Allein in Hamburg fallen im Zuge des Sparprogramms rund 70 Stellen weg, im Rostocker Werk sind es sogar 120 Jobs. Europaweit noch mehr.
Hamburg. Vor knapp einem Jahr ist der Windanlagenbauer Nordex von Norderstedt nach Hamburg umgezogen, um in der deutschen Metropole der Windkraft präsent zu sein. Jetzt will das Unternehmen nach Informationen des Abendblatts in seiner neuen Unternehmenszentrale bis zu 70 der rund 550 Stellen streichen. Zudem wird im Werk Rostock die Zahl der bisher 1000 Arbeitsplätze um 120 reduziert. Europaweit fallen sogar rund 250 Jobs im Rahmen eines Sparprogramms weg.
Nicht nur Nordex hat Probleme, muss genauer auf die Kosten schauen. Die früher erfolgsverwöhnte Branche leidet inzwischen weltweit unter Überkapazitäten. Hersteller aus dem Ausland machen den deutschen Firmen Konkurrenz. Allein in China gibt es rund 70 Unternehmen, die Windkraftanlagen bauen. Fünf davon gehören inzwischen sogar zu den zehn erfolgreichsten Anbietern weltweit. Das Überangebot an Anlagen führte in den vergangenen Jahren zu einem Preisverfall um 20 Prozent. Dies bedeutet, dass neue Aufträge für die Unternehmen weniger profitabel als früher sind. Darunter leidet auch der Nordex-Wettbewerber Vestas, der Anfang des Jahres weltweit 3000 Stellen gestrichen hat.
Erschwert wird die Situation durch die aktuelle Schuldenkrise. Vor allem für den Bau von Windparks auf hoher See sind Milliardeninvestitionen erforderlich. Doch viele Banken scheuen sich derzeit, die benötigten Kredite zu geben. Die Situation ist in manchen Fällen paradox: Die Hersteller haben zwar viele Aufträge in den Büchern, aber gleichzeitig wenig zu tun, weil die Projektentwickler noch auf Finanzierungszusagen von den Banken warten. So hat Nordex gerade einen Liefer- und Servicevertrag über 100 Windturbinen in Pakistan unterzeichnet. Doch auch diese Aufträge können erst abgearbeitet werden, wenn die Finanzierung steht.
Des Weiteren wirkt sich der beginnende Wirtschaftsabschwung weltweit auf die Unternehmen aus. So ist zum Beispiel in den USA, einem der größten Märkte der Branche, der Umsatz stark zurückgegangen. "Die Anzahl der neu installierten Kapazitäten hat sich 2010 in Amerika auf 5000 Megawatt halbiert", sagt Hermann Albers, Präsident vom Bundesverband Windenergie. Die Subventionen für Windenergie orientieren sich in dem Land an der Höhe des Gaspreises. Und der ist in den USA wegen der Krise stark gefallen.
Im derzeit am stärksten wachsenden Markt China haben europäische Firmen zudem kaum Chancen. "Wer in China zum Zuge kommen will, muss dort gleichzeitig in die Produktion investieren", so Albers. Und das kostet viel Geld. Auch in Deutschland sieht der Windenergieexperte Probleme. "Die Energiewende der Politik hat für die Branche bisher wenig gebracht. Zwar wollen inzwischen mehrere Bundesländer, auch im Süden, Flächen für Windparks bereitstellen. Aber die Einspeisevergütung hat sich nicht erhöht. Damit haben sich die Rahmenbedingungen für die Branche leider nicht verbessert."
Nordex hat im ersten Halbjahr einen Verlust von 4,1 Millionen Euro erwirtschaftet. Der nun geplante Stellenabbau wird bis Mitte Dezember abgeschlossen sein. "Er soll ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen", sagt Firmensprecher Felix Losada dem Abendblatt. "Wir haben ein Freiwilligenprogramm, in dessen Rahmen nach Ablauf der Kündigungsfrist Abfindungen gezahlt werden." Diese sollen mindestens vier Monatsgehälter betragen. Insgesamt will das Unternehmen mit seinem Sparprogramm die Kosten um 50 Millionen Euro senken. Die Hälfte soll über den Stellenabbau erfolgen.