EU-Finanzminister wollen Banken an Griechenland-Rettung beteiligen. Doch Finanzexperten bezweifeln den Erfolg
Hamburg. Die Rettung Griechenlands bleibt ein riskantes Unterfangen. Egal ob die Euro-Länder milliardenschwere Hilfspakete schnüren oder das Land in die Insolvenz schlittert, eines steht für Experten längst fest: Jede Lösung wird teuer - und dürfte eine gigantische Summe verschlingen. Damit am Ende nicht allein die Steuerzahler in den Euro-Ländern zur Kasse für die strauchelnden Mitgliedsländer gebeten werden, haben sich die EU-Finanzminister jetzt darauf verständigt, auch private Gläubiger wie Banken und Versicherungen an dem Rettungspaket zu beteiligen - allerdings nur freiwillig.
Während sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) "zuversichtlich" zeigte, "dass wir auf diesem Weg ein gutes Ergebnis erzielen können", sind Finanzexperten skeptisch. Das Problem liege in dem Wort "Freiwilligkeit". Da kaum zu erwarten sei, dass sich eine Bank freiwillig von Gewinnen verabschiedet, werde der Gesamtbeitrag der Kreditwirtschaft wohl eher gering ausfallen. "Eine freiwillige Beteiligung der Banken und Versicherungen ist sehr unrealistisch", sagt der Präsident des Bayerischen Finanzzentrums, Wolfgang Gerke, dem Abendblatt. "Ein solcher Beitrag wäre nur per Zwangsanordnung zu erreichen. Alles andere wirkt allenfalls als verbale Beruhigungspille für die Bürger."
Der Konjunkturchef des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI), Michael Bräuninger, bezeichnet die Freiwilligkeit zudem als rechtlich problematisch. "Wenn ein Vorstand freiwillig Risiken für Kredite eingeht, die nichts bringen, könnten ihn seine Aktionäre verklagen. Er darf schlichtweg nicht zulasten seiner Teilhaber agieren." Bei den Zugeständnissen seien deshalb nur Zwischenlösungen mit Gegenleistung denkbar. Grundsätzlich könnten die Banken Griechenland entlasten, indem die Schulden neu bewertet werden (Schuldenschnitt), Zinsen für Kredite gesenkt oder die Laufzeiten für laufende Kredite verlängert werden. In Regierungskreisen wird dennoch maximal mit einem einstelligen Milliardenbetrag als Bankenbeitrag gerechnet.
Auf die Forderung der EU-Finanzminister haben die Banken gestern vor allem mit neuen Wünschen an die Regierenden reagiert. So forderte der Bankenverband unverhohlen wirtschaftliche Anreize, damit die Institute neue Anleihen des hoch verschuldeten Euro-Staates kaufen. Dabei könnte es sich um staatliche Garantien, höhere Renditen oder eine vorrangige Bedienung im Pleitefall handeln. Hilfreich wäre beispielsweise "eine bessere Bonität durch gewisse Sicherheiten", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken, Michael Kemmer.
Die Hoffnung auf große Beiträge durch private Banken ist auch aus einem anderen Grund nicht mehr groß, meint der Finanzexperte Gerke. "Die private Kreditwirtschaft hat sich in den vergangenen Monaten stark aus ihren Engagements in Griechenland zurückgezogen. Stattdessen sind staatliche Institutionen wie die HRE, die Landesbanken und die Europäische Zentralbank (EZB) eingesprungen. Damit wird am Ende der Steuerzahler die Hauptlast tragen müssen." Besonders bedenklich seien die massiven Aufkäufe von griechischen Anleihen durch die EZB. Hierauf habe vor allem Frankreich gedrungen, dessen Banken stark in griechische Anleihen investiert haben. "Die Europäische Zentralbank ist eine Bad Bank für Not leidende europäische Staatsanleihen geworden", kritisiert Gerke. Auch der HWWI-Konjunkturchef Bräuninger sieht, dass sich die Privatbanken zunehmend aus der Verantwortung stehlen, während die Staaten immer mehr Risiken übernehmen. So liegt das Gesamtengagement privater deutscher Finanzinstitute bei unter 20 Milliarden Euro (siehe Grafik). Allerdings sieht Bräuninger weder die EZB noch den Euro in Gefahr: "Im schlimmsten Fall wird die EZB über mehrere Jahre keine Gewinne erzielen."
Aber nicht nur die Banken, auch die Griechen haben das monatelange Gezerre um die Rettung ihrer Ökonomie genutzt, ihr Geld in Sicherheit zu bringen. So hätten die Bürger geschätzt 40 Milliarden Euro ins Ausland geschafft, sagt Gerke. Gleichsam verstehe er die zögerliche Haltung der EU-Finanzminister, weitere Mittel freizugeben: "Die Verzögerung ist zwar schädlich, noch schädlicher wäre es aber, Geld nach Griechenland zu schicken, ohne zu wissen, in welchen Kanälen es versickert."
So schauen heute alle gespannt auf das Parlament in Athen. Die Bestätigung des Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou in seinem Amt ist ein Wegbereiter für ein weiteres Sparprogramm, das Voraussetzung für die Vergabe eines Zwölf-Milliarden-Kredits ist, der die Griechen im Juli vor der Pleite bewahren soll.