DAX brach zwischenzeitlich auf minus sieben Prozent ein, holte dann aber Verluste auf. Dow Jones schloss mit 429 Punkten im Plus ab.

Hamburg. Es gilt als einer schwankungsreichsten Tage an der New Yorker Wall Street: Der Dow Jones Index schloss nach einer außergewöhnlich heftigen Berg- und Talfahrt schließlich mit 11.239 Punkten. Dies ist ein Plus von 3,98 Prozent. Nach extremen Kurseinbrüchen zum Wochenbeginn kam es zunächst zu einer deutlichen Erholung, die den Leitindex Dow Jones Industrial wieder über die Marke von 11.000 Punkten trieb. Doch die Nerven der Marktteilnehmer waren während der US-Notenbanksitzung zum Zerreißen angespannt. Auf die Aussagen der Fed zur Schwäche der US-Wirtschaft und zur daher überraschend langen Ausdehnung der Nullzins-Politik reagierte das Börsenbarometer mit rekordverdächtig kräftigen Ausschlägen in alle Richtungen.

Letztendlich schloss der Dow mit einem fulminanten Plus von 3,98 Prozent auf 11.239 Punkte und machte damit zumindest einen Großteil seiner Vortagsverluste wieder wett. "Das war der schwankungsreichste Tag im Dow, an den ich mich erinnern kann, und ich habe bereits seit 49 Jahren mit Märkten zu tun“, kommentierte Marktstratege David Buik von BGC Partners das Auf und Ab. Der breit gefasste S&P 500 stieg um 4,74 Prozent auf 1.172,53 Punkte und auch die Nasdaq-Indizes legten sehr kräftig zu. Der Composite-Index gewann 5,29 Prozent auf 2.482,52 Punkte und der Auswahlindex Nasdaq 100 rückte um 4,88 Prozent auf 2.160,79 Punkte vor.

Die Fed hatte im späteren Handelsverlauf mitgeteilt, sie werde ihre Nullzinspolitik voraussichtlich noch mindestens zwei weitere Jahre fortsetzen und begründete dies mit dem schwachen Wirtschaftswachstum in den Vereinigten Staaten. Die Fed-Aussagen zu ihrer Geldmarktpolitik seien "außerordentlich aggressiv“ gewesen, resümierte Bernd Weidensteiner, Volkswirt bei der Commerzbank.

Zuvor hatte die Angst von einer weltweiten Rezession an den internationalen Aktienmärkten am Dienstag eine neue Verkaufslawine ausgelöst. Mit einem Absturz von bis zu sieben Prozent verlor der deutsche Leitindex Dax so viel wie kein anderes großes europäisches Börsenbarometer. Der Börsenwert aller 30 Dax-Werte schrumpfte damit um rund 160 Milliarden Euro zusammen – was in etwa der jährlichen Wirtschaftsleistung Finnlands entspricht. Selbst an den Börsen der Krisenstaaten Griechenland, Spanien und Italien fielen die Verluste mit bis zu vier Prozent niedriger aus. In Tokio brach der Nikkei-Index im Handelsverlauf um bis zu 4,8 Prozent ein. Mit Beginn des Handels an der Wall Street verlor die Lawine zwar etwas an Fahrt. Doch Händler mochten keine Entwarnung geben. "Das sind wirklich nur Angst und Panik, die die Märkte regieren“, sagte Cort Gwon, Chefstratege bei HudsonView Capital Management in New York.

Die US-Notenbank Fed hat den Leitzins wie erwartet nicht verändert. Die Zinsspanne bleibe bei 0,0 bis 0,25 Prozent, teilte die Federal Reserve am Dienstag in Washington mit. Experten hatten mit einer solchen Entscheidung gerechnet. Der Leitzins liegt bereits seit rund zweieinhalb Jahren auf dem Rekordtief. Die Fed hatte ihn während der globalen Finanzkrise im Dezember 2008 auf diese Spanne gesenkt.

Am Rentenmarkt sprang die Europäische Zentralbank (EZB) laut Händlern erneut Spanien und Italien mit Anleihen-Käufen zur Seite. Händler schätzten, die Währungshüter könnten dafür seit Wochenbeginn bis zu 9,5 Milliarden Euro ausgegeben haben. Wie am Vortag suchten die Anleger die Sicherheit des Goldes. Die Feinunze kostete zeitweise mit 1778,29 Dollar oder 1250,93 Euro so viel wie noch nie.

