Zum ersten Mal seit zwei Jahren ist der Dax unter die 5000-Punkte-Marke gefallen. US-Börsen kamen mit starkem Schlussspurt noch ins Plus.

Frankfurt/Main. Die sich verschärfende Diskussion über eine Pleite Griechenlands und die drohende Herabstufung französischer Banken haben die Anleger an den Finanzmärkten zu Wochenbeginn verschreckt. Sie ließen daher am Montag von Aktien, aber auch von Industriemetallen lieber die Finger. Der Dax fiel erstmals seit gut zwei Jahren unter die Marke von 5000 Punkten und rutschte um bis zu 4,3 Prozent ab. Nach der Eröffnung der US-Börsen verringerte der deutsche Leitindex sein Minus etwas und schloss 2,3 Prozent niedriger bei 5072,33 Zählern. In New York gab der Dow-Jones-Index 0,6 Prozent nach. Der EuroStoxx50 büßte 3,6 Prozent auf 1998 Punkte ein.

Für zusätzliche Nervosität sorgte am Nachmittag die Meldung, dass es in der südfranzösischen Atomanlage Marcoule zu einer Explosion kam. Der Leitindex CAC40 in Paris fiel daraufhin auf ein Zweieinhalb-Jahres-Tief. Die Aktien des Kernkraftwerkbetreibers EDF gaben um bis zu 7,8 Prozent nach. Die Titel der deutschen Rivalen E.ON und RWE bauten ebenso wie der Dax ihre Verluste zeitweise aus. Behörden und Betreibern zufolge trat bei der Explosion jedoch keine Radioaktivität aus.

+++ Griechenland: Kurz vor Bankrott +++
+++ Der neue EZB-Chef +++

Im Mittelpunkt stand aber die mittlerweile offen geführte Diskussion über eine Staatspleite Griechenlands. Medienberichten vom Wochenende zufolge laufen im Bundesfinanzministerium bereits Planspiele, wie ein Bankrott beherrscht werden könnte. Der FDP-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler nannte in einem Beitrag für „Die Welt“ eine geordnete Insolvenz denkbar, wenn dafür die Instrumente zur Verfügung stünden. Selbst in Berlin sei das Thema nun kein Tabu mehr, sagte Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank, in einem Interview Reuters TV. „Man weiß ganz genau: Griechenland ist nicht mehr in der Eurozone zu halten.“

Enttäuscht zeigten sich die Anleger davon, dass bei dem Treffen der G7-Finanzminister in Marseille keine konkreten Beschlüsse zur Ankurbelung der lahmenden Weltwirtschaft gefasst wurden.

Der Euro kam am Morgen unter die Räder: Die Gemeinschaftswährung fiel zeitweise unter die Marke von 1,35 Dollar auf den niedrigsten Stand seit Februar und lag damit rund 1,5 US-Cent unter dem New Yorker Freitagsschluss. Am Nachmittag berappelte sich der Kurs für die Gemeinschaftswährung aber wieder und notierte bei 1,3640 Dollar. Die Kosten für Kreditausfallversicherungen (CDS) einiger südeuropäischer Staaten – allen voran Griechenland – erreichten neue Rekordhochs. Die Risikoaufschläge (Spreads) für Bonds stark verschuldeter Euro-Länder wie Italien und Spanien zogen ebenfalls an.

Dunkle Wolken brauten sich auch über den französischen Banken zusammen: BNP Paribas , Societe Generale und Credit Agricole müssen mit einer Herabstufung durch die Ratingagentur Moody's rechnen. „Die Rating-Agentur Moody's geht davon aus, dass das Trio zu stark in Griechenland engagiert ist“, schrieben die Analysten der Saxo Bank in einem Kommentar. Die Titel schlossen zwischen 12,4 und 10,6 Prozent im Minus, der europäische Bankenindex fiel um 4,3 Prozent. Am deutschen Aktienmarkt waren die Commerzbank und die Deutsche Bank mit Abschlägen von 8,3 beziehungsweise 7,3 Prozent die größten Verlierer. „Die Auswirkungen einer Pleite Griechenlands wären furchtbar für zahlreiche europäische Banken“, betonten die Saxo-Bank-Experten. „Ein brutaler Fall der Aktienkurse sowie Bedarf an frischem Kapital und an Liquidität wären die Folge.“

Weiterhin für Unruhe sorgte auch der Abgang von EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark. Er hatte am Freitag überraschend seinen Rücktritt angekündigt und damit die Märkte in Aufruhr versetzt. Das stärke nicht gerade das Vertrauen in die EZB, die europäische Finanzkrise in den Griff zu bekommen, sagte ein Händler.

Zu spüren war die Verunsicherung über den Ausgang der Schuldenkrise in Europa auch an den Rohstoffmärkten: Der Preis für eine Tonne Kupfer rutschte auf bis zu 8620 Dollar auf ein Ein-Monats-Tief ab. Ein Barrel der US-Rohölsorte WTI verbilligte sich zunächst auf bis 85 Dollar, stieg am Nachmittag dann aber wieder um 1,7 Prozent auf 88,75 Dollar.

US-Börsen mit starkem Schlussspurt

Die US-Börsen haben sich am Montag mit einem Schlussspurt in die Gewinnzone gerettet. Laut Händlern sorgte ein Medienbericht der „Financial Times“ in der letzten Handelsstunde für kräftigen Aufwind, wonach sich Italien in Gesprächen mit chinesischen Investoren über den Ankauf von Staatsanleihen befindet. Die Meldung ließ den Leitindex kurz vor Schluss in die Gewinnzone drehen und katapultierte ihn mit 0,63 Prozent ins Plus auf 11 061,12 Punkte. Zwischenzeitlich war der Index um rund 1,5 Prozent gesunken. Der breiter gefasste S&P 500 gewann 0,70 Prozent auf 1162,27 Punkte. An der Nasdaq legte der Composite-Index um 1,10 Prozent auf 2495,09 Punkte zu. Der Auswahlindex Nasdaq 100 stieg um 1,30 Prozent auf 2191,84 Punkte.

In dem Bericht der „Financial Times“ heißt es in Berufung auf nicht näher benannte Kreise, dass in den Gesprächen von „bedeutenden“ Summen die Rede sei. Laut Händlern konnte der Bericht die Anspannung wegen der sich zuspitzenden Schuldenkrise in Europa etwas lösen. Am Vormittag konnte sich Italien noch lediglich zu deutlich gestiegenen Zinsen am Kapitalmarkt refinanzieren. Auch die Sorgen um Griechenland seien dadurch etwas abgeschwächt worden, sagten Börsianer. Am Nachmittag hatte das „Wall Street Journal“ in Berufung auf zwei ranghohe Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds (IWF) berichtet, dass die Griechen die nächste Tranche des Rettungspakets erhalten sollen.

Bankenwerte schafften mit dem gedrehten Markt den Sprung in die Gewinnzone. Nach anfänglichen Kursverlusten schlossen die Aktien der Bank of America 1,00 Prozent höher bei 7,05 Dollar. Die US-Bank streicht in den kommenden Jahren voraussichtlich rund 30.000 Jobs. Bis zum Jahr 2014 will das Management jährliche Einsparungen von fünf Milliarden Dollar erreichen. Auch Titel von JPMorgan drehten ins Plus und legten am Ende 1,06 Prozent auf 32,42 Dollar zu.

Kursverluste gab es dagegen bis zuletzt bei einigen Rohstoff- und Industrieaktien. Papiere von DuPont waren mit einem Minus von 2,19 Prozent auf 44,28 US-Dollar der schwächste Indexwert. Titel des Aluminiumkonzerns Alcoa blieben trotz der spät anziehenden Kurse mit 0,26 Prozent im Minus zurück. Auch Caterpillar schlossen 0,11 Prozent tiefer.

An der Nasdaq stand derweil eine Übernahme von Broadcom im Fokus der Anleger. Der Spezialist für Netzwerk-Chips und Apple-Lieferant will für 3,7 Milliarden Dollar den Chiphersteller Netlogic Microsystems übernehmen. Aktien von Netlogic schnellten daraufhin um etwas mehr als die Hälfte auf 48,12 Dollar hoch. Broadcom-Titel dagegen gaben um rund ein Prozent auf 33,07 Dollar nach. Weitere Branchenwerte wie Micron Technology oder Nvidia wurden von der Übernahmefantasie ins Plus gehievt.

Auch beim Euro entspannte sich die Lage mit der Wende am Aktienmarkt zusehends. Die Gemeinschaftswährung erholte sich und stand zuletzt bei 1,3672 Dollar. Richtungweisende zehnjährige Staatsanleihen gaben nach. Sie verloren 9/32 Punkte auf 101 16/32 Punkte. Die Rendite stieg auf 1,953 Prozent.

Lateinamerikanische Börsen leicht im Minus

Die drei Hauptbörsen in Lateinamerika sind am Montag mit Verlusten in die neue Handelswoche gestartet. Im brasilianischen São Paulo gab der Index der Bovespa-Börse (Ibovespa) um 93,40 Punkte oder 0,17 Prozent auf 55 685 Zähler nach. Der IPC-Index in Mexiko-Stadt sank auch nur marginal um 20,06 Punkte oder 0,06 Prozent auf 33 792,56 Zähler. In Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires gab der Merval-Index dagegen um 65,16 stärker Punkte nach und sank um 2,36 Prozent auf 2688,06 Punkte.