Tchibo kündigt zweite Anhebung in Folge um 50 Cent an – Aldi bislang nur einmal dabei *An den Börsen in New York und London hat sich der Preis für Rohkaffee innerhalb eines Jahres verdoppelt*Kaffeekonzerne machen Hedge Fonds und deren Spekulation mit Lebensmitteln verantwortlich

Schon zum zweiten Mal in wenigen Wochen erhöht Tchibo den Kaffeepreis um 50 Cent. Aber der Hamburger Kaffeeröster kann nach eigener Aussage nicht anders: „Die Hoffnung, dass die Spekulationen am Rohkaffeemarkt zu Beginn des Jahres 2011 nachlassen würden, hat sich leider nicht bestätigt“, sagte ein Tchibo-Sprecher. Im Gegenteil, der Rohkaffeepreis für Arabica-Bohnen sei seit Dezember 2010 noch einmal um 24 Prozent gestiegen. Solch ein Preisniveau hat es zuletzt vor 14 Jahren gegeben.

Bei Tchibo sei daher eine weitere Anpassung der Verkaufspreise notwendig, sagte der Sprecher, und zwar zum Ende Februar um bis zu 50 Cent pro Pfund. Ein schwacher Trost für Kaffeetrinker: Sollte der Rohkaffeepreis wieder sinken, will Tchibo beim Verkaufspreis nachziehen. Auch andere Kaffeeröster wie Dallmayr heben in diesen Wochen die Preise an, oder sie verzichten zumindest auf die üblichen Werbeaktionen mit Preisreduzierungen. So hat Marktführer Aldi seine Sorte „Markus“ ebenfalls um 50 Cent je Pfund heraufgesetzt, hat dabei aber Kaffeebohnen nur halb so stark verteuert. Auch Rewe und Edeka haben Eigenmarken verteuert. Aldi gibt mit Einstiegspreisen von drei Euro je Pfund jedoch weiterhin die Richtung im Einzelhandel vor. Tchibo hat sich davon jetzt im Branchenvergleich am deutlichsten abgesetzt: Markenkaffee kostet dort schon vor der neuen Anhebung mehr als fünf Euro.

Tatsächlich steigen die Einkaufspreise an den Kaffeebörsen in New York und London seit Monaten – binnen Jahresfrist haben sie sich glatt verdoppelt. Für ein Pfund der Sorte Arabica müssen Einkäufer etwa 240 US-Cent bezahlen, umgerechnet 1,74 Euro für 454 Gramm Kaffeebohnen. Große Kaffeeröster wie Tchibo oder Kraft Foods (Jacobs, Hag) machen Hedge Fonds und andere institutionelle Investoren dafür verantwortlich. „Diese Fonds kaufen Kaffee-Positionen und setzen auf einen Preisanstieg. Das heizt die Nachfrage enorm an“, sagte Klaus Werner, Deutschlandchef von United Coffee, der „Welt“. Im Durchschnitt 14-mal wird jeder einzelne Sack Kaffee an den Börsen gehandelt. Dieses häufige Verschieben der Ware ist es, was die Preise explodieren lässt. Fundamental ist der hohe Preis nicht zu begründen: Die Ernte in Brasilien, dem mit Abstand wichtigsten Anbauland für Arabica-Bohnen, war gut. Auch in anderen großen Anbauregionen gab es keine ungewöhnliche Trockenheit oder starke Regenfälle. Nach Aussagen von Kaffeehändlern ist genug Rohware auf dem Markt.

„Wenn es nur nach Angebot und Nachfrage ginge, würde der Rohkaffeepreis deutlich unter zwei Dollar pro Pfund liegen“, sagte Manager Werner. Seine Firma aus Genf kauft Rohkaffee für große deutsche Discounter und Lebensmittelketten und stellt deren Eigenmarken her. Weber rechnet damit, dass die Verkaufspreise im Laden weiter steigen werden. In Frankreich, Spanien oder in den USA ist Kaffee in den vergangenen Monaten deutlich teurer geworden.

Der Kaffeeröster Kraft Foods fordert unterdessen die Regierungen zum Eingreifen auf. „Kaffee ist seit einem halben Jahr eine der Top-Wetten der Finanzwelt geworden. Ähnlich wie in den USA muss ein Gesetz dafür sorgen, dass Händler, die an den Börsen mit Lebensmitteln Geschäfte machen, eindeutig zu identifizieren sind“, sagte Hubert Weber, Chef des Kaffeegeschäfts von Kraft in Europa. Zudem sollten die Mengen der gehandelten Rohware begrenzt werden. In Deutschland hat Verbraucherministerin Ilse Aigner eine Initiative angekündigt. Auch die EU erwägt solche Schritte.

Quelle: Welt Online