Die Ratingagentur Moody's senkt die Bonitätsnote Athens gleich um drei Stufen ab. Auch in Portugal droht Verschärfung der Schuldenkrise
Hamburg. Mit einem Paukenschlag hat sich die europäische Schuldenkrise zurückgemeldet: Die Ratingagentur Moody's hat die Einstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands gleich um drei Noten heruntergesetzt. Nach der Skala der Agentur gelten griechische Staatsanleihen nun als "hochspekulativ". Als Folge der Ratingentscheidung zogen die Zinsen griechischer Staatsanleihen weiter an: Der Renditeabstand zu den deutschen Bundesanleihen kletterte um acht Basispunkte von 9,05 auf 9,13 Prozentpunkte.
Aus Athen kam umgehend heftige Kritik an der Agentur: "In Zeiten einer schwachen Weltwirtschaft und nervöser Märkte kann eine unausgewogene und ungerechtfertigte Entscheidung wie die von Moody's heute zu einer zerstörerischen, sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden", hieß es vom griechischen Finanzministerium. Das Vorgehen zeige, dass Ratingagenturen stärker kontrolliert werden müssten.
Fachleute dagegen können die scharfe Reaktion des Ministeriums nicht nachvollziehen. "Das wird nicht die letzte Herabstufung Griechenlands sein", sagte Christoph Weil, Analyst der Commerzbank. "Die Märkte haben längst eingepreist, dass Griechenland nicht um eine Umschuldung herumkommt - die Ratingagenturen laufen den Märkten nur hinterher."
Ähnlich sieht es Haspa-Chefvolkswirt Jochen Intelmann: "Die Einschätzungen zu Griechenland waren an den Märkten ohnehin sehr pessimistisch." Im Hinblick auf den Zeitpunkt sei die Empörung Athens allerdings verständlich, meint Carsten Klude, Chefvolkswirt des Hamburger Privatbankhauses M.M.Warburg & CO: "Schon in nächster Zeit, am Freitag, beschäftigt sich ein EU-Sondergipfel mit der Schuldenproblematik. Zudem beginnt sich die griechische Konjunktur gerade allmählich zu stabilisieren."
Als Grund für die drastische Herabstufung verwies Moody's jedoch auf beträchtliche Schwierigkeiten Griechenlands, steigende Staatseinnahmen zu erzielen, sowie auf Befürchtungen, dass Griechenland trotz des Euro-Rettungsschirms seine Verbindlichkeiten umschulden muss. Schließlich drohten dem Land nach Auslaufen des Hilfspakets in Höhe von 110 Milliarden Euro im Jahr 2013 noch weitaus schärfere Bedingungen.
"Auch wenn Griechenland noch einen langen und schweren Weg vor sich hat, ist dennoch keineswegs auszuschließen, dass die dortige Regierung das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewinnen kann", sagte Klude dazu. Zwar müsse Athen rund 25 Prozent der Staatseinnahmen für Zinsen aufwenden, in Italien seien dies in den 1990er-Jahren aber gut 40 Prozent gewesen.
Der Beschluss von Moody's zeigt nach Auffassung von Intelmann allerdings vor allem dies: "Die Staatsschuldenkrise ist definitiv noch nicht vom Tisch." Und dies betrifft längst nicht nur Griechenland - gestern zogen auch die Preise von Kreditausfallversicherungen auf Anleihen anderer Länder wie Portugal und Spanien an. Während sich die Situation in Irland und in Spanien zuletzt aber nach Ansicht von Experten stabilisiert hat, muss Portugal tatsächlich bangen.
So waren Wirtschaftswissenschaftler in einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters kürzlich mehrheitlich der Meinung, auch Portugals Bonitätsnote werde in den kommenden Monaten weiter herabgestuft. Etliche Volkswirte erwarten zudem, dass sich Portugal - nach Griechenland und Irland - ebenfalls unter einen Rettungsschirm flüchten muss.
Allerdings warte man in Lissabon womöglich noch ab, ob sich die Konditionen dafür nicht noch verbessern. So brachte EU-Währungskommissar Olli Rehn gestern niedrigere Zinsen für Hilfskredite an Irland und Griechenland ins Gespräch. Es sei zu rechtfertigen, die Zinsen von knapp sechs Prozent zu ermäßigen und die Laufzeiten zu verlängern, so Rehn. Die gerade gewählte konservative Regierungspartei Irlands hatte niedrigere Zinsen für die Hilfen gefordert.
Eine solche Ermäßigung könne ein guter Weg sein, den hoch verschuldeten Ländern zu helfen, sagte Intelmann. Es sei aber fraglich, ob sich Deutschland und Frankreich auf eine solche Maßnahme einigen könnten. Schließlich wolle man in der eigenen Bevölkerung den Eindruck vermeiden, die Schuldenmacherei in Euro-Mitgliedstaaten wie Griechenland noch nachträglich zu honorieren. Vor diesem Hintergrund sei auch unklar, ob auf den beiden EU-Gipfeln im März ein längerfristig wirksamer Krisenmechanismus gefunden werden kann.
Dabei könnte sich die Lage für die Schuldenländer demnächst noch verschärfen: Wenn die Europäische Zentralbank (EZB), wie von ihrem Präsidenten Jean-Claude Trichet angedeutet, schon im April den Leitzins anheben sollte, würde ihnen der Konsolidierungskurs erschwert. Intelmann sieht Trichets Äußerungen nicht zuletzt als Ausdruck der Verärgerung über die Politik: "Ich denke, Trichet wollte signalisieren, dass nun endlich die Regierungen am Zug sind, wenn es darum geht, das Schuldenproblem zu lösen, und die EZB nicht länger den Feuerwehrmann spielen will."