Bundesfinanzministerium hat Modell zur Beteiligung privater Gläubiger entwickelt. Experten halten radikalere Schritte für notwendig.

Berlin. Die Beteiligung der Banken an neuen Milliardenhilfen für Griechenland gewinnt erste Konturen. Das Bundesfinanzministerium hat einem Zeitungsbericht zufolge ein Modell entwickelt, das eine freiwillige Beteiligung der privaten Gläubiger an Schuldenerleichterungen ermöglichen soll. Experten äußerten sich am Sonnabend allerdings skeptisch, ob das nur kurzfristig vor der Pleite gerettete Land auf Dauer um radikale Schritte zur Etat-Sanierung herumkommt.

Fachleute des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission hatten am Freitag grünes Licht gegeben für die Fortführung des seit einem Jahr laufenden Hilfspakets über 110 Milliarden Euro. Allerdings zeichnet sich bereits eine neue Finanzlücke von etwa 65 Milliarden Euro ab, weil das Land wegen weiter hoher Zinsen nicht ab 2012 an den Kapitalmarkt zurückkehren kann. Im Gespräch ist deshalb ein zweites Hilfspaket, an dem auch die Banken beteiligt werden sollen.

Die „Welt am Sonntag“ berichtete, einem inoffiziellen Papier des Bundesfinanzministeriums zufolge soll das neue Paket von 2012 bis 2014 laufen. Begleitet werden solle es von einen freiwilligen Umtausch griechischer Staatsanleihen in neue Schuldtitel mit einer verlängerten Laufzeit von sieben Jahren. Eine solche Beteiligung der Banken gilt als heikel, weil sie eine Kettenreaktion in den Bilanzen der Gläubiger auslösen könnte.

So warnte die Ratingagentur Standard & Poor's in einem Reuters vorliegenden Bericht, wenn private Gläubiger de facto zu einem freiwilligen Forderungsverzicht genötigt würden, weil ihnen sonst noch höhere Forderungsausfälle drohten, würden die Staatsanleihen mit dem Ausfall-Status „default“ versehen. In der Folge könnten etwa Kreditausfall-Versicherungen fällig werden.

Der Zeitung zufolge halten es die Beamten aber prinzipiell für möglich, eine Umschuldung so zu strukturieren, dass es nicht zu einem Ausfall kommt. Sie schlagen demnach vor, die Gläubiger dadurch zu einem Umtausch ihrer Papiere zu bewegen, dass in die laufenden Verträge rückwirkend neue Kredit-Klauseln (CAC) eingeführt werden. Diese könnten etwa festschreiben, dass sich die Konditionen verschlechtern, wenn über weitere Hilfen verhandelt werden muss. Zugleich sollten Investoren, die ihre alten Anleihen in neue umtauschen, bevorzugt behandelt werden, wenn eine weitere Umschuldung erforderlich werden sollte.

Das Finanzministerium kommentierte den Bericht der Zeitung zunächst nicht. Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker hatte am Freitagabend gesagt, bei neuen Finanzhilfen für Griechenland werde der private Sektor auf freiwilliger Basis einbezogen.

Brüderle: Griechenland ist kein Protektorat

Ob die Rettungsbemühungen langfristig fruchten, bleibt unter Politikern und Finanzexperten allerdings umstritten. Der für eine lautstarke Minderheit in der FDP-Fraktion sprechende FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler sagte dem „Handelsblatt„: „Griechenland ist längst insolvent, dennoch hat man nicht den Mut, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen.“ FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte dem Abendblatt, für das Land könne eine Umschuldung „zu einem Zeitpunkt X“ sinnvoll sein: „Aber das Land ist kein Protektorat. Die Entscheidung über eine Umschuldung fällt in Athen.“ Bisher stellt Deutschland Garantien für Kredite an den Euro-Partner von 22,4 Milliarden Euro bereit.

Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn sprach sich dafür aus, dem Land „den Geldhahn allmählich zuzudrehen“. Griechenland sei überschuldet und zu teuer. Auch ein Schuldenerlass würde nichts an seiner fehlenden Wettbewerbsfähigkeit ändern. Sinn tritt für einen Austritt des Landes aus der Euro-Zone ein. Das Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, Peter Bofinger, sagte der „Börsen-Zeitung“, diejenigen, die sich gegen jegliche Art von Umschuldung sträubten, hätten bisher noch kein tragfähiges Konzept für Griechenland präsentiert. Eine Alternative zu einer Umschuldung wären von den Euro-Ländern gemeinsam garantierte Eurobonds mit weitaus geringeren Zinsen für das Mittelmeerland, fügte Bofinger hinzu.

Der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach warnte dagegen in der „Rheinpfalz am Sonntag“, die Debatte über eine Umschuldung oder über eine Lockerung der Sparauflagen sei hoch gefährlich. Sie erzeuge den falschen Eindruck, es gebe einen leichten Ausweg aus der verfahren Situation.