An der Wall Street zogen die großen Indizes um zwei bis drei Prozent an und machten damit einen – wenn auch kleinen – Teil ihrer Vortagesverluste von fünf bis sechs Prozent wieder gut. Händler sprachen von panischen Verkäufen und Käufen, was sich in einem teils hektischen Auf und Ab der Kurse widerspiegelte. Börsenprofis in Frankfurt schraubten ihre Dax-Prognosen teils massiv zurück. "Der Ausverkauf wird wegen schwacher makroökonomischer Daten und der Risiken durch die Schuldenkrise in den Industriestaaten weitergehen“, erklärte Deutsche-Bank-Analyst Lars Slomka.

Stunde der Schnäppchenjäger

Das niedrige Kursniveau lockt aber auch Schnäppchenjäger wieder an den Markt: „Gold und Anleihen laufen sehr, sehr gut, wir machen da Gewinne und legen diese in Vermögensklassen an, die immer billiger werden – und das ist bei Aktien zweifellos der Fall“, sagte BlackRock-Investmentstratege James Holt am Dienstag im Reuters-Interview. Am Nachmittag notierte der Dax mit rund 5900 Punkten 0,5 Prozent im Minus. Sollte der Dax den Handel im Minus schließen, wäre es der zehnte Tagesverlust in Folge – ein Negativ-Rekord. Händler erklärten, dass langfristig orientierte Anleger am Morgen aber ausgestiegen seien. Somit könnte beim Einstieg kurzfristig orientierter Investoren die Achterbahnfahrt der Kurse noch eine Weile weiter gehen, mutmaßte ein Händler.

China fällt als Retter aus

Nach der Herabstufung der US-Bonitätsnote durch die Ratingagentur Standard & Poor's geht vor allem die Angst vor einer weltweiten Rezession um, denn anders als 2008 können viele hochverschuldete Länder keine großen Konjunkturprogramme auflegen. Verstärkt wurden die Sorgen durch schlechter als erwartet ausgefallene chinesische Konjunkturdaten. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt könnte dieses Mal als Retter ausfallen. „Die Hoffnung ist unrealistisch, dass China dieses Mal bereitsteht, die Weltwirtschaft zu retten“, entgegnet Yu Xuejun, Chef der chinesischen Bankenregulierung in der Provinz Jiangsu. „Wir verdauen noch immer die Reste des Pakets von 2008.“ Die Quittung für die Programme, mit der China seine Wirtschaft angeheizt hatte, war eine massiv anziehende Inflation.

Vor diesem Hintergrund richteten sich alle Augen auf die Sitzung des Offenmarktausschusses (FOMC) der US-Notenbank am Dienstagabend. „Die Investoren hoffen auf Stabilität“, sagte HudsonView-Chefstratege Cort Gwon. „Sie haben sie nicht von der Regierung bekommen, somit ist die Fed jetzt ihre letzte Hoffnung.“ Sollte es keine Hinweise auf Hilfe geben, dürfte der Ausverkauf weitergehen. Einige Anleger setzten darauf, dass die Fed eine dritte Auflage ihres Anleihe-Ankaufprogramms (QE3) ankündigten könnte.

EZB drückt Renditen von Anleihen

Am europäischen Rentenmarkt zeigten die Käufe der EZB weiter Wirkung: Die Renditen der spanischen und italienischen Anleihen gingen – wie beabsichtigt – zurück. Mit leicht über fünf Prozent lagen sie für zehnjährige Laufzeiten wieder im fiskal erträglichen Terrain, wie Händler erklärten. Vorige Woche waren die Zinsen deutlich über sechs Prozent geklettert.

Die Angst vor einer neuerlichen Rezession sorgte am Ölmarkt zeitweise für starke Abschläge. Bis zum Nachmittag hatten sich die Preise beruhigt. Am Devisenmarkt verharrte der Euro deutlich über 1,40 Dollar und notierte mit 1,4265 Dollar rund einen US-Cent höher als am Vorabend.

Der Tag im Live-Ticker

17.09 Uhr: Der Rubel ist am Dienstag auf ein Halbjahrestief gefallen. Hintergrund sind die wegen der neuerlichen Angst vor einer weltweiten Rezession seit Tagen fallenden Ölpreise. Gegenüber dem Dollar büßte die russische Währung am Mittag 3,0 Prozent ein. Der führende MICEX-Index fiel um 1,5 Prozent auf 1,5 Punkte und erreichte damit den niedrigsten Wert seit Oktober 2010.

16.57 Uhr: Die russische Regierung und die Zentralbank des Landes werden die Wirtschaft nötigenfalls mit frischer Liquidität stützen. Das sagte Premierminister Wladimir Putin am Dienstag in Moskau. Gleichzeitig hält er den Ankauf italienischer und spanischer Anleihen durch die EZB für gerechtfertigt, wenngleich hierdurch nicht alle Probleme gelöst werden könnten.

16.29 Uhr: Der Dow-Jones kämpft um die Marke von 11.000 Punkten. Das wichtigste US-Kursbarometer stieg zeitweise auf bis zu 11.030 Punkte, fiel dann wieder zurück

16.19 Uhr: Nach einem volatilen Start hat sich der Dow Jones vorerst auf einem Plus von rund 1,6 Prozent eingependelt. Zuvor war er kurzfristig bis auf den Vortragesschluss gefallen, verzeichnete jedoch zu keinem Moment ein Minus. Bei Nasdaq-Composite und S&P 500 fallen die Zuwächse mit 2,0 und 2,3 Prozent sogar noch deutlicher aus.

15.48 Uhr: Der Dow Jones Industrial ist nahezu unverändert in den Dienstagshandel gestartet. Nach den heftigen Kursverlusten von mehr als 600 Punkten am Vortag, legte das weltweite wichtigste Börsenbarometer zum Handelsstart um 1 Punkt zu. Die Nasdaq eröffnete mit einem Plus von 44,44 Punkten.

15.19 Uhr: Zwei Drittel der EuroStoxx50-Firmen mit neuen Tiefs: Besonders hart traf es GdF Suez. Die Aktien des französischen Versorgers waren mit 19 Euro zeitweise so billig wie noch nie. Die deutschen Konkurrenten E.ON und RWE notierten nahe ihrer jeweiligen Acht-Jahres-Tiefs.

15.14 Uhr: Die Deutsche Bank senkte ihre Prognose für den deutschen Leitindex Ende Dezember am Dienstag auf 6.800 Punkte. Manche Experten warnen sogar vor einem Einbruch wie in der Finanzkrise 2008. „Wenn die EU-Staaten eine Zahlungsunfähigkeit Italiens nicht verhindern, wäre das wie Lehman II“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer

15.08 Uhr: Der Kurs des Euro ist am Dienstag gestiegen. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,4267 (Montag: 1,4225) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7009 (0,7030) Euro.

15.02 Uhr: Der Chefökonom des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen, hat sich klar gegen eine Aufstockung des Euro-Rettungsschirms EFSF ausgesprochen, um die Kreditwürdigkeit Deutschlands nicht zu gefährden. „Wenn Deutschland jetzt Garantien und Hilfen für alle Nachbarstaaten übernimmt, dann werden wir unser Triple-A-Rating nicht halten können“, sagte Carstensen. Nach der Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Standard & Poor's führen weltweit noch 16 Länder die Bestnote „AAA“, unter anderem Deutschland und Frankreich.

14.19 Uhr: Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao fordert eine internationale Zusammenarbeit, um die Finanzmärkte zu beruhigen.

13.32 Uhr: Der DAX kann die herben Verluste vom Vormittag ein wenig kompensieren. Derzeit liegt er mit 1,4 Prozent im Minus. Zeitweise hatte er sieben Prozent verloren.

12.50 Uhr: Die internationalen Börsenturbulenzen haben auch die russische Währung in ihren Sog gezogen: Der Wechselkurs des Rubel sank den zweiten Tag infolge drastisch. Hinzu kamen starke Kursabschläge an der Börse. Seit Montag stürzte der Rubel zum Euro um etwa 5 Prozent. Beobachter machen die jüngste Abstufung der USA durch die Ratingagentur Standard & Poor's verantwortlich.

11.50 Uhr: Die EZB will am kommenden Montag bekannt geben, welche und wie viele Staatsanleihen sie aufgekauft hat. Die Märkte befänden sich wegen der derzeitigen Turbulenzen in der schlimmsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Dienstag dem Rundfunksender Europe 1.

10.51 Uhr: Zeitweise um mehr als 7 Prozent ist der DAX eingebrochen. Später erholte er sich wieder etwas. Etwa eineinhalb Stunden nach Börsenstart gab der deutsche Leitindex um 6,37 Prozent auf 5.546 Punkte nach.

10.31 Uhr: Der Dax weitet die Verluste aus und fällt um 5,1 Prozent auf ein 15-Monats-Tief von 5618,99 Punkten. Damit summiert sich das Minus der vergangenen zehn Handelstage auf knapp 25 Prozent.

10.01 Uhr: Der deutsche Aktienmarkt konnte seine frühen Gewinne nicht halten und ist innerhalb der ersten Handelsstunde doch wieder ins Minus gedreht. Der DAX verlor zuletzt 2,31 Prozent auf 5787 Punkte. Damit hat er seine Verluststrähne auf zehn Tage und das Minus auf mehr als 20 Prozent ausgeweitet. Für den MDax ging es nach einem freundlichen Auftakt um 3,11 Prozent auf 8274 Punkte nach unten und auch der TecDax drehte ins Minus und verlor 2,10 Prozent auf 665 Punkte. Händler hatten bereits zuvor auf die schwachen Vorgaben aus Übersee verwiesen.

9.10 Uhr: Der deutsche Aktienmarkt ist am Dienstag zunächst mit leichten Verlusten in den Handel gestartet, drehte aber rasch ins Plus. Der deutsche Leitindex verzeichnete kurz nach Handelsauftakt ein Plus von 0,74 Prozent gegenüber dem Vortag. Am Montag hatte das wichtigste deutsche Börsenbarometer noch 5 Prozent eingebüßt und bei 5923,27 Punkten geschlossen.

8.55 Uhr: Nach einem turbulenten Handel mit zum Teil massiven Kursstürzen haben sich die Verluste an den asiatischen Börsen am Dienstag in Grenzen gehalten. An der asiatischen Leitbörse in Tokio verlor der Nikkei-Index 1,68 Prozent, nachdem die Kurse zeitweilig um bis zu 5 Prozent nachgegeben hatten. Die Börse in Seoul schloss mit einem Minus von 3,64 Prozent. Dort waren die Kurse zwischenzeitlich um fast zehn Prozent abgestürzt. Die Börse in Sydney schloss sogar mit 1,2 Prozent im Plus.

8.42 Uhr: Der Kurs des Euro hat sich am Dienstag im frühen Handel etwas von seinen jüngsten Verlusten erholt. Die europäische Gemeinschaftswährung wurde mit 1,4240 US-Dollar gehandelt. Ein Dollar war 0,7025 Euro wert.

8.01 Uhr: Der Goldpreis hat gestützt durch die Talfahrt an den asiatischen Aktienmärkten seine Rekordjagd am Dienstag fortgesetzt. Der Preis für eine Feinunze (etwa 31 Gramm) stieg in der Spitze bis auf 1771,05 US-Dollar.

7.30 Uhr: Die Sorgen der Investoren vor einer möglichen weltweiten Rezession hat die Börsen in Asien teilweise abstürzen lassen. So verloren die Indizes in Südkorea und Hong Kong rund sieben Prozent. Der Hongkonger Hang-Seng-Index verlor 6,7 Prozent auf 19.110,39 Zähler. Der Handel an der südkoreanischen Börse Kospi in Seoul wurde nach einem Absturz um 8,6 Prozent auf 1.708,91 Punkte kurzzeitig ausgesetzt. Die Verluste beliefen sich später aber immer noch auf sieben Prozent.

5.55 Uhr: Die Börse in Tokio bleibt auf Talfahrt. Nach den Verlusten der Wall Street am Vortag in Folge der Schuldenkrise in den USA und in Europa setzte der Aktienmarkt den Negativtrend am Dienstag fort. Der Nikkei-Index für 225 führende Werte notierte zur Handelsmitte ein Minus von 403,25 Punkten oder 4,43 Prozent beim Zwischenstand von 8694,31 Punkten. Der breit gefasste Topix gab bis dahin um 36,34 Punkte oder 4,64 Prozent auf 746,52 Zähler nach.

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Die Schuldenkrise auf beiden Seiten des Atlantiks hält die Anleger auch zu Beginn der neuen Woche weiter in ihrem Bann. Der Aktienmarkt litt - wie erwartet - unter der am Freitagabend nach Börsenschluss verkündeten Entscheidung der Rating-Agentur Standard & Poor's, den USA die Bonitätsbestnote abzuerkennen.

In Europa hofft man auf eine Beruhigung der Situation durch die verstärkten Sparbemühungen in Spanien und Italien. "Diese Entscheidu88ngen werden zur finanziellen Stabilität in der Euro-Zone beitragen", lobte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy die beiden Länder. Auch der jüngste Entschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) führe zu mehr Beständigkeit.

Die Notenbank hatte Marktteilnehmern zufolge gestern damit begonnen, italienische und spanische Staatsanleihen zu kaufen, um damit ein Übergreifen der Krise auf die beiden Euro-Länder zu verhindern.

Dagegen hält der Chefökonom des Ifo-Instituts den Feuerwehreinsatz der EZB für die beiden Schuldenstaaten für ein gewagtes Manöver. "Das ist zwar momentan hilfreich, sendet über die kurze Sicht hinaus aber ein falsches Signal", sagte Kai Carstensen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Notenbank spiele für die Politik den Nothelfer, womit ihre Unabhängigkeit weiter Schaden nehme. "Die Politik lässt alles immer so lange anköcheln, bis es anbrennt. Dann kommt die EZB."

Vor dem Hintergrund der Turbulenzen an den Märkten beantwortet das Abendblatt die wichtigsten aktuellen Fragen zur Schuldenkrise.

Welche Folgen hat die Rating-Herabstufung der USA für den Anleihemarkt?

"Zumindest theoretisch müsste die Herabstufung der US-Anleihen zu einer Flucht in die Bundesanleihen führen", sagte der Kapitalmarktexperte Matthias Thiel vom Hamburger Privatbankhaus M.M.Warburg. Dies würde die Rendite der deutschen Papiere senken - und damit den Bund bei den Zinszahlungen entlasten. Thiel bezweifelt allerdings, dass die Auswirkungen auf den Markt tatsächlich gravierend sein werden: "Der Verlust der AAA-Einstufung wird nicht bedeuten, dass die Investoren sich in großem Stil von amerikanischen Staatsanleihen trennen", erwartet der Experte. "Der US-Anleihemarkt ist wegen seiner Größe und Liquidität alternativlos." Zudem hätten sich zahlreiche Anleger schon seit einiger Zeit gefragt, ob das AAA für die USA noch gerechtfertigt ist. Auch Ralph Solveen, Volkswirt bei der Commerzbank, geht davon aus, dass sich die Folgen für den Anleihemarkt in Grenzen halten: "Zwar gibt es US-Pensionsfonds, die gesetzlich verpflichtet sind, nur in Papiere mit der Rating-Bestnote zu investieren", erklärte Solveen. Doch schon seit Längerem werde überlegt, diese Bestimmungen zu ändern: "Die Politik wird kein Interesse daran haben, diese großen Fonds zum Kauf ausländischer Anleihen mit den damit verbundenen Währungskursrisiken zu zwingen."

Verlieren bald noch weitere Staaten die Rating-Bestnote?

"Vieles deutet darauf hin, dass der Zyklus der Herabstufungen anhält", sagte Thiel. "Als nächster unter den derzeit noch mit AAA beurteilten Staaten dürfte Frankreich in den Fokus geraten." Aktuell sei der Risikoaufschlag auf die Rendite französischer Staatsanleihen im Vergleich zu entsprechenden Bundesanleihen auf den höchsten Stand seit 1995 geklettert.

Besteht Gefahr für deutsche Banken?

"Die aktuellen Turbulenzen am Aktienmarkt sind für die Banken relativ unproblematisch", sagte Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management, dem Abendblatt. Die Geldhäuser seien viel stärker am Anleihemarkt engagiert. Doch auch die Herabstufung der US-Staatsanleihen durch die Rating-Agentur Standard & Poor's habe kurzfristig nur geringe Auswirkungen auf die Anlagebestände der Banken, denn die Zinsen und Tilgungen auf die US-Papiere kämen unverändert weiter herein. Auf mittlere Sicht könne es jedoch für die Banken enger werden, wenn es auch in anderen Ländern Umschuldungen nach dem Muster Griechenlands geben sollte und sich die privaten Investoren etwa an der Sanierung der Staatsschulden Portugals, Irlands oder Spaniens beteiligen müssten.

Lohnt es sich jetzt noch, in Gold oder in Fremdwährungen zu investieren?

Im frühen Handel erreichte der Goldpreis mit 1715 Dollar je Feinunze (31 Gramm) ein neues Allzeithoch. "Für sehr sicherheitsorientierte Anleger hat Gold seine Berechtigung, aber auf dem jetzigen Niveau schwindet unser Optimismus für die weitere Preisentwicklung des Metalls", sagte Bernd Schimmer, Leiter der Wertpapieranalyse bei der Haspa. Eine weitere Möglichkeit, sich von einer Geldanlage in Euro abzukoppeln, sei der Kauf von Staatsanleihen von Ländern außerhalb der Euro-Zone wie etwa der Schweiz oder Norwegen in der jeweiligen Landeswährung. Doch diesen Weg sind schon viele Investoren gegangen - und haben die Kurse hochgetrieben. "Hinzu kommt, dass Staaten mit sehr harter Währung in der Regel ein sehr niedriges Zinsniveau haben", so Schimmer. Bei einem etwas längeren Anlagehorizont könne es sinnvoller sein, zum Beispiel Aktien von Schweizer Unternehmen in der Landeswährung zu erwerben. Schimmers Fazit: "Wer von einem Zerfall des Euro ausgeht und seine Anlageentscheidungen danach ausrichtet, darf dann nicht täglich auf die Wertentwicklung schauen, so wie man das beim Eigenheim ja auch nicht täte."

Von Volker Mester