Einwegpfand von 25 Cent schreckt Käufer ab. Nun steht Deutschlands größter Bierkonzern unter dem Verdacht, beim Pfand Gesetze auszutricksen.
Berlin/Frankfurt. Jürgen Resch hat in ein Wespennest gestochen. Seit Jahren kämpft der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen scheinbar unwichtige Dehnungen deutscher Pfandregeln. Aber im hartumkämpften Biermarkt können so Millionen-Vorteile erzielt werden. Nun hat die DUH Deutschlands größten Bierkonzern im Visier, die zum Oetker-Konzern gehörende Radeberger-Gruppe mit Hauptsitz in Frankfurt. Resch fordert einen vorläufigen Verkaufsstopp für das Bier Corona Extra.
Es geht um den Verdacht einer bisher einmaligen Pfand-Schummelei. Darum, ob das von der Radeberger-Gruppe vertriebene Trend-Bier aus Mexiko rechtswidrig mit acht statt 25 Cent Pfand belegt ist und so mehr Käufer findet. Das Unternehmen weist das zurück, es gibt aber seit der Veröffentlichung der Vorwürfe am Mittwoch durchaus offene Fragen. Radeberger ist hier aber auch auf korrekte Angaben seines Partners angewiesen, der Grupo Modelo, die Corona produziert.
Seit Jahren sinkt der Bierkonsum in Deutschland, daher wird mit harten Bandagen gekämpft. Angeblich werden 4,5 Millionen Liter Corona jährlich in Deutschland abgesetzt. Für junge Leute ist das oft mit Zitrone getrunkene Corona ein hippes Bier – verkaufsfördernd ist das niedrige 8-Cent-Pfand mit Sicherheit.
„Corona wird meist in 6er-Trägern für unterwegs gekauft. Sechs mal 17 Cent Preisunterschied beim Pfand machen schon rund einen Euro aus“, sagt Resch. Beim Kasten betrage der Unterschied 4,08 Euro. Die Umwelthilfe hat in einem anderen Pfandstreit bereits Lidl in die Knie gezwungen, als der Discounter Einwegbierflaschen anbot, die Mehrwegflaschen zum Verwechseln ähnlich sahen.
„Die Großen versuchen immer wieder auszuloten, wo die Grenzen bei dem Pfandsystem liegen, aber der aktuelle Fall ist eine besonders dreiste Verbrauchertäuschung“, sagt Resch. Doch erst einmal steht Aussage gegen Aussage. Die Grupo Modelo lässt via Madrid wissen, dass alle Flaschen aus Deutschland via Antwerpen zurück nach Guadalajara in Mexiko verschifft, dort gespült und mit Bier wiederbefüllt würden. Gegenüber der Umwelthilfe sagte hingegen Joaquin Ávalos von der Grupo Modelo in Guadalajara, dass keine Flaschen zurückkämen, es würden stets nur neue gebraucht.
Aber das ist inzwischen schon gar nicht mehr der springende Punkt. Radeberger selbst hat folgende Sätze mitgeteilt: „Corona Extra vertritt im deutschen Biermarkt einen eindeutigen Premiumanspruch. Daher setzt der Markenhalter für Deutschland ausschließlich Neuglas ein, um einen ansprechenden Auftritt der Marke ohne Reibringe und andere Gebrauchsspuren sicherzustellen“.
Um aber nur acht statt 25 Cent Pfand nehmen zu dürfen, schreibt die deutsche Verpackungsverordnung eindeutig vor, dass Flaschen mehrfach zum gleichen Zweck wiederverwendet werden. Hat Radeberger also ein Vergehen damit bereits eingestanden? Nein, das Unternehmen betont: Die Grupo Modelo habe bestätigt, dass die aus Deutschland zurückgeführten Flaschen wieder befüllt und in anderen Märkten wiederverwendet werden. Man habe dieses globale Mehrwegsystem mit einem zweistelligen Millionenbetrag aufgebaut.
Das bedeutet, nach dem Corona-Genuss in Deutschland müsste die Flasche noch mindestens zweimal in Mexiko wiederbefüllt und in anderen Ländern als Mehrwegflasche genutzt werden. Aber Radeberger kann auf Anfrage zunächst kein anderes Land nennen, wo Corona als Mehrwegflasche verkauft wird. Es wird auf die andere Zeitzone in Mexiko verwiesen, man brauche Zeit zur Klärung, sagt ein Sprecher.
Streng genommen würde es sich um eine Ordnungswidrigkeit handeln, sollte es tatsächlich einen Pfand-Schummel geben. „Aber so etwas ist schwieriger zu verfolgen, als wenn jemand falsch parkt“, heißt es im Bundesumweltministerium. Ohnehin wäre zunächst das hessische Umweltministerium am Zuge, da die Radeberger-Gruppe in Frankfurt sitzt. Es ist schwer nachzuweisen, was mit den angeblich nach Mexiko zurückgebrachten Corona-Flaschen passiert. Fakt ist, dass diese sehr dünnglasig sind. „Die normalen Bierpullen sind anders, diese lassen sich 20 bis 50 Mal wiederbefüllen“, sagt DUH-Anwalt Remo Klinger.
Bundesgeschäftsführer Resch ist von einem Schwindel überzeugt. Er könne ja Kosteneinsparversuche im harten Wettbewerb verstehen, aber wenn die Flaschen nach Mexiko zurückgebracht würden, sei das doppelt fragwürdig. „Einen leeren Kasten um die halbe Welt zu transportieren ist nicht nur sündhaft teuer, sondern auch ökologisch schwachsinnig.“