Ministerpräsident Wen Jiabao ist bereit, Investitionen in Schuldenländern zu verstärken. Er will die Spielregeln mitbestimmen.

Peking. Die Euro-Krise greift um sich, die Staatsverschuldung der USA liegt auf Rekordniveau und die Aktienmärkte befinden sich auf Talfahrt - doch die Lösung der Probleme könnte so nah sein: China kündigt die Bereitschaft an, bei der Bewältigung der finanziellen Schwierigkeiten zu helfen. Zum Auftakt des „Sommer-Davos“ genannten Treffens des Weltwirtschaftsforums bot der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao an mit Investitionen dem Schulden-Strudel gegenzusteuern. Allerdings: Die Spielregeln will er mitbestimmen. Vorraussetzung wäre demnach, dass die Regierungen in Europa, in den USA und anderen Staaten die Schuldenproblematik selbst angehen würden. Zudem müssten ausländische Investoren stärker geschützt werden, fordert Wen. Dann sei sein Land bereit, die Investitionen in Europa zu verstärken. Sein formuliertes Ziel: eine engere, globale Wirtschaftskooperation.

Von den USA verlangte Wen Jiabao eine größere Öffnung ihres Marktes für Investitionen chinesischer Unternehmen. China müsse dann auch nicht mehr soviel seiner Devisenreserven in Höhe von 3,2 Billionen US-Dollar (2,3 Billionen Euro) in US-Staatsanleihen investieren. Rund zwei Drittel hält China davon in US-Dollar, ein Viertel in Euro. Die Investitionen könnten neue Jobs schaffen. Die USA könnten auch ihre Exporte ausweiten, in dem sie Beschränkungen für die Ausfuhr hochtechnologischer Produkte nach China aufheben.

Wen Jiabao wies darauf, dass China ohnehin 2016 in Folge seiner Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) international als Marktwirtschaft anerkannt werde. Die Europäer sollten aber schon vorher ihre Ernsthaftigkeit demonstrieren, „in einer Weise, wie ein Freund einen anderen Freund behandelt“, sagte Chinas Regierungschef. Der Status einer vollen Marktwirtschaft schützt China vor Anti-Dumping-Klagen und hat für Peking hohen symbolischen Charakter.

Zuvor gab es Medienberichte, dass die hochverschuldeten Italiener Hilfe in China gesucht hätten. Bei einem Treffen von Finanzminister Giuoio Tremonti und Vertretern aus China in der vergangenen Wochen hätte es tatsächlich Gespräche um eine Beteiligung der asiatischen Großmacht an der lahmenden italienischen Industrie gegeben. Der Ankauf italienischer Staatsanleihen habe dabei allerdings keine Rolle gespielt, hieß es. Seit einiger Zeit halten sich Gerüchte, wonach die Regierung in Rom China um den Erwerb einer größeren Zahl italienischer Bonds gebeten hat. Es wäre nicht der erste Kauf gefährlicher Staatsanleihen durch die Chinesen. Auch in griechischen Papieren sind sie massiv engagiert.

Die Europäische Zentralbank bemüht sich bereits seit rund einem Monat, mit dem umstrittenen Kauf italienischer Staatsanleihen die Zinsen für das Land auf einem erträglichen Niveau zu halten. Diese Hilfe trägt jedoch bislang kaum Früchte: Bei einer Kreditaufnahme im Volumen von vier Milliarden Euro verlangten Investoren am Dienstag eine Rendite von 5,6 Prozent - so viel wie noch nie seit Einführung des Euro. Zudem war die Nachfrage deutlich geringer als bei vorherigen Emissionen. Unter den Investoren nahm die Enttäuschung über die andauernde Schuldenkrise weiter zu. "Die Märkte wollen endlich sehen, dass entschieden gehandelt wird und jemand Herr der Lage ist“, sagte Marc Ostwald von Monument Securities in London. Auch der Chef des größten italienischen Konzerns Fiat zeigte sich auf der Frankfurter Automesse besorgt: "Falls die falschen Entscheidungen getroffen werden, könnte das ganze System den Bach runtergehen.“