Gut 700.000 Tonnen der Südfrüchte werden im Jahr über das Frucht- und Kühlzentrum am O'Swaldkai im Hamburger Hafen transportiert.
Hamburg. Morgens haben die Arbeiter mit der Entladung der "Spring Panda" begonnen, die Steuerbord am O'Swaldkai vertäut liegt. Gerade arbeiten sie sich auf das dritte Deck weiter in das Schiff hinab. Gut 3800 Paletten insgesamt sollen die beiden mobilen Kräne im Lauf des Tages aus dem Bauch des Kühlschiffes hieven, jede von ihnen wiegt brutto eine Tonne.
Am schwierigsten ist immer der Anfang. Bis fast zum letzten Zentimeter sind die einzelnen Ladedecks des 170 Meter langen Schiffes mit Bananenkisten zugepackt. Um Platz für die Gabelstapler zu schaffen, die für die Arbeit an Bord später in das Schiff abgesenkt werden, müssen die ersten Paletten von den Kränen an Transportbändern herausgezogen werden. Unter den Holzgestellen stehen dann keine der stählernen Löschkörbe, mit denen die Gebinde üblicherweise auf den Kai gehoben werden. Wenn eine Palette bricht, hagelt es 20 Kilo schwere Kartons mit Bananen. Deshalb treten die Seeleute und die Hafenarbeiter vorsichtshalber aus dem Drehkreis der Kräne heraus.
Sicherheit hat am Terminal höchste Priorität, aber Tempo muss dennoch sein. Allerlei Tricks haben die Importeure in den vergangenen Jahrzehnten erdacht, um den Reifungsprozess der Banane auf ihrem langen Weg aus Südamerika oder Afrika so genau wie möglich zu steuern. Doch die liebste exotische Frucht der Deutschen bleibt eine verderbliche Ware. Frische ist Trumpf. "Jeder Importeur ist bemüht, seine Kunden ununterbrochen mit frischer Ware beliefern zu können", sagt Jan Haase, Leiter des HHLA -Frucht- und Kühlzentrums am O'Swaldkai.
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Grün, hart und unreif verlädt man die Bananen in Anbauländern wie Costa Rica oder Ecuador auf die Kühlschiffe. In diesem Zustand sollten sie idealerweise auch in Deutschland ankommen. Zwölf bis 13 Tage dauert die Reise über den Atlantik. In den Kühlräumen entzieht man den Früchten Sauerstoff. Bei 13,5 bis 13,8 Grad Temperatur verzögert sich dadurch die Reifung. In speziellen Reifezentren im Zielland wird sie durch Zugabe des Hormons Ethylen später wieder beschleunigt. Trotzdem können die Bananen auf ihrem komplizierten Transportweg verderben, etwa dann, wenn sie auf den Plantagen zu spät geschnitten wurden.
Im harten Wettbewerb des Bananenhandels spielt das Transportmittel eine entscheidende Rolle. Traditionell landen die Südfrüchte in großen Mengen an Bord der speziell dafür konzipierten Kühlschiffe an. Neue Konkurrenten etablierter Importeure aber - etwa Handelsketten - nutzen den Kühlcontainer, um in diesen Markt vorzudringen. Auf dem Kühlschiff ist der Seetransport wegen der größeren Kapazität der Kühlräume billiger. Den Kühlcontainer aber kann man im Prinzip von der Plantage bis zum Supermarkt fahren, ohne die Bananen umladen zu müssen. "Der Kühlcontainer gewinnt mit Blick auf den Überseetransport von Bananen stetig an Bedeutung", sagt Haase. "Es gibt sicher Bemühungen, Früchte in Kühlcontainern so nah wie möglich an die Einzelhandelsläden heranzubringen." Beim Import von Äpfeln aus südlichen Anbauländern etwa habe der Container das Kühlschiff in den vergangenen Jahren bereits stark verdrängt. Allerdings bleibt das Kühlschiff das schnellere Gefährt. Denn die Containerfrachter fahren nicht direkt vom Start zum Ziel, sondern bedienen auf ihren Linien eine Reihe von Häfen. Das sei ein Unterschied wie zwischen Bus und Taxi, sagt Haase.
Für die HHLA ist die Verbreitung des Kühlcontainers im Bananenhandel nicht unbedingt eine gute Entwicklung. Das Fruchtterminal am O'Swaldkai ist spezialisiert auf das Löschen von Kühlschiffen und die Anlandung der Ware auf Paletten. Gut eine Million Tonnen Südfrüchte werden im Jahr über das Frucht- und Kühlzentrum der HHLA importiert, rund 700 000 davon sind Bananen. Drei Schiffe in der Woche fertigt das Terminal ab, einen Bananendampfer und zwei Frachter, die obendrein auch Ananas transportieren.
Nachdem der Kran eine Palette vom Schiff auf den Kai gestellt hat, bringt sie ein Gabelstapler in eine der Hallen zur Eingangskontrolle. Auf einem Förderband fährt der Kartonstapel an Mitarbeitern des Fruchtzentrums und an Sensoren vorbei. Die Kontrolleure nehmen für das Eingangsprotokoll Stichproben von den Temperaturen in den Kartons. Die Sensoren prüfen, ob die Verpackungen beschädigt wurden. Erfüllt eine von ihnen nicht die genormten Maße, wird sie von der Transportstraße auf eine Nebenschiene gefahren. "Dort schauen wir zum Beispiel, ob sich Kartons oder Paletten noch reparieren lassen", sagt Haase. Etliche Marken rollen vorbei, auch die in Deutschland wohlbekannten "Onkel Tuca"-Bananen des Hamburger Importeurs Afrikanische Frucht-Compagnie.
In der "Rekonditionierungshalle" werden bereits reife Früchte und zu stark beschädigte Kartons aussortiert. "Manche Importeure sehen sich sehr viele ihrer Paletten auf die Qualität der Früchte hin an, andere sind nicht ganz so streng", sagt Haase, der seit 2004 beim Fruchtimport der HHLA arbeitet. Die weniger Strengen werfen die bereits reife Ware einfach weg.
Ein großer Teil der angelandeten Bananen geht zunächst in das Hochregallager der HHLA, ein anderer in das benachbarte Reifezentrum von Edeka auf dem O'Swaldkai. Von der Ernte bis zum Endkunden sind die Bananen gut vier Wochen unterwegs. Per Barcode auf den Kartons wird ihr Weg genau dokumentiert. Am Ende landen die Bananen, die in Hamburg ankommen, in der Auslage eines Supermarktes irgendwo in Deutschland oder im angrenzenden Ausland. Ein bis zwei Euro kostet ein Kilo. Wie viele andere Südfrüchte auch ist die Banane zur Massenware geworden. Noch immer ist die krumme Gelbe so beliebt, dass man für ihren Transport eigens Schiffe übers Meer schickt. Das könnte sich ändern. "Noch essen die Deutschen im Durchschnitt mehr als zwölf Kilo Bananen im Jahr", sagt Haase, "aber die Menge geht stetig zurück."
Morgen: An Bord mit dem Chef der Hafenlotsen
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