20.000 Griechen marschieren friedlich zum Parlament in Athen, besetzen den Hafen von Piräus. Straßenschlachten mit der Polizei folgen.

Athen. Die drastischen Sparpläne der sozialistischen Regierung treiben die Griechen auf die Straße und verwandeln Athen in ein Schlachtfeld. Das Sparpaket der Regierung von Giorgos Papandreou im Volumen von 28 Milliarden Euro weckt Verzweiflung und Zorn. Anfangs zogen 20.000 Menschen friedlich durch die Straßen Athens zum Parlament. Dann setzt die Polizei nach einer Kundgebung Tränengas gegen Steine werfende Demonstranten ein.

Hunderte vermummte Jugendliche lieferten sich Kämpfe mit den Sicherheitskräften. Mehr als 5.000 Bereitschaftspolizisten waren in der Athener Innenstadt im Einsatz. Die Polizei setzte Tränengas und Blendgranaten gegen die Krawallmacher ein. Drei Polizisten wurden verletzt, mindestens drei Demonstranten hatten Atemprobleme. Bei Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Gruppen wurde eine Person durch einen Stich verletzt. Auch in der nordgriechischen Stadt Thessaloniki, der zweitgrößten des Landes, beteiligten sich 7.000 Menschen an den Protesten.

Die Kundgebung bildete den Auftakt zu einem 48-stündigen Generalstreik, zu dem die beiden größten Gewerkschaften ADEDY und GSEE aufgerufen hatten. Hunderte Flüge wurden abgesagt oder verschoben, nachdem die Fluglotsen des Landes am Dienstagmorgen für vier Stunden ihre Arbeit niederlegten. Eine weitere vierstündige Arbeitsniederlegung war für den Abend geplant. Auch Bus- und U-Bahn-Fahrer, Ärzte, Krankenwagenfahrer, Journalisten und Schauspieler eines staatlichen Theaters schlossen sich dem Streik an. Der öffentliche Verkehr in Athen kam zum Erliegen. Die sonst so belebten Einkaufsstraßen im Stadtzentrum wirkten wie ausgestorben.

Die Gewerkschaften rechneten mit massenhafter Unterstützung des Generalstreiks nicht nur durch ihre Mitglieder. „In den nächsten 48 Stunden werden Arbeiter, Arbeitslose und junge Menschen die Straßen bevölkern“, kündigte ADEDY-Chef Spyros Papaspyros an, dessen Gewerkschaft eine halbe Million Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes vertritt. Demonstranten blockierten den Hafen von Piräus, während sich vor dem Parlament Tausende zu Kundgebungen gegen die neuen Sparpläne der Regierung versammelten. „Die Regierung hat uns den Krieg erklärt und auf diesen Krieg werden wir auch mit Krieg antworten“, sagte einer der Demonstranten.

Bis zum Nachmittag hatten sich bei strahlendem Sonnenschein rund 20.000 Menschen auf dem Platz vor dem Parlament versammelt. Auf Spruchbändern wurde gegen die Banken Front gemacht. „Europa sollte uns nicht wie Aussätzige behandeln“, sagte ein 38-jähriger Verwaltungsangestellter. „Langsam fühlen wir uns nicht mehr als Teil Europas.“

Die Volksvertretung will am Mittwoch und Donnerstag über weitere Leistungskürzungen, Steuererhöhungen und Privatisierungen abstimmen. Die Zustimmung zum Sparprogramm von Ministerpräsident Giorgos Papandreou ist Voraussetzung für weitere Milliarden-Hilfen von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF).

Das Sparprogramm hat in der durch Korruption und Vetternwirtschaft ohnehin desillusionierten Bevölkerung tiefe Empörung ausgelöst. Viele Griechen sind besonders über die harten Bedingungen von EU und IWF verbittert. „Sie fordern das Volk auf, sich 50 Jahre lang zu beugen und später noch schlimmere Maßnahmen zu akzeptieren“, erklärte Kommunisten-Chefin Aleka Papariga.

Der Zorn über das Sparprogramm reicht über die Gewerkschaften und die radikale Linke hinaus. So äußerte auch der Einzelhandelsverband ESEE Ablehnung und rief seine Mitglieder auf, ihre Schaufenster aus Protest mit griechischen Flaggen zu drapieren. Über das Internet rief der Verband Abgeordnete zur Ablehnung des Sparprogramms auf.

Neben Oppositionellen haben sich auch einige Abgeordnete der sozialistischen Regierungspartei von Papandreou gegen die neuen Sparmaßnahmen ausgesprochen. Die Sozialisten verfügen über eine Mehrheit von lediglich fünf Sitzen im 300 Abgeordnete starken griechischen Parlament.

Finanzminister Evangelos Venizelos appellierte an die Volksvertreter, dem Sparprogramm zuzustimmen: „Es geht um das Schicksal unseres Landes, damit sollte niemand leichtfertig umgehen.“ Allgemein wird mit einer knappen Mehrheit gerechnet. Die regierenden Sozialisten verfügen über 155 der 300 Parlamentsmandate.

Die Volksvertretung will am Mittwoch und Donnerstag über weitere Leistungskürzungen, Steuererhöhungen und Privatisierungen abstimmen. Die Zustimmung zum Sparprogramm von Ministerpräsident Giorgos Papandreou ist Voraussetzung für weitere Milliarden-Hilfen von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF).

Griechenland erlebt derzeit die schwerste Rezession seit den 1970er Jahren. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei über 40 Prozent, die öffentliche Verschuldung bei 150 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Mit Material von dapd/reuters