Spanien muss 6,975 Prozent Zinsen zahlen. Die EZB kauft weiter Staatsanleihen. Italien wieder über 7 Prozent. Druck auf Belgien

Frankfurt/Berlin. Die europäische Schuldenkrise ist am Donnerstag auf Spanien übergesprungen. Investoren verlangten bei einer Auktion spanischer Staatsanleihen eine Rekord-Prämie von 6,975 Prozent Zinsen, die höchste sei der Einführung des Euro. Auf dem Zweitmarkt kletterten italienische Papiere wieder über jene kritische Marke von 7 Prozent Zinsen, die Portugal, Irland und Griechenland unter den Rettungsschirm gebracht hatte. Spanien wählt am Sonntag ein neues Parlament. Ein Regierungswechsel von den Sozialisten zu den Konservativen gilt den Umfragen zufolge als sicher.

Händlern zufolge kaufte die Europäische Zentralbank spanische und italienische Papiere, um die Zinsen zu dämpfen. Auch Frankreich musste höhere Zinsen zahlen. Für Zwei-Jahres-Anleihen kletterten sie auf 1,85 Prozent, nach 1,31 Prozent im Oktober. Fünfjährige Anleihen stiegen von 2,31 Prozent auf 2,82 Prozent.

Gleichzeitig erhöhte die EU-Kommission erhöht den Druck auf Belgien, seine Finanzen zu sanieren. Während sich die Haushaltsverhandlungen in Brüssel offensichtlich dem Ende näherten, bekräftigte ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn die Forderung an das Land, sein Haushaltsdefizit 2012 auf unter drei Prozent zu senken.

Griechenlands Gläubiger wollen derweil einen Schlussstrich unter das Drama um den Schuldenschnitt ziehen: Bis Januar wollten die von der internationalen Bankenvereinigung IIF vertretenen Finanzinstitute die Vereinbarung unterschreiben, sagte IIF-Geschäftsführer Charles Dallara nach einer Sitzung der Gläubiger in Frankfurt am Main.

Umgekehrt profitiert der Bundeshaushalt massiv von der Flucht der Investoren in die Sicherheit. Die gestiegene Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen beschere der Bundesfinanzagentur „ein Luxusproblem“, sagte ihr Leiter Carl Heinz Daube. Denn die Zinsen sinken. Sie fielen in den vergangenen Wochen unter 2 Prozent.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in Berlin, wer glaube, die Europäische Zentralbank (EZB) könne das Problem der Euro-Schwäche lösen, der liege nicht richtig. Die Euro-Krise erfordere eine politische Lösung. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) verlangte, die EZB solle keine Staatsanleihen kaufen.

Die EZB dürfte aber bereit sein, die Anleihekäufe im Notfall deutlich auszuweiten. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sagte: „Wir glauben, dass die EZB massiv eingreifen würde, wenn die Währungsunion bedroht wäre. Wir glauben aber nicht, dass sie sich öffentlich dazu bekennen würde.“

„Wir glauben immer noch, dass die EZB eher zu einem kraftvolleren Eingreifen bereit wäre, als einen Zusammenbruch des Euroraums zu riskieren“, sagte auch Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank. Allerdings bedeute der Widerstand von Merkel und Bundesbankpräsident Jens Weidmann, dass die Hürde hierfür hoch liege. „Deshalb glauben wir, dass solche Interventionen wirklich erst als allerletzte Möglichkeit in Betracht gezogen werden.“

Die Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro warnte davor, dass eine Pleite Italiens zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden könnte. Zwar sei Italien unter den entsprechenden Voraussetzungen in der Lage, seine Schulden zurückzuzahlen, sagte sie in Berlin. Wenn Rom aufgrund der Zweifel der Finanzmärkte aber über längere Zeit hohe Zinsen zahlen müsse, dann bedrohe dies die Solvenz des Landes.

Der Vorstandsvorsitzende der BayernLB, Gerd Häusler, warnte vor hoher Inflation, falls die EZB unbegrenzt Staatsanleihen kaufen sollte. Das wäre der schlechteste Weg zur Lösung der Schuldenkrise, sagte er in Berlin. „Ich glaube, dass die Flucht in Sachwerte uns schneller einholen kann, als wir heute glauben.“ Italien könne zum Beispiel eine Vermögensabgabe erheben, um seine Schulden zu senken.

Frankreichs Finanzminister François Baroin bekräftigte die Idee seines Landes, dem Euro-Rettungsfonds EFSF eine Banklizenz und damit Zugang zur Refinanzierung über die EZB zu geben. Dies sei der beste Weg, eine Ansteckung zu verhindern. Diese Idee war allerdings von den Finanzministern bereits für „erledigt“ erklärt worden.

(dapd/abendblatt.de)