Rund 2000 Waren hat die EU im aktuellen Report als gefährlich eingestuft - sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Der größte Teil stammt aus China.

Brüssel. Niedlich sehen sie aus, die blauen Mädchensandalen mit dem feinen Knöchelbändchen. Oder das pinkfarbene Baby-Twinset mit der Kapuze aus weichem Nickistoff. Über die quietschebunten Badetierchen würde sich auch jedes kleine Mädchen und erst recht jeder kleine Junge freuen.

Aber möglicherweise nicht lange. Alle drei Produkte stehen auf der Rapex-Liste, auf der die EU-Kommission jede Woche gefährliche Produkte veröffentlicht, die in der Union auf dem Markt sind. Leicht abfallende Pailletten und Schleifen, die Kleinkinder verschlucken, Kapuzenbänder, die so nah am Hals angenäht sind, dass Kinder sich selbst strangulieren können; Luftballons voller Benzol. Oder sogar augenscheinlich harmlose Badetierchen in Form einer Pfeife, die so laut ist, dass den Kleinen in der Badewanne die Trommelfelle zu platzen drohen.

Am heutigen Donnerstag legt die Brüsseler Behörde ihren jährlichen Report vor. Fast 2000 Produkte meldeten die Mitgliedsländer im vergangenen Jahr an die EU-Kommission und damit sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Der ganz große Teil der Produkte – 60 Prozent – kommt aus China. Und wieder sind es vor allem Kinderspielsachen, die aus den Regalen verschwinden mussten, weil sie gefährlich sind.

An zweiter Stelle rangieren Bekleidung, Textilien und Modeartikel, gefolgt von Motorfahrzeugen und Kosmetika. Auch Elektrogeräte sind auf der Liste zu finden. Zu den häufigsten Risiken gehören chemische Reaktionen (26 Prozent), Verletzungen (21 Prozent) und die mögliche Beeinträchtigung der Atmung (14 Prozent).

Aber auch Strangulierung kann verursacht werden oder ein elektrischer Schlag. Wie etwa von einem Staubsauger, den ein Hersteller in Malaysia produzieren ließ. In elf Fällen verletzten sich Benutzer, als sie den Schlauch aus dem Halter ziehen wollten. Der Produzent hat den Staubsauger mittlerweile nachgebessert, heißt es auf der Rapex-Seite.

In einem Sondertest für Spielzeuge überprüften Experten 14.000 Produkte. Sie stuften unter anderem von 600 geprüften Spielzeugen 35 Prozent als gefährlich ein, weil diese zu Verkeilung und Verletzungen führen könnten. Bei 17 Prozent war der Metallgehalt der Spielwaren weit über dem Grenzwert.

Doch bei Millionen Produkten, die täglich einen Markt von fast einer halben Milliarde Konsumenten überschwemmen, ist totale Kontrolle absolut unmöglich. Mit Rapex versucht Brüssel, zumindest ansatzweise Sicherheit für die Verbraucher in der Union zu schaffen. „Es gibt keine inneren Grenzen in Europa mehr, wir haben einen gemeinsamen Markt“, sagt Stefano Soro, zuständiger Beamter in der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz. „Jedes Produkt, das irgendwo in die EU kommt, kann auf jedem Regal in einem der 27 Länder landen.“

Einige Länder machen deshalb intensiv beim Frühwarnsystem Rapex mit, andere hingegen so gut wie gar nicht. Während aus Spanien 2009 mit 220 die meisten Meldungen kamen, gefolgt von Deutschland mit 187, kamen aus anderen Ländern fast keine Hinweise. Das traditionelle Handelsland Belgien etwa schickte nur drei Mal einen Hinweis nach Brüssel, auch Österreich oder Slowenien meldeten sich kaum. „Das ist bedenklich“, meint Christian Fronczak vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. „Das System funktioniert in der Breite nur dann, wenn jedes Mitgliedsland seiner Verantwortung nachkommt und eine entsprechende Überwachung durchführt. Je mehr Kontrolleure gucken, desto mehr wird auch entdeckt.“

Doch in einigen der EU-Staaten ist das Geld einfach zu knapp, um genügend Beamte am Zoll oder für Prüfungen von Einzelhändlern einzusetzen. Auch die Wirtschaftskrise tut das ihre: Viele Verbraucher müssen sich für billige Produkte entscheiden, weil es für mehr derzeit nicht reicht.

Für ein offizielles Gütesiegel muss der Produzent zahlen und damit auch der Konsument. Verbraucherschützer Fronczak hält Instrumente wie Rapex deshalb für sehr wichtig: „Sie können Anreize für den Hersteller schaffen, verantwortungsvoll zu produzieren, weil er sonst am Pranger steht.“

Quelle: Welt Online