Der chinesische Wirtschaftsmotor stottert - jüngste Daten deuten auf weiteren Rückgang hin. Was sind die Folgen für die Weltkonjunktur?

Peking. Chinas jüngste Wirtschaftsdaten deuten auf einen weiteren Rückgang des Wachstums hin. Im von der Schuldenkrise geplagten Europa und in den USA, wo die Nachfrage der Verbraucher stagniert, geht deshalb die Sorge um, dass Chinas Position als weltweiter Wirtschaftsmotor ins Wanken gerät. Hier sind einige Fragen und Antworten zum Rückgang des chinesischen Wachstums und warum es auch für den Rest der Welt wichtig ist:

Welche chinesischen Wirtschaftsdaten wurden zuletzt veröffentlicht und was sagen Sie uns?

Zwei wichtige im Juni veröffentlichte Wirtschaftsindikatoren zeigten, dass das Wachstum der verarbeitenden Industrie auf den niedrigsten Stand seit sieben Monaten gefallen ist. Das Importwachstum stürzte im Juni gegenüber dem Vormonat um die Hälfte auf 6,3 Prozent ab. Das deutet daraufhin, dass Chinas Wirtschaftswachstum noch weiter zurückgehen wird, nachdem es im ersten Quartal 2012 mit 8,1 Prozent bereits den niedrigsten Stand seit fast drei Jahren erreicht hatte.

Auch die Regierung rechnet damit und hat für das gesamte Jahr ein Wachstumsziel von 7,5 Prozent ausgegeben, doch die abrupte Verlangsamung und die schwachen Zahlen bei Autoverkäufen, Ausgaben im Einzelhandel und anderen Sparten in den vergangenen Monaten haben die Sorge genährt, dass der Wert noch niedriger ausfällt.

Welche Daten kommen noch?

Mit Spannung wird vor allem die Bekanntgabe des Wirtschaftswachstums im zweiten Quartal am Freitag erwartet. Prognosen aus dem privaten Sektor sagen ein Gesamtwachstum von 7,3 Prozent voraus. Immer noch viel im Vergleich zu den USA und Europa, aber deutlich unter den 10,5 Prozent, die China im Vorjahr erreichte. Analysten sagen dem Land aber eine weiche Landung voraus, wenn das Wachstum vermutlich im zweiten Halbjahr wieder zulegt.

Was bedeutet der Wachstumsrückgang für den Rest der Welt?

Er ist ein Rückschlag für Volkswirtschaften von den USA bis Afrika, die auf Nachfrage aus China hoffen. Das Land ist unter anderem der größte Exportmarkt für Länder wie Australien, Südkorea oder Thailand. Chinas asiatische Handelspartner und Zulieferer würden unter einem starken Rückgang des Wachstums als erste leiden, aber die Auswirkungen könnten auch die USA und Europa treffen.

Was macht die chinesische Regierung dagegen?

Seit Anfang Juni hat Peking zwei Mal den Leitzins und mehrfach die Treibstoffpreise gesenkt sowie eine Reihe von Konjunkturmaßnahmen angekündigt. Unter anderem wird in den sozialen Wohnbau, Infrastruktur und staatliche Unternehmen investiert. Einige in den vergangenen Jahren zur Abkühlung der überhitzten Wirtschaft eingeführte Beschränkungen wurde gelockert. Einige Analysten warnen, dass zu viele Investitionen in die Staatsindustrie auf lange Sicht der chinesischen Wirtschaft schaden würden, weil dynamischere Privatunternehmen dadurch ausgebremst werden.

Was bedeuten die wirtschaftlichen Sorgen für Chinas Politik?

Der Verlust von Arbeitsplätzen und der Rückgang der Wirtschaft sind natürlich schlechte Nachrichten für die regierende Kommunistische Partei. Doch der Zeitpunkt ist besonders schlecht, weil ein Wechsel in der chinesischen Führung ansteht. Der Unmut in der Bevölkerung könnte durch eine Jobmisere angeheizt werden und der Druck hin zu einem politischen Wechsel könnte steigen. (dapd/abendblatt.de)