Paukenschlag von Nintendo: Die Japaner haben eine Konsole vorgestellt, die Spiele in 3D zeigt – ganz ohne Spezialbrille.

Für fortschrittliche Technik war Nintendo bislang nicht gerade bekannt. Ob die Wii-Konsole für das Wohnzimmer oder das mobile DS-Gerät, die Darstellung der Spiele wirkt altbacken, unscharf und geradezu kindlich. Konkurrenten wie Sony und Microsoft haben die Messlatte mit ihren Konsolen längst zwei Etagen höher gehängt, zumindest in Sachen grafischer Qualität. Selbst Quereinsteiger Apple zeigt auf seinem iPad und dem iPhone gestochen scharfe Spiele. Nun holt Nintendo zum Gegenschlag aus.

Der Videospielpionier hat auf der Branchenmesse E3 in Los Angeles eine aufgebohrte Version seiner tragbaren DS-Konsole vorgestellt – mit einem 3D-Effekt. Das besondere: Dieser soll auch ohne Spezialbrille funktionieren; die berüchtigten Kopfschmerzen nach Dauernutzung bleiben möglicherweise aus. Nintendo setzt dabei auf die sogenannte Stereoskopie, bei der zwei Bilder leicht versetzt gezeigt werden. Ein Bild ist auf das linke Auge ausgerichtet, das andere auf das rechte. Das Ergebnis verblüfft.

„Es wirkt, als ob hinter dem Display noch ein paar Extrazentimeter an Tiefe vorhanden sind, in denen die Action der Spiele passiert“, schreibt das Technikportal Golem.de. Das Gezeigte wirke „schlicht imposant“. Eindrucksvoll auch die Kamerafunktion. Der Nutzer kann mit der neuen Konsole eigene dreidimensionale Fotos und Videos erstellen. Dazu hat Nintendo auf der Rückseite zwei Mini-Linsen angebracht.

Kritik gibt es hingegen für den geringen Betrachtungswinkel. „Man muss schon gerade auf den Schirm blicken“, heißt es beim Fachmagazin „PC Games Hardware“, das das Gerät ebenfalls ausprobieren konnte. Halte man den 3DS schräg, komme es zu doppelten Konturen. Seitlich betrachtet erkenne man sogar fast gar nichts mehr.

Nintendo hat bislang keine Details zu Marktstart und Preis genannt. Beobachter rechnen aber fest damit, dass es im kommenden Frühjahr soweit ist. Und dass die Kunden dann etwa 200 Euro bezahlen müssen – was ein riesiger Vorteil für Nintendo wäre. Denn damit wäre die tragbare Konsole die mit Abstand günstigste Möglichkeit, 3D zu erleben.

Die Konkurrenz verlangt ein Vielfaches, weil sie auf eine andere Technik setzt. So steht eine Generation von 3D-fähigen Fernsehern in den Startlöchern, die nur mit Spezialbrillen funktionieren. Filme und Spiele werden dafür per Blu-ray-Scheibe verkauft. Sony rüstet seine Playstation 3 nachträglich mit einem dreidimensionalen Effekt auf, auch Microsoft hat für seine Xbox 360 ähnliches angekündigt. Aber: Die benötigten TV-Geräte kosten mindestens 2200 Euro. „Die Nutzer kann man sich wohl derzeit noch an einer Hand abzählen“, sagt Hartmut Gieselmann vom Fachmagazin „c’t“. Er glaubt, dass die Technik erst in den zwei bis Jahren die Masse ansprechen wird, wenn sie günstiger ist. „Bis dahin hat Nintendo ein Alleinstellungsmerkmal“.

Das hat der Konzern auch dringend nötig. Die Japaner beherrschen mit 130 Mio. verkauften DS-Konsolen zwar den Markt (siehe Grafik). Zuletzt setzten allerdings Smartphones dem Branchenprimus stark zu. So taugt etwa Apples iPhone zum Spielen; das US-Unternehmen hat zudem mit dem iTunes-Store eine herausragende digitale Vertriebsplattform.

Auch bei den stationären Konsolen ist Nintendo unter Druck geraten. Als bislang größtes Verkaufsargument für die Wii galt das Eingabegerät – doch das hat die Konkurrenz nun kopiert und verfeinert. So stellt Microsoft auf der E3 mit „Kinect“ eine Gestensteuerung für die Xbox 360 vor, bei der Kameras die Bewegung des Spielers registrieren und sie auf den Bildschirm übertragen. Ab November soll es das in den USA zu kaufen geben. Sony hingegen bringt im September den „Move“-Controller auf den Markt. Er funktioniert ähnlich wie bei Nintendo: Der Spieler hält einen Stab in der Hand, fuchtelt damit in der Luft herum und lenkt so die Spielfiguren auf dem Bildschirm.

Viele Anleger setzen gleichwohl auf Nintendos 3D-Bemühungen. Der Aktienkurs des Unternehmens legte nach der Vorstellung der neuen Spielkonsole um vier Prozent zu. Der Ur-Ur-Enkel des Game Boys scheint immer noch zu faszinieren.

Quelle: Welt Online