Der Energiekonzern RWE will sich wohl vom britischen Strom- und Gasgeschäft zurückziehen. Verkauf der Tochter Npower wird geprüft.

London. Der Energiekonzern RWE denkt wohl über einen Rückzug aus dem britischen Strom- und Gasgeschäft nach. Die Möglichkeit eines Verkaufs der Tochter Npower werde zwar geprüft, konkrete Schritte für eine Veräußerung gebe es aber nicht, sagten zwei mit der Situation vertraute Personen am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Diverse Geschäfte würden im Zuge der von Vorstandschef Jürgen Großmann geplanten Verkäufe von Unternehmensteilen in Milliardenhöhe unter die Lupe genommen. Npower habe dabei keine Priorität. Die RWE-Aktie profitierte von den Spekulationen, die die „Sunday Times“ losgetreten hatte. Zeitweise kletterte das Papier am Montag um 1,4 Prozent. Ein Verkauf von Npower wäre keine Überraschung, erklärten die Analysten von JP Morgan in einer Kurzstudie. Die Tochter habe die Erwartungen nicht erfüllt. Hinter einem Verkauf stehe aber ein Fragezeichen, weil RWE womöglich nicht einmal den Buchwert erhalten würde, sagte eine mit der Situation vertraute Person Reuters. RWE wolle eine hohe Abschreibung vermeiden. Der Energieriese hatte das Unternehmen 2002 für umgerechnet rund fünf Milliarden Euro gekauft.

Die „Sunday Times“ hatte unter Berufung auf Informationen aus dem Unternehmen berichtet, dass die Investmentbank Goldman Sachs beauftragt worden sei, Optionen für die Tochter zu prüfen. Der Preis könne bis zu fünf Milliarden Pfund (umgerechnet etwa 5,5 Milliarden Euro) betragen. Ein Interessent könne der spanische Versorger Iberdrola sein. Die Spanier lehnten ebenso wie RWE einen Kommentar dazu ab. Großbritannien gehöre weiter zu den Kerngeschäften von RWE, erklärten die Essener. Der wegen des Atomausstiegs unter Druck stehende Konzern will binnen drei Jahren durch Beteiligungsverkäufe bis zu acht Milliarden Euro einnehmen. Es wird erwartet, dass RWE in Kürze rund 75 Prozent seiner Anteile an der Stromnetztochter Amprion abstößt. Zudem erwägt der Versorger den Verkauf seines Anteils von 24,9 Prozent an den Berliner Wasserbetrieben.

Großbritannien ist der größte Auslandsmarkt von RWE. Die Geschäftszahlen hatten jedoch in den vergangenen Jahren mehrfach für Enttäuschung gesorgt. Der britische Markt ist hart umkämpft. Zu den großen Anbietern gehört auch der Konkurrent E.ON. RWE Npower versorgt 6,7 Millionen Haushalt- und Geschäftskunden mit Strom und Gas. 2010 hatte die Tochter bei einem Umsatz von 7,8 Milliarden Euro ein Betriebsergebnis von 272 Millionen Euro erzielt. Der Gesamtkonzern kam bei Erlösen von 53 Milliarden Euro auf ein Betriebsergebnis von 7,7 Milliarden Euro. Die Tochter betreibt Kraftwerke mit einer Leistung von 11.000 Megawatt, vor allem Kohle- und Gaskraftwerke. Deren Betrieb wird 2013 teurer, wenn alle Verschmutzungsrechte zum Ausstoß von Kohlendioxid erworben werden müssen. RWE betreibt in Großbritannien auch Windkraftanlagen und Wasserkraftwerke. Diese gehören aber nicht zu Npower, sondern zu der Ökostromtochter RWE Innogy. Dieses Geschäft will Großmann ausbauen. (Reuters)