DAX kann starke Gewinne nicht halten – Dow fällt - Inflation zieht an – Autonachfrage in China flacht ab - US-Zentralbank pessimistischer – Deutsche verlieren Vertrauen
Frankfurt/Main. Am eben noch blauen Himmel der Weltkonjunktur ziehen immer mehr schwarze Wolken auf und schicken die Börsen nach kurzer Entspannung wieder abwärts. Gleichzeitig zieht die Inflation in Deutschland an. Auch die Zuversicht der Bundesbürger lässt nach. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bricht anders als der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy aber ihren Urlaub nicht ab, um in den Kampf gegen die Krise einzugreifen.
Der DAX fiel am Mittwoch nach kräftiger Erholung um mehr als vier Prozent. Auch der US-Index Dow Jones verbuchte herbe Verluste von fast vier Prozent. Am Dienstag hatte er mit 429 Punkten oder vier Prozent im Plus geschlossen, nachdem die US-Notenbank angekündigt hatte, den Leitzins voraussichtlich für zwei weitere Jahre auf dem historischen Niedrigst-Niveau zu belassen.
Erstmals seit zweieinhalb Jahren ist der Ifo-Indikator für das Wirtschaftsklima im Euroraum gesunken und liegt im dritten Quartal nur noch knapp über dem langfristigen Durchschnitt. Das ergab die aktuelle Ifo World Economic Survey, die das Münchner Ifo-Institut veröffentlichte. Insbesondere die Erwartungen an die nächsten sechs Monate seien spürbar abgeschwächt. Viele Länder rechneten mit einer Verschlechterung ihrer Wirtschaftslage. Außerdem erwarten die Experten eine stärkere Inflation. Auf Jahressicht rechnet das Ifo-Institut mit einer Preissteigerungsrate von 2,6 Prozent im Euroraum.
Die britische Zentralbank senkte ihre Wachstumsprognose für dieses Jahr. Sie erwarte nun ein Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent. Die Preissteigerung in Großbritannien könne fünf Prozent erreichen, teilte die Zentralbank mit.
Die US-Notenbank Fed äußerte sich zu zentralen wirtschaftlichen Themen auch pessimistischer. In einer nach der Sitzung am Dienstag veröffentlichten Erklärung hieß es, das Wirtschaftswachstum sei „in diesem Jahr bisher deutlich schwächer ausgefallen als erwartet“. Von nun an rechne die Notenbank bezüglich der wirtschaftlichen Erholung mit einem etwas langsameren Tempo in den kommenden Quartalen. Auch die Zahl der Arbeitslosen werde voraussichtlich nur langsam sinken.
Bankenverband sieht deutsche Wirtschaft nicht in Gefahr
Die Staatsschuldenkrise und die Börsenturbulenzen lassen die Bundesbürger einer Umfrage zufolge pessimistischer in die Zukunft blicken. Jeder Zweite rechnet nach einer Erhebung für das Magazin „Stern“ und den Fernsehsender RTL damit, dass sich die wirtschaftliche Lage verschlechtern wird – das sind zwei Prozentpunkte mehr als in der Vorwoche.
Auch die Lebenshaltungskosten sind im Juli schneller gestiegen: Die Verbraucherpreise kletterten im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,4 Prozent. Damit liegt die Teuerungsrate seit einem halben Jahr über der Marke von zwei Prozent, bis zu der die Europäische Zentralbank von Preisstabilität spricht. Die Inflationsrate hatte in den vergangenen beiden Monaten 2,3 Prozent betragen, wie das Statistische Bundesamt mitteilte.
Der für die deutschen Autobauer enorm wichtige chinesische Automarkt verliert überdies an Schwung. Im Juli betrug der Absatzanstieg im Vergleich zum Vorjahresmonat noch 6,7 Prozent auf 1,01 Millionen Pkw, wie der Autoherstellerverband mitteilte. Unter Einrechnung der Nutzfahrzeuge betrug der Zuwachs 2,2 Prozent auf 1,3 Millionen Neufahrzeuge. In den vergangenen Jahren war der chinesische Automarkt noch zweistellig gewachsen.
Die deutschen Banken sind trotz der Börsenturbulenzen optimistisch, dass die deutsche Wirtschaft nicht abgewürgt wird. „Ich bin sicher, dass die Börsenkurse nicht die wirkliche Lage der Wirtschaft abbilden“, sagte der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken, Andreas Schmitz, der „Bild“-Zeitung. Die Auftragsbücher seien voll und die deutschen Unternehmen im Kern gesund.
Die Schuldenkrise der USA stelle zwar eine reale Gefahr dar, sei aber kein Grund für Panikverkäufe. Den Anlegern rät Schmitz darüber hinaus, Ruhe und Nerven zu bewahren. Die Spareinlagen der Bürger seien absolut sicher. Auch bei den Lebens- und Rentenversicherungen halte er mögliche Auswirkungen der Krise für überschaubar.
Merkel wird ihren Urlaub wegen der Finanzkrise nicht abbrechen. Der erste öffentliche Termin der Kanzlerin nach ihrem dreiwöchigem Urlaub wird am Samstag die Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag des Mauerbaus in Berlin sein, wie der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmanns mitteilte. Auf die Frage, warum die Kanzlerin ihren Urlaub angesichts der Schuldenkrise nicht wie Sarkozy unterbreche, sagte der Vize-Regierungssprecher, die Tatsache, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs alle an der Bekämpfung der Schuldenkrise arbeiteten, bedinge nicht, „dass alle die gleichen Tagesabläufe“ haben. (dapd)