Modelabel Abercrombie & Fitch eröffnet erste Filiale. Tochter Hollister will expandieren. Geheimniskrämerei gehört zum Geschäftsmodell
Hamburg. Eine schwarze Wand - mehr ist nicht zu sehen an der Fassade der Alten Post an den Großen Bleichen. Nüchtern. Ohne Schnickschnack. Ganz im Stil des amerikanischen Kult-Modelabels Abercrombie & Fitch (A&F) , das im Frühjahr 2012 in bester Lage in der Hamburger Innenstadt seine erste Filiale in der Stadt eröffnen will. Mehr wissen selbst Branchenkenner nicht über das neue Geschäft von A&F. Die Strategie der Modemarke: keine unnötigen Antworten, keine überflüssigen Pressekonferenzen, möglichst keine Öffentlichkeit. Klassische Werbekampagnen der Amerikaner sucht man vergeblich. Doch für Marketingexperten ist die Geheimniskrämerei beste Werbung. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen kommt die Strategie offensichtlich gut an. Denn A&F ist bei ihnen mehr als nur angesagt. Ein regelrechter Kult hat sich rund um die Marke entwickelt.
+++Das Konzept der Abercrombie & Fitch-Flagship-Stores+++
Viele Legenden umranken die Unternehmensgeschichte, die 1892 in New York begonnen haben soll. Der Jagdausstatter David Abercrombie gründete einen Camping-Laden, an dem sich sein erster Stammkunde Ezra Fitch 1900 beteiligte, heißt es. Später sollen sich Hollywood-Stars wie Greta Garbo und Clark Gable für Ausflüge in die Natur dort eingekleidet haben, sogar Ernest Hemingways Gewehr, mit dem sich der Schriftsteller 1961 erschoss, soll aus dem Laden stammen. "Ob das wirklich alles stimmt, sei dahingestellt", sagt Jörg Nowicki von der Fachzeitschrift "Textilwirtschaft". "All das macht das Unternehmen aber noch interessanter - eine perfekte Marketingstrategie."
Keine Legende ist, dass das Unternehmen im September 1996 an die Börse ging, heute 1092 Filialen betreibt und 85 000 Mitarbeiter beschäftigt. 2010 betrug der Jahresumsatz 3,5 Milliarden Dollar, und A&F konnte einen Gewinn von 150 Millionen Euro verbuchen. Kopf des Unternehmens ist der medienscheue Michael Jeffries, der auch für die Ausrichtung der Marke verantwortlich ist. Nur wenig ist über das Privatleben des heute 67-Jährigen bekannt. 2008 nannte ihn das amerikanische Analysehaus The Corporate Library den "überbezahltesten Versager", als publik wurde, dass er eine Gesamtvergütung von 71,8 Millionen Euro bezogen haben soll. Unter seiner Führung verbuchte das Unternehmen 2007 seinen bis dahin höchsten Gewinn von knapp 500 Millionen Dollar, danach brachen die Gewinne allerdings wegen der Finanzkrise kräftig ein.
Um Umsatz und Gewinn zu steigern, will A&F nun verstärkt außerhalb der USA aktiv werden. Bislang ist die Kleidung der Kultmarke in Deutschland nur über das Internet zu bekommen, jahrelang waren die T-Shirts mit dem Elch-Logo ein beliebtes Mitbringsel aus dem Urlaub in Übersee. In Europa gibt es Filialen nur in London, Mailand, Kopenhagen, Paris und Madrid. Im Dezember soll das erste deutsche Geschäft in Düsseldorf eröffnet werden, im Frühjahr dann das zweite in Hamburg. "A&F verfolgt eine selektive Expansionsstrategie. So bewahrt sich das Unternehmen seine Exklusivität, die es für die Aufrechterhaltung seines Images braucht", sagt Nowicki.
Die Zielgruppe sind junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren, der Typ "gediegene Harvard-Studenten von der Ostküste", so Nowicki. Um diesen elitären Stil zu unterstreichen, sind die Filialen in außergewöhnlichen Gebäuden untergebracht. Die denkmalgeschützte Alte Post in Hamburg passt da perfekt ins Konzept. Die Preise der Kleidung orientieren sich jedoch nicht am Budget eines Studenten - ein Hemd oder eine Bluse kostet im Online-Shop rund 90 Euro, für eine Winterjacke müssen 200 bis 600 Euro ausgegeben werden. Gleiches gilt für die Tochtermarke Hollister, die bereits von Kindern im Alter von zehn, elf Jahren stark nachgefragt wird. Wer in und angesagt sein will in der fünften oder sechsten Klasse, trägt Hollister. Viele Eltern nehmen es genervt zur Kenntnis, werden für ein Hemd mehr als 50 Euro aufgerufen, beim Kapuzenpulli sind Vater oder Mutter schnell mehr als 80 Euro los.
Anders als A&F betreibt Hollister bereits Filialen in Deutschland, unter anderem im Elbe-Einkaufszentrum. In dem Geschäft, das von außen aussieht wie eine Surferbude, werden Hosen, Hemden oder Hoodies, wie hier die Kapuzenpullover genannt werden, in düsterem, klubartigem Ambiente verkauft. Die Ladenfläche und Kleidung sind parfümiert, laute Musik beschallt den Shop in einer Endlosschleife. Statt von Verkäufern werden die Kunden von sogenannten Shop-Models bedient, die aussehen wie vom Laufsteg. Bis Ende 2015 soll es hierzulande bereits mehr als 30 Hollister-Shops geben. Gerüchten zufolge wird 2012 auch in der Hamburger City eine weitere Filiale eröffnet. Die Hansestadt wird so zunehmend zu einem US-Einkaufsparadies. Denn nicht nur A&F und Hollister werben dort bald um Kunden, auch Tommy Hilfiger, Urban Outfitters und American Apparel sind mittlerweile präsent.