Hamburg. Ein paarmal werden wir noch wach – dann sind die Supermarkt-Regale wieder voll mit Printen, Spekulatius und Dominosteinen. Doch mitten in die sommerliche Vorfreude platzte kürzlich diese Branchen-Nachricht: Bahlsen wird ab 2013 in Deutschland kein Weihnachtsgebäck mehr anbieten. Lebkuchen-Liebhaber befürchten, der Schritt des Traditionsunternehmens könne ein Warnschuss für ein ganzes Süßwarensegment sein. Heißt es bald flächendeckend: Zimtstern ade?

Über die Gründe seines Rückzugs gibt sich Bahlsen eher wortkarg: „Der Markt für Herbstgebäck in Deutschland wird bei einem nahezu konstanten Marktvolumen seit Jahren von Handelsmarken dominiert. Dies führt zu einem starken Preisdruck und zu einer nicht zufriedenstellenden Ertragssituation“, erklärte das Unternehmen mit Sitz in Hannover auf Anfrage. Im Klartext heißt das: Der Kunde kauft lieber „No-Name“-Lebkuchen für 99 Cents bei Aldi, Lidl oder Penny, als die teurere „Contessa“-Packung von Bahlsen.

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„Wir sind in einem Discounter- und Handelsmarkenland“, sagt Torben Erbrath, Pressesprecher des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie. „Die Verbraucher in Deutschland sind wesentlich weniger bereit als in anderen Ländern, für Markenprodukte mehr Geld auszugeben.“ Dabei investierten Markenanbieter wie Bahlsen oder Lindt doch auch in Produktentwicklung und Werbung, so Erbrath. Immerhin kann er Entwarnung für besorgte Schleckermäuler geben: Von anderen Unternehmen sei ihm kein Rückzug aus dem Segment „Herbstgebäck“ bekannt.

Für die Mitbewerber wird durch Bahlsens selbstverordnete Diät das Stück vom Kuchen ein bisschen größer. Die Lambertz-Gruppe etwa, nach eigenen Angaben mit einem Marktanteil von über 20 Prozent Marktführer im Saisonbereich, gibt sich gelassen. Bahlsen sei zwar ein großer Anbieter von Ganzjahresgebäck, halte aber beim Herbstgebäck unter fünf Prozent Marktanteil, erklärt Lambertz-Alleininhaber Hermann Bühlbecker.

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Die Aachener Unternehmensgruppe produziere in sechs deutschen Werken als einziger Anbieter das gesamte Saisonartikel-Sortiment. „Vor diesem Hintergrund steht ein Rückzug aus diesem Markt für die Lambertz-Unternehmensgruppe nicht zur Diskussion“, so Bühlbecker. Auch hält der Unternehmer eine weitere „Kannibalisierung“ durch No-Name-Produkte für eher unwahrscheinlich, „da mittlerweile größere Teile des Handels erkennen, dass sie gerade im Saisongeschäft mit starken traditionellen und emotionalen Marken bessere Preise erzielen können“.

Das dürfte mit dem besonderen Charakter von Weihnachten zusammenhängen. Denn auch wenn immer weniger Menschen wissen, warum das Fest gefeiert wird – für die Lebensmittelbranche ist es ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, erläutert Verbandsvertreter Torben Erbrath. Einen „ethisch-religiösen Grund“ habe die Entscheidung von Bahlsen auf keinen Fall, ist er überzeugt. Problematisch sei vielmehr die Entwicklung von Rohstoffpreisen für Weizen, Kakao, Mandeln, Haselnüsse, Palm- und Sojaöl. Beim Zucker, von dem die deutsche Süßwarenindustrie mehr als 700.000 Tonnen im Jahr verarbeitet, führe die aktuelle Zuckermarktordnung der Europäischen Union mit ihrer Quotierung zu einer künstlichen Verknappung des Süßmachers.

Immerhin: Dem „echten“ Bischof Nikolaus droht derzeit keine Teuerung. Der religiös-korrekte Schokoladenhohlkörper mit Mitra und Bischofsstab, den etwa das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken anbietet, hält seit Jahren den gleichen Preis, erklärt Pressesprecher Alfred Herrmann. „Wir wollen die Menschen anregen, am 6. Dezember an den echten Bischof Nikolaus und seine Werte wie Nächstenliebe, selbstloses Schenken und Teilen zu denken.“ 2011 wurden 55.000 Nikoläuse bei dem Hilfswerk mit Sitz in Paderborn bestellt. Der süße Heilige kommt offenbar an. Für Sprecher Herrmann kein Wunder: Die Figur ist aus fair gehandelter Schokolade, der Erlös geht an zwei Kinderhospizinitiativen. Herrmann: „Damit ist unser Nikolaus in doppelter Hinsicht nachhaltig.“