Die Unruhe in der EU ist zurück. Obwohl Portugal bisher alle Hilfen ablehnt, schenken die Finanzmärkte den Beschwichtigungen wenig Glauben.
Berlin/Brüssel. Die Euro-Schuldenkrise ist im neuen Jahr wieder aufgeflackert. EU-Kommission und Bundesregierung dementierten am Monatg zwar erneut, dass das hochverschuldete Portugal demnächst unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen soll. Gleichzeitig schwindet aber das Vertrauen an den Finanzmärkten: Der Kurs des Euro fiel am Montag zeitweise auf ein Viermonatstief, auch die europäischen Börsen gaben nach. Mitte der Woche will Portugal frisches Kapital aufnehmen, einen Tag später folgen mit Spanien und Italien zwei weitere Sorgenkinder der Eurozone. Damit dürfte Märkten und Politik eine anstrengende Woche bevorstehen.
Die Bundesregierung wies jeglichen Druck auf Portugal erneut zurück. „Wir sehen es so, dass jedes Land die freie Entscheidung hat“, sagte Angela Merkel am Montag bei einem Besuch in Valletta auf Malta. „Wir haben niemals und werden es auch in keinem andern Fall tun, Länder von uns aus drängen.“ Merkel hofft auf Stabilität: In den vergangenen Monaten habe sich eine „Revolution ereignet, was da an Festigkeit und Verabredungen getroffen wurde“. „Wir haben glaubwürdig gezeigt, dass es einen Neuanfang gibt“, sagte sie mit Blick auf die Stabilitätskultur. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in Berlin: „Wir üben auf niemanden Druck aus, aber wir verteidigen den Euro.“
„Der Spiegel“ hatte berichtet, Deutschland und Frankreich wollten Portugal drängen, möglichst bald unter den Rettungsschirm zu schlüpfen. Damit solle das Land Zeit und Vertrauen gewinnen. Die EU-Kommission wies die Spekulationen ebenfalls zurück. „Es gibt keine Diskussion in dieser Richtung, und sie (die Diskussion) ist auch nicht vorgesehen“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel. Die Aussage gelte für Portugal und einen anderen Mitgliedstaat – dessen Name der Sprecher nicht nannte. Schon seit längerem wird an den Märkten spekuliert, dass auch Spanien ein Kandidat für den Rettungsschirm sein könnte, der insgesamt einen Umfang von 750 Milliarden Euro hat.
In dieser Woche wollen Portugal, Spanien und Italien Berichten zufolge durch Aufstockung ihrer ausgegebenen Staatsanleihen frische Milliarden am Kapitalmarkt einnehmen, Portugal macht am Mittwoch den Anfang. Als Käufer hatte sich vor Weihnachten China angeboten. Finden sich jedoch nur mit Mühe Interessenten, könnte dies den Druck auf die Euro-Sorgenkindern verschärfen. Außerdem steigen die Finanzierungskosten für diese Länder in bisher kaum für möglich gehaltene Höhen. So hatte die Rendite für langfristige portugiesische Staatsanleihen in der vergangenen Woche mit sieben Prozent eine kritische Marke übersprungen. Auch Portugals Ministerpräsident José Sócrates hatte am Wochenende Berichte bestritten, dass sein Land den Rettungsfonds anzapfen wolle. Er bekräftigte, dass Portugal sein Haushaltsziel erfüllen werde: 2010 sei die Rekord-Neuverschuldung von 9,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 7,3 Prozent gesenkt worden, 2011 solle sie auf 4,6 Prozent fallen.
Ende des vergangenen Jahres war als erstes Land Irland unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft. Für Griechenland war im Frühjahr 2010 ein eigenes Rettungspaket von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) geschnürt worden. Auch Irland hatte lange dementiert, den Fonds in Anspruch nehmen zu wollen. Die Sorgen um die Euro-Wackelkandidaten drückten den Kurs der Gemeinschaftswährung in der Nacht zum Montag auf den tiefsten Stand seit Mitte September 2010. Anschließend erholte er sich wieder etwas und lag am Abend bei rund 1,295 (Freitag: 1,2961) Dollar. Pessimismus auch an der Börse: Der Dax schloss um 1,31 Prozent tiefer bei 6857,06 Punkten. Negativ entwickelten sich unter anderem Bankenwerte, die auf das Thema Euro-Schuldenkrise besonders sensibel reagieren. (dpa)