Standard & Poor’s hatte Frankreichs Bonität versehentlich gesenkt. Michel Barnier, EU-Binnenkommissar, fordert Konsequenzen.
Brüssel. EU-Kommissar Michel Barnier hat die Panne bei der Ratingagentur Standard & Poor’s als „schwerwiegenden Vorfall“ kritisiert und mit Sanktionen gedroht. „Es ist nun Sache der europäischen Wertpapieraufsicht ESMA, gemeinsam mit der nationalen Aufsichtsbehörde AMF die Fakten zu prüfen und Schlussfolgerungen zu ziehen“, sagte Barnier am Freitag in Brüssel. Das Unternehmen hatte irrtümlich Frankreichs Kreditwürdigkeit herabgestuft.
Die Panne belegt nach Barniers Worten die Notwendigkeit, Ratingagenturen schärfer zu kontrollieren. „All dies stärkt meine Überzeugung, dass Europa striktere und schärfere Regeln braucht.“
+++ Ratingagentur stufte versehentlich Frankreich herab +++
Am kommenden Dienstag (15. November) wird der Binnenmarktkommissar neue Vorgaben präsentieren. Sie sehen unter anderem vor, Ratingagenturen vorübergehend die Veröffentlichung der Benotung von Euro-Krisenstaaten zu verbieten, der Wertpapieraufsicht ESMA eine Kontrolle über die Methodologie der Ratings zu geben und Auftraggeber zu verpflichten, alle drei Jahre die Ratingagentur zu wechseln, um Gefälligkeitsratings zu vermeiden. Für fehlerhafte Benotungen sollen Ratingagenturen künftig haften.
Der französische Kommissar zeigte sich verärgert, dass Standard & Poor’s mitten in der Schuldenkrise ihrer Verantwortung nicht gerecht werde. Es gehe ja „nicht um irgendeine Ratingagentur“, sondern um eine der drei Großen, betonte Barnier. Standard & Poor’s beherrscht gemeinsam mit Moody’s und Fitch den Markt.
Bundestag: Haftungsregeln für Ratingagenturen
Der Bundestag fordert eine Beschneidung der Macht der Ratingagenturen. Mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition beschloss das Parlament am Freitag einen Entschließungsantrag, wonach sich die Bundesregierung in der EU für eine zivilrechtliche Haftung der umstrittenen Agenturen und einen stärkeren Wettbewerb zwischen den Bonitätsprüfern einsetzen soll. Damit soll die Bedeutung der Ratingagenturen bei der staatlichen Regulierung der Finanzmärkte zurückgedrängt werden. Union und FDP fordern den Abbau von Ratingvorschriften. Ziel ist es, eine mechanische Verwendung von Bonitätsurteilen durch die Agenturen zu verringern, denn viele Marktteilnehmer sind derzeit gesetzlich noch zu externen Ratings verpflichtet. Der Opposition gehen die Pläne nicht weit genug.
Die Ratingagenturen waren in der Krise auf dem US-Hypothekenmarkt 2008 massiv in die öffentliche Kritik geraten, weil sie – auch nach eigenem Eingeständnis - Schrottpapiere zu gut bewertet hatten. Zurzeit rollt in Europa eine zweite Regulierungswelle über sie hinweg.
Für neue Kritik sorgte die Frankreich-Panne von S&P. Die Koalition sieht sich dadurch en bestätigt: „In der letzten Nacht haben wir einen Skandal erlebt“, sagte der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach. „Deswegen brauchen wir auch eine deutliche Haftung in diesem Bereich bei grob fahrlässigem Verhalten und bei Vorsatz von Ratingagenturen“, sagte der CDU-Politiker. (dpa/Reuters/abendblatt.de)