Wieder einmal ist die EU-Kommission weit hinter ihren ursprünglichen Ansprüchen geblieben: Zwar will die Behörde nun die Rating-Agenturen für krasse Fehlurteile haftbar machen - ein Schritt, der überfällig war. Die übrigen Punkte des nun vorgestellten Regulierungspakets nehmen sich allerdings eher unspektakulär aus.
Vor allem aber beziehen sie sich nicht primär auf die derzeit heftig umstrittenen Länder-Ratings, sondern auf die Bewertung von Finanzprodukten. Auch das ist ein Fortschritt, denn schließlich hatten die Bonitätswächter in den Jahren vor dem Ausbruch der US-Hypothekenkrise 2008 äußerst freigebig Bestnoten für Papiere verteilt, die sich später als eine Art Finanz-Sondermüll erwiesen.
Wer jedoch angesichts der Drohgebärden aus Brüssel, Paris und Berlin erwartet hatte, die EU-Kommission werde die drei mächtigen Agenturen S&P, Moody's und Fitch daran hindern, die Euro-Krise durch weitere Herabstufungen noch zu verschärfen, sieht sich nun getäuscht. Realistisch wäre eine solche Erwartung ohnehin nicht gewesen.
Würde man etwa Rating-Urteile für Staaten unter dem Rettungsschirm verbieten, so würde dies das Misstrauen der Investoren eher noch verstärken. Insofern haben die Brüsseler Beamten Augenmaß bewiesen, sie haben sich nicht zu einer Überreaktion hinreißen lassen. Und dass eine gewissermaßen offizielle europäische Rating-Agentur, wie sie zum Beispiel von den Gewerkschaften immer wieder gefordert wird, zu grundlegend anderen Bonitätsurteilen käme, ist nicht anzunehmen